Borussia Mönchengladbach auf Trainer-Suche: Folgt Lucien Favre auf Marco Rose? Es würde passen, aber ...

Erst Gladbach, dann Dortmund: Marco Rose und Lucien Favre haben Parallelen in ihren Trainer-Lebensläufen.
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Viele Anhänger von Borussia Mönchengladbach würden Lucien Favre gerne als Nachfolger von Marco Rose sehen, dennoch spricht einiges dagegen. Vieles deutet aber auf einen Trainer, der ebenfalls schon mal Schweizer Meister war. Die Fußball-Kolumne.

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Es läuft nicht rund bei Borussia Mönchengladbach. Drei der vergangenen vier Pflichtspiele haben die Fohlen verloren, zudem einmal 0:0 gespielt. Und in den kommenden drei Begegnungen in Leipzig am Samstag sowie im Pokal nächste Woche gegen Borussia Dortmund und danach gegen Bayer Leverkusen drohen weitere Rückschläge.

Gut möglich, dass der Vorjahresvierte, der in der Champions League gegen Manchester City nach dem 0:2 im Hinspiel vor dem Aus steht, auch im Pokal rausfliegt und in der Meisterschaft weiter Boden auf die Europacup-Plätze verliert.

Völlig offen, ob eine solch negative Dynamik Sportchef Max Eberl dazu zwingen würde, den nach seiner Abschiedsankündigung Richtung Dortmund bei den Fans in Ungnade gefallenen Marco Rose zu entlassen. Denn eigentlich hat Eberl verkündet, er wolle bis Saisonende in jedem Fall am künftigen BVB-Trainer festhalten.

Was dafür spricht: Eberl hat Rückgrat und ist nach mehr als 20 Jahren im Verein nahezu unantastbar. Und der 47-Jährige weiß, dass die aktuelle Krise kein Vergleich ist zu den Problemen in seinen Anfangsjahren in der Klubführung.

Borussia Mönchengladbach: Aufschwung unter Favre

Denn vor genau zehn Jahren waren die Gladbacher abgeschlagenes Bundesliga-Schlusslicht, erst Mitte Februar 2011 hatte sich Eberl nach langem Zögern für eine Trennung von Michael Frontzeck entschieden, dem ersten von ihm verpflichteten Chefcoach. Nachfolger Lucien Favre, der eineinhalb Jahre zuvor als Tabellenletzter bei Hertha BSC gefeuert worden war, wurde skeptisch empfangen.

Und es dauerte bis zum 31. Spieltag, ehe die Borussen Rang 18 verlassen konnten - dann aber mit vier Siegen in Folge die Relegation erreichten und sich dort gegen den VfL Bochum vor dem Abstieg retteten. Es war die Initialzündung für die Entwicklung des fünffachen Meisters zum nationalen Spitzenteam, das Taktiktüftler Favre generalüberholte und mit offensivem Fußball wieder nach oben führte.

Höhepunkt war die Rückrunde der Saison 2014/15, als das Team mit 39 Punkten einen Vereinsrekord aufstellte und sich mit Platz drei erstmals nach 37 Jahren wieder für die Königsklasse qualifizierte. "Als Favre kam, war Borussia tot. Er hat die Basis für die Erfolge der jüngsten Vergangenheit mit drei Teilnahmen in der Champions League gelegt", sagt ein langjähriger Beobachter.

Nun sucht Gladbach spätestens zur nächsten Saison einen neuen Trainer - und Favre ist seit seiner Demission in Dortmund im Dezember ohne Job. "Kommt es im Sommer zum großen Comeback?", fragte eine große Schweizer Website kürzlich und in den sozialen Netzwerken haben sich zahlreiche Anhänger zuletzt für eine Rückkehr ausgesprochen. "Favre würde in Gladbach mit offenen Armen empfangen, zumindest von den Fans", heißt es.

Eberl hält Favre-Rückkehr denkbar - "irgendwann"

Sportchef Eberl hatte bereits vor knapp drei Jahren einer Rückkehr die Tür geöffnet: "Das ist irgendwann denkbar", erklärte er damals im Aktuellen Sportstudio: "Lucien hat in Gladbach einen großartigen Job gemacht. Ich habe immer sehr gut mit ihm zusammengearbeitet."

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar will sich Eberl Zeit lassen bei der Suche des neuen Trainers, aber Leute, die ihn gut kennen, können sich eine Einigung mit Favre nicht vorstellen. Einerseits, weil der Ex-Profi Rückholaktionen kritisch gegenübersteht.

Andererseits, weil es womöglich das falsche Signal wäre, den beim BVB gescheiterten Favre als Nachfolger von Rose zu holen, der seinerseits gerade als Wunschkandidat in Dortmund und Gegenentwurf zu Favre gepriesen wird.

