Coronavirus: Auch ohne Geister-Spieltag - diese Saison ist nicht mehr zu retten

Der 26. Spieltag der Bundesliga-Saison 2019/20 wird definitiv in die Geschichte eingehen, noch nie zuvor fand ein gesamter Spieltag ohne Fans statt.
© getty

Fußball-Europa kapituliert vor dem Coronavirus und sagt flächendeckend die Ligen ab - lediglich in Deutschland sollte am Wochenende gespielt werden, ehe die DFL doch noch reagierte. Ohnehin ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Die Fußball-Kolumne.

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Die Deutsche Fußball-Liga rühmt sich ja öfter mit ihrer Vorreiterrolle im internationalen Fußball. Beim Thema Coronavirus hinkt sie allerdings hinterher. Während alle Topligen konsequent auf die Pandemie reagieren und ihre Spieltage komplett absagen, sollte das Wochenende hierzulande noch unbedingt hinter verschlossenen Türen gespielt werden, um dann in eine (viel zu kurz geplante) Pause bis zum 2. April zu gehen.

Die Halbwertszeit dieser Meldung vom Freitagmorgen war allerdings (wie in der ersten Fassung dieses Textes geschrieben) erwartbar gering, denn am Nachmittag wurde der Spieltag nach den bestätigten Infektionsfällen in der 2. Liga doch noch komplett abgesagt. Zuvor war Paderborns Coach Steffen Baumgart negativ getestet worden, nachdem er Symptome aufgzeigt hatte. Allerdings wurden im Zuge dessen SCP-Spieler überprüft, Ergebnisse standen noch aus.

Es war also keine allzu große Überraschung, dass am Ende auch in Deutschland an diesem Wochenende letztlich flächendeckend der Ball ruht, was ohnehin die einzig sinnvolle Entscheidung ist. Abgesehen von der extrem hohen Ansteckungsgefahr bei den geschätzt rund 2500 bis 3000 Beteiligten dieses Spieltags in den Stadien war ja auch die nicht weniger gefährliche Zusammenrottung von mehreren hundert Fans vor den Spielorten wie zuletzt in Mönchengladbach real. Aus diesem Grund sagte die Stadt Bremen schon zuvor das für Montag angedachte Spiel von Werder gegen Bayer Leverkusen ab.

Derzeitige Corona-Unterbrechung kaum haltbar

Die DFL hält dennoch weiter an ihrer Marschroute fest, weil aus ihrer Sicht nicht sein kann, was nicht sein darf: Nämlich der komplette Abbruch der Saison. Die derzeit suggerierte kurze Unterbrechung bis nach der Länderspielpause Anfang April ist aber kaum haltbar. Selbst bei äußerst positiver Bewertung kann wohl frühestens Ende April/Anfang Mai weitergespielt werden.

Die Saison würde sich also bis Mitte Juni oder länger hinziehen. Entweder werden daher die nationalen Meisterschaften abgebrochen oder die Europameisterschaft in zwölf Ländern, die Mitte Juni starten soll, findet nicht statt und wird auf 2021 verschoben. Am wahrscheinlichsten ist derzeit sogar ein vorzeitiges Ende aller Wettbewerbe, einschließlich Champions League und Europa League.

Hauptgrund dafür, dass die DFL auf Zeit spielt, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zwangspause, auf die auch der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München Karl-Heinz Rummenigge bei einer Pressekonferenz am Freitag verwies. "Ziel ist es weiterhin, die Saison bis zum Sommer zu Ende zu spielen - aus sportlichen Gesichtspunkten, aber insbesondere auch weil eine vorzeitige Beendigung der Saison für einige Clubs existenzbedrohende Konsequenzen haben könnte", heißt es in dem Statement des Liga-Präsidiums.

Klubs könnten gegen verpasste Titel und Aufstiege klagen

Zwar würde es Tabellenführer FC Bayern wahrscheinlich verkraften, ähnlich wie beim Eishockey nach einem vorzeitigen Saisonende auf einen "geschenkten" Meistertitel zu verzichten. Andere Vereine hingegen könnten im Wortsinne nicht damit leben, wenn es nicht weitergeht. Egal, ob man die Saison beim jetzigen Stand für beendet erklärt und die Tabelle "einfriert" oder einfach nächste Spielzeit wieder bei null anfängt.

Im ersten Fall würde unter anderem Leverkusen haarscharf die finanziell so lukrative Champions League verpassen und Werder Bremen als aktuell Tabellen-17. absteigen, im zweiten Fall würden Bielefeld, Stuttgart und der HSV nicht aufsteigen. So würde sich das Drama bis in die untersten Klassen fortsetzen, genauso wie bei einer ähnlichen Lösung im Ausland. Was wäre zum Beispiel, wenn dem FC Liverpool trotz 25 Punkten Vorsprungs wegen Corona die erste Meisterschaft nach 30 Jahren verweigert würde?

Es liegt auf der Hand, dass zahlreiche Klubs gegen verpasste Titel und Aufstiege ebenso vor sportlichen und ordentlichen Gerichten klagen würden wie gegen einen Saisonabbruch, der zu einer Insolvenz geführt hat. Dem Coronavirus ist das allerdings egal - und das werden alle Beteiligten irgendwann auch einsehen müssen.

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