Ein Nackenschlag zu viel: Silas wählt den Notausgang aus der Achterbahn beim VfB Stuttgart

Von Tim Ursinus
VfB Stuttgart, Silas
© SPOX

Die Zeit von Silas beim VfB Stuttgart gleicht einer Achterbahn. Nach vielen Auf und Abs verlässt der Angreifer die Schwaben nun durch den Notausgang. Dabei hatte er in der Vorbereitung noch zu den Gewinnern gezählt und vieles auf einen Verbleib hingedeutet.

Cookie-Einstellungen

Die Metapher der Achterbahn wird im Fußball häufig herbeigezogen, selten passt sie jedoch so perfekt wie zur Zeit von Silas beim VfB Stuttgart.

Nachdem der Flügelspieler in der Vorbereitung mit starken Leistungen geglänzt und für die ersten Aufgaben der neuen Saison vermeintlich an der Startelf gekratzt hatte, kehrt er dem VfB den Rücken und schließt sich ausgerechnet Stuttgarts Champions-League-Gegner Roter Stern Belgrad per Leihe mit Kaufoption an. Das Transferfenster in Serbien hat anders als die in Europas Topligen, welche schon seit einigen Tagen geschlossen sind, noch bis zum 13. September geöffnet. Dennoch war der Abschluss des Deals ein Wettlauf gegen die Zeit, wurde die Frist für die Registrierung des Kaders in der Königsklasse am Dienstag doch gerade noch so eingehalten.

Trotz des enttäuschenden Auftakts der Schwaben sei der Wechsel laut Sportvorstand Fabian Wohlgemuth aufgrund der sportlichen Situation die "sinnvollste Lösung für alle Beteiligten" gewesen. Der 25-Jährige hatte zum Erstaunen vieler in den ersten vier Pflichtspielen kaum eine Rolle in den Planungen von Trainer Sebastian Hoeneß gespielt. Die Silas-Seite arbeitete rund um den deutschen Deadline Day deshalb intensiv an einer schnellen Lösung. Neben den Serben meldete dem Vernehmen nach auch RSC Anderlecht Interesse an.

Für Silas selbst ist es derweil ein vorläufiger Abschied durch den Notausgang, hätte ihm bei einem Verbleib doch wieder nur die Rolle des Reservisten gewunken - oder im schlechtesten Fall sogar ein Platz auf der Tribüne. Wie auch am vergangenen Spieltag beim 3:3 gegen den FSV Mainz 05.

Silas
© getty

Silas der 28. Transfer des VfB Stuttgart im Sommer

Es war auf den ersten Blick durchaus überraschend, dass es Silas am Samstag nicht einmal in den Kader geschafft hatte. Weil er dem Vernehmen nach ein Tag zuvor mit Werder Bremen und der TSG Hoffenheim über einen Transfer in letzter Minute verhandelte, verzichtete Hoeneß auf den Kongolesen.

"Das war mit ihm klar besprochen, dass wir ihn nicht mit reinnehmen", erklärte der VfB-Coach hinterher und bestätigte den geplatzten Wechsel: "Jetzt ist es nicht dazu gekommen." Er gehe davon aus, "dass Silas weiter unser Trikot tragen wird" und deshalb "alle Möglichkeiten hat, um bei uns eine gute Rolle zu spielen". Worte, die angesichts der jüngsten Entwicklungen sinnbildlich für das ständige Auf und Ab von Silas beim VfB sind.

Eine erneute Wende bei der Zukunft des Fan-Lieblings hatte sich bereits kurze Zeit später angebahnt. Drei Tage nach Hoeneß' Aussagen herrscht Gewissheit, dass Silas die Stuttgarter Aktivitäten auf dem Transfermarkt auf insgesamt 28 (!) Deals in diesem Sommer steigen lässt.

Eine logische Konsequenz ob der großen Konkurrenz am Neckar. Silas sehnt sich nach Spielzeit und hat sich diese eigentlich auch mehr als verdient - nicht nur aus Sicht der VfB-Anhänger, bei denen er einen hohen Stellenwert genießt.

Silas: Leistungsdaten beim VfB Stuttgart

SaisonPflichtspiele (Spielminuten)ToreAssists
2023/2430 (994)76
2022/2334 (2.254)72
2021/229 (272)--
2020/2127 (2.101)135
2019/20 (2. Liga)33 (2.023)88
  • alle Angaben stammen von transfermarkt.de

Silas: Gewinner der Vorbereitung - und trotzdem Ernüchterung

Trotz seiner wohl bittersten Spielzeit beim VfB mit nur acht Startelf-Einsätzen hatte Silas alles daran gesetzt, sich wieder für einen Stammplatz zu empfehlen. Nach einem gelungenen Endspurt mit vier Scorerpunkten in drei Spielen inklusive dem von den Fans gewählten "Tor der Saison" gegen Gladbach avancierte er mit fünf Treffern zu einem der Gewinner der Vorbereitung und belohnte sich damit für sein unnachgiebiges Durchhaltevermögen.

Denn schon zu Jahresbeginn und kurz nach der Vizemeisterschaft hatte ein Abgang im Raum gestanden, ehe er sich im Juli ein weiteres Mal dem Verein verschrieb. "Es gab verschiedene Vereine, die an Silas interessiert waren", sagte dessen Berater Mehmet Eser damals und betonte: "Aber wir haben uns gemeinsam entschieden, beim VfB zu bleiben. Silas fühlt sich in Stuttgart zuhause, freut sich auf die Champions League und möchte dem Verein und seinen tollen Fans noch viel zurückgeben."

Dennoch kehrte schnell Ernüchterung ein. Im Supercup gegen Bayer Leverkusen wirkte Silas erneut nur als Joker mit, beim Bundesliga-Auftakt und im DFB-Pokal schmorte er sogar 90 Minuten auf der Bank. Zusätzlich zu Jamie Leweling, der ihm schon in der Vorsaison den Rang abgelaufen hatte, Enzo Millot und Josha Vagnoman (vor einer Dreierkette) wurden Hoeneß zwei weitere Optionen für die rechte Außenbahn an die Seite gestellt: Fabian Rieder und El Bilal Touré.

silas-vfb-1600
© getty

Silas' Zeit beim VfB Stuttgart von zahlreichen Rückschlägen geprägt

Vor allem das späte Leihgeschäft von letzterem, der durch sein unglaubliches Tempo neben dem Sturmzentrum auch problemlos die Flügel bespielen kann, dürfte für Silas ein gewaltiger Nackenschlag gewesen sein. Bei weitem nicht der erste seiner turbulenten Zeit beim VfB. Aber womöglich der letzte. Bei einer Rückkehr würde er in sein letztes Vertragsjahr gehen.

Nach seiner Ankunft im Jahr 2019 entwickelte sich Silas dank spektakulärer Auftritte zeitnah zu einem Publikumsliebling und hatte maßgeblichen Anteil am Aufstieg. Es folgten Rückschläge durch schwere Verletzungen. Im Frühjahr 2021 sorgte ein Kreuzbandriss für eine Pause von über 230 Tagen, rund ein Jahr später bremste ihn eine Schulterverletzung 130 Tage lang aus.

Zwischendrin, im Sommer 2021, brummte ihm das DFB-Sportgericht wegen falscher Angaben zu seiner Identität obendrein eine dreimonatige Sperre und eine satte Geldstrafe auf. In seinen ersten beiden Jahren hatte er noch unter dem Nachnamen "Wamangituka" gespielt, auch sein Alter stimmte nicht.

"Ich habe in den letzten Jahren in ständiger Angst gelebt und mir auch um meine Familie im Kongo große Sorgen gemacht. Es war ein schwerer Schritt für mich, meine Geschichte zu offenbaren", sagte Silas damals. Nach fünf Jahren in Stuttgart steht voraussichtlich der nächste schwere Schritt an, der das Ende einer turbulenten Achterbahnfahrt bedeuten könnte.

VfB Stuttgart: Alle Neuzugänge des Sommers im Überblick

NameAbgebender VereinPreis
Ermedin DemirovicFC Augsburg21 Mio. Euro plus Boni
Jamie LewelingUnion Berlin5 Mio. Euro
Jeff Chabot1. FC Köln4 Mio. Euro
Anthony RouaultFC Toulouse3 Mio. Euro
El Bilal TouréAtalanta Bergamo2,5 Millionen Euro (Leihgebühr)
Leonidas StergiouFC St. Gallen2 Mio. Euro
Fabian RiederStade Rennes0,8 Mio. Euro (Leihgebühr)
Ramon HendriksFeyenoord Rotterdam0,7 Mio. Euro
Frans KrätzigFC Bayern München0,5 Mio. Euro (Leihgebühr)
Yannik KeitelSC Freiburgablösefrei
Nick WoltemadeSV Werder Bremenablösefrei
Justin Diehl1. FC Kölnablösefrei
Stefan DrljacaDynamo Dresdenablösefrei