Van der Vaart: Kein Platz für Nostalgie

Von Adrian Franke
Rafael van der Vaart steht beim HSV vor dem Aus
© getty

Die Zeit von Rafael van der Vaart beim Hamburger SV geht unweigerlich ihrem Ende entgegen. Die Wechselgerüchte verdichten sich zunehmend und kaum jemand rechnet noch mit einem neuen Vertrag für den Spielmacher. Dabei dürfte die Entwicklung des einstigen Superstars aus sportlicher Sicht kaum überraschen - auch wenn ihm der Klub zumindest nach außen hin weiter eine Chance gibt.

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Die Hamburger AOL-Arena vor neuneinhalb Jahren. Der HSV brennt gegen überforderte Nürnberger phasenweise ein spielerisches Feuerwerk ab und schlägt den Club zum Saisonauftakt mit 3:0. Mittendrin der neue Dirigent bei seinem Bundesliga-Debüt: Rafael van der Vaart brillierte im 4-4-2 mit Raute hinter den beiden Spitzen Sergej Barbarez und Emile Mpenza, in den ersten acht Saisonspielen war er an neun Treffern direkt beteiligt. Schnell wurde er zum neuen Heilsbringer in der nach Erfolg lechzenden Hansestadt hochstilisiert.

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Heute. Die Arena in Hamburg heißt bald wieder Volksparkstadion und auch auf dem Rasen hat sich einiges geändert. Nur die Sehnsucht nach sportlicher Bedeutung ist geblieben. Der HSV ist schon lange weg von der spielstarken, offensiv ausgerichteten Philosophie, stattdessen dominieren Worte wie Abstiegskampf, Laufstärke und Umschaltspiel den Sprachgebrauch im hohen Norden.

Und so ist die Aufstellung des HSV auch wenig überraschend. Obwohl gegen Borussia Mönchengladbach die Mittelfeldspieler Marcelo Diaz, Valon Behrami und Lewis Holtby fehlten, setzte Trainer Joe Zinnbauer auf Petr Jiracek, Gojko Kacar und Zoltan Stieber. Zum ersten Mal unter Zinnbauer fehlte van der Vaart in der Startelf, obwohl ihn keine Verletzung plagte.

Van der Vaart kann nicht glänzen

Der Niederländer hatte seinem Trainer die Entscheidung leicht gemacht. Wie schon im November 2012, als er sich nach seiner Rückkehr zum HSV selbst die Zwischen-Note 4 gab, war der Spielmacher großzügig mit Selbstkritik. "Ich bin nicht in der Form, die ich mir wünsche. Ich habe schlecht gespielt", gab er nach dem historischen 0:8-Debakel beim FC Bayern zu.

Die entscheidende Erkenntnis folgte kurz darauf: "Laufen, kämpfen, laufen - das ist nicht ganz die Situation, in der ich glänzen kann." Der inzwischen 32-Jährige legte den Finger damit in die eigene Wunde. Bei seiner ersten Zeit in der Hansestadt hatten Klub, Spielphilosophie und Mannschaft noch perfekt zu van der Vaart gepasst. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.

Weder in das schnelle Umschaltspiel, das Ex-Trainer Mirko Slomka spielen lassen wollte, noch in Zinnbauers lauf- und pressingintensiven Power-Fußball passt van der Vaart. Dass er früher oder später spielerisch immer weniger beitragen konnte, war abzusehen. Zudem ist er nicht mehr der Spielertyp, der ein durchhängendes Team im harten Abstiegskampf mitreißen kann.

Kurzum: Der Kapitän passt nicht mehr zu seinem Schiff. Das wird auch dem Letzten spätestens dann klar, wenn Sportdirektor Peter Knäbel davon spricht, perspektivisch eine Mannschaft zu formen, die "offensiven, aktiven, dynamischen Fußball" spielen soll.

Beiersdorfer über vdV: "Brauchen ihn"

In der Öffentlichkeