Flicks Abschiedswunsch beim FC Bayern: Nicht einfach nur der liebe Hansi und der böse Hasan

Hatten am Ende nicht mehr das beste Verhältnis zueinander: Hansi Flick und Hasan Salihamidzic.
© imago images

Die Trennung zwischen Hansi Flick und dem FC Bayern München gerät zur öffentlichen Schlammschlacht. Im Zentrum der Kritik: Hasan Salihamidzic. Der Erklärungsansatz, der Sportvorstand sei an allem schuld, greift jedoch zu kurz.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Als Hansi Flick am Samstagabend um 17.59 Uhr seinen Wunsch publik machte, den FC Bayern zum Saisonende verlassen zu wollen, handelte er in dem Glauben, das sei schon so in Ordnung.

Zum einen hatte er mit Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Kahn seine engsten Vertrauten im Vorstand zwei Tage zuvor darüber informiert. Zum anderen hatte seine Mannschaft mit dem 3:2-Sieg in Wolfsburg einen vorentscheidenden Schritt zur deutschen Meisterschaft (die Highlights im Video) - dem letztmöglichen Titel in dieser Saison - gemacht.

Flicks Vorpreschen war für die Granden des deutschen Rekordmeisters aber nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht. Man "missbillige" dessen Vorgehen, ließ der Vorstand in einem offiziellen Kommuniqué am Sonntagmittag ausrichten, und verwies auf die anstehende englische Woche mit den wichtigen Spielen gegen Bayer Leverkusen (Dienstag) und Mainz 05 (Samstag). Erst danach wolle man das Trainerthema besprechen.

Es war der Beginn einer FC-Hollywood-würdigen Schlammschlacht, der Flicks Assistent Miroslav Klose wenig später noch mehr Schärfe verlieh, indem er bei der Bild andeutete, im Sommer ebenfalls gehen zu wollen - nicht ohne dabei deutliche Kritik an der sportlichen Leitung zu üben.

"Respekt voreinander zu haben, auch wenn man nicht immer der gleichen Meinung ist, das muss unbedingt sein", forderte Klose. Uli Hoeneß und Rummenigge hätten den Verein zu einem Weltverein gemacht, "weil es ihnen immer um den FC Bayern ging und nicht um persönliche Eitelkeiten". Die interne Kommunikation stimme ihn "nachdenklich".

Flick will den FC Bayern im Sommer verlassen.
© getty
Flick will den FC Bayern im Sommer verlassen.

Klose und Salihamidzic: Streit wegen Brazzos Sohn in der U17

Seine Kritik zielte auf denjenigen ab, der gerade von allen Seiten - und in weiten Teilen auch zu Recht - Kritik über sich ergehen lassen muss: Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Kein Wunder: Die Berichte, wonach das Verhältnis zwischen Klose und Salihamidzic zerrüttet sein soll, treffen nach Informationen von SPOX und Goal nicht nur zu. Sie sind noch gelinde ausgedrückt. Die beiden Ex-Profis verbindet eine tiefe Abneigung.

Der Grund dafür: Salihamidzics Sohn Nick (18), den Klose zu seiner Zeit als U17-Coach betreute. Der Weltmeister von 2014 hielt Salihamidzic junior, wie im Übrigen auch andere Trainer am FCB-Campus, nicht gut genug für einen Stammplatz.

Er traute sich im Gegensatz zu seinen Kollegen aber, ihn auf der Bank zu lassen. Das sorgte für Unverständnis bei Salihamidzic senior - und in der Folge für einen handfesten Streit mit Klose, der daraufhin sogar mit dem Gedanken spielte, hinzuwerfen.

Flick intervenierte und überzeugte Klose, Teil seines Trainerstabs zu werden. Im Juli 2020 war das. Nicht einmal ein Jahr später spielt Klose erneut mit dem Gedanken, hinzuwerfen. Während Flick schon - zumindest, wenn es nach ihm geht - mit den Bayern fertig ist. Oder besser formuliert: mit Salihamidzic.

Flick gegen Salihamidzic: Streit um Kaderplanung und Umgang

Wie konnte es so weit kommen? Wer sich mit Insidern rund um die Säbener Straße unterhält, erfährt schnell, dass es sich bei dem Sportvorstand um einen emotionalen Zeitgenossen handelt. Salihamidzic könne sehr freundlich und fürsorglich sein. Aber auch sehr hitzköpfig und laut. Vor allem dann, wenn ihm etwas nicht passe.

Nun passte es zwischen ihm und Flick in den letzten 18 Monaten häufiger nicht. Zunächst nur in Bezug auf (Nicht)-Spielertransfers und die Kaderplanung, später dann auch noch um FC-Bayern-unwürdige Umgangsformen. Das jüngste Beispiel: Salihamidzics TV-Abservierung von Verteidiger Jerome Boateng unmittelbar vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain.

Dass aus dem Brazzo-Lager zudem häufiger gezielt Interna an die Presse getragen wurden (wie beispielsweise bei den Verhandlungen um den neuen Vertrag von Kapitän Manuel Neuer), soll Flick ebenfalls gestört haben.

Doch Salihamidzic war bei weitem nicht der alleinige Störfaktor für den Triple-Coach. So empfand Flick nach Informationen von SPOX und Goal auch den generellen Umgang der Vereinsführung mit verdienten Spielern wie Boateng oder David Alaba als unangemessen. Alabas Berater Pini Zahavi etwa wurde im vergangenen Sommer sowohl von Hoeneß als auch Rummenigge öffentlich als "geldgieriger Piranha" verschmäht, obwohl die Verhandlungen mit dem von Flick sportlich wie menschlich geschätzten Österreicher zu diesem Zeitpunkt noch nicht gescheitert waren.

Darüber hinaus vermisste Flick gerade in den vergangenen Monaten die bedingungslose Unterstützung - sowohl in Bezug auf seine Mannschaft als auch auf seine eigene Person. Ob nach dem Pokal-Debakel in Kiel, als Rummenigge äußerte, man müsse jetzt aber schleunigst zeigen, dass das nur ein "Betriebsunfall" gewesen sei. Oder auch nach dem jüngsten CL-Aus in Paris, als die Verantwortlichen schwiegen (Rummenigge-Erbe Kahn setzte tags darauf nur einen Tweet ab).

Flick = lieb, Bayern = böse? So einfach ist es nicht

Das Narrativ vom lieben Hansi und dem bösen FCB beziehungsweise bösen Hasan, so sehr es auch ins Bild passen mag, entspricht aber nicht der ganzen Wahrheit.

Zu dieser gehört nämlich auch, dass sich Flick zuletzt hinter verschlossenen Türen nicht immer als Unschuldslamm präsentierte. Mit einem "Jetzt halt endlich mal das Maul" giftete er Salihamidzic nach eigenen Angaben während einer Busfahrt vor versammelter Mannschaft an.

Und abgesehen davon stellte der 56-Jährige das Projekt FC Bayern schon in Frage, bevor sein Verhältnis mit Salihamidzic tiefe Risse bekam. Vor etwas mehr als einem Jahr nämlich, als die Münchner ihn vom Interims- zum Cheftrainer machen wollten, spielte Flick nach Informationen von SPOX und Goal mit dem Gedanken, das Angebot abzulehnen und nur bis zum Saisonende zu bleiben.

Die allgemein schwierige Lage durch das Coronavirus und vor allem die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Mannschaft brachten ihn zum Umdenken. Man einigte sich auf einen Vertrag bis 2023. Einen Vertrag, aus dem Flick nun unbedingt heraus möchte.

Nicht nur wegen unterschiedlicher Vorstellungen in Bezug auf die Kaderplanung und Umgangsformen. Nicht nur wegen persönlicher Differenzen. Sondern auch, weil sich ihm - anders als noch im April 2020 - eine für ihn interessante, womöglich sogar einmalige berufliche Chance bietet: Er kann Joachim Löw als Bundestrainer beerben.

FC Bayern: Restprogramm in dieser Saison

WettbewerbRundeDatumUhrzeitOrtGegner
Bundesliga30Di. 20.04.2120:30HBay. Leverkusen
Bundesliga31Sa. 24.04.2115:30A1.FSV Mainz 05
Bundesliga32Sa. 08.05.2118:30HBor. M'gladbach
Bundesliga33Sa. 15.05.2115:30ASC Freiburg
Bundesliga34Sa. 22.05.2115:30HFC Augsburg
Artikel und Videos zum Thema