Favres fluchtartiger Abschied aus Gladbach hallt nach

Vor allem aber spricht Favres fluchtartiger Abschied in Mönchengladbach im September 2015 gegen eine Neuauflage. "Max ist in der Hinsicht ein Elefant", meint ein Insider ungeachtet einer späteren Aussprache. Denn seinerzeit ließ Favre die Borussen nach sechs Niederlagen zum Saisonstart im Stich, als er mit einer öffentlichen Rücktrittserklärung am Verein vorbei unwiderruflich Fakten schuf.

Zuvor hatten die Gladbacher Favres Rücktrittsgesuch abgelehnt - wie schon zahlreiche Male zuvor. Mehrfach wollte er in seinen fünfeinhalb Jahren am Niederrhein hinschmeißen, doch immer wieder hatten ihn vor allem Eberl und die beiden Vize-Präsidenten Hans Mayer und Rainer Bonhof davon abhalten können - bis zu jenem verhängnisvollen Sonntag.

"Wir haben gehofft, dass wir ihn auch dieses Mal überzeugen können, bei uns und mit uns weiterzumachen", sagte der völlig konsternierte Präsident Rolf Königs damals. "Mit seinem öffentlich gemachten Rücktritt hat er nun Fakten geschaffen, die uns bis ins Mark treffen."

Arbeiteten überuas erfolgreich bei Borussia Mönchengladbach zusammen: Max Eberl und Lucien Favre.
© IMAGO / Wiechmann
Arbeiteten überuas erfolgreich bei Borussia Mönchengladbach zusammen: Max Eberl und Lucien Favre.

Gladbachs Trainer-Suche: Seoane und Hütter als Kandidaten

Da die handelnden Personen an der Klubspitze bis heute die gleichen sind, ist ein Comeback Favres deshalb nahezu ausgeschlossen. Gut möglich ist allerdings, dass ein Landsmann neuer Cheftrainer wird: Gerardo Seoane.

Der 47-Jährige würde fast perfekt ins Anforderungsprofil passen, unter anderem, weil er eine ähnlich offensive Spielphilosophie wie Marco Rose vertritt. Seit seinem Antritt beim jetzigen Klub Young Boys Bern hat Seoane zweimal die Meisterschaft und einmal den Schweizer Pokal gewonnen und liegt auch in der aktuellen Spielzeit mit 18 Punkten Vorsprung klar auf Titelkurs.

Es gilt als sicher, dass der Schweizer "Trainer des Jahres", der sechs Sprachen spricht, trotz Vertrags bis 2023 bereit für den Schritt in die Bundesliga wäre. Skeptiker verweisen allerdings auf seine fehlende Erfahrung außerhalb des Heimatlands und sehen in Seoanes Vorgänger in Bern den noch wesentlich besseren Kandidaten: Adi Hütter.

Hütter hat bei Eintracht Frankfurt eine Ausstiegsklausel

Der Coach von Eintracht Frankfurt besitzt bei den Hessen sogar eine Ausstiegsklausel aus seinem ebenfalls noch bis 2023 laufenden Kontrakt. Doch nach Informationen der Frankfurter Rundschau liegt die Ablösezahlung im zweistelligen Millionenbereich.

Die entscheidende Frage ist darüber hinaus, ob ein Wechsel nach Gladbach für den Österreicher überhaupt Sinn macht, wenn sich die Eintracht tatsächlich für die Champions League qualifizieren würde. Alle anderen Kandidaten wie Jesse Marsch oder Florian Kohfeldt sollen hingegen bei Eberl derzeit keine Priorität genießen. Zumal er ja im Fohlenstall selbst einen Mann hat, der genau wie Favre, Seoane und Hütter bereits als Trainer in der Schweiz Meister war.

Heiko Vogel, seit dieser Saison für die U23 der Borussia verantwortlich, gewann 2012 mit dem FC Basel das Schweizer Double und holte zudem 2018 mit Sturm Graz den Pokal in Österreich. Der letzte Trainer der Gladbacher Reserve, der zum Chefcoach aufstieg, war vor fünfeinhalb Jahren Andre Schubert - als Nachfolger von Lucien Favre.

Vogel könnte nun ebenfalls einspringen, wenn sich der Verein doch von Rose trennen sollte. Auch wenn eine Dauerlösung mit dem 45-Jährigen momentan unwahrscheinlich ist: Vielleicht wiederholt sich in Gladbach ja doch Geschichte. Allerdings ohne Favre.

Bundesliga-Tabelle: Gladbach im Kampf um den Europapokal

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München2262:313149
2.RB Leipzig2240:182247
3.Wolfsburg2235:191642
4.Eintracht Frankfurt2245:301542
5.Bayer Leverkusen2240:241637
6.Borussia Dortmund2245:311436
7.1. FC Union Berlin2235:251033
8.Borussia M'gladbach2238:33533
9.SC Freiburg2235:34131
10.VfB Stuttgart2239:35429
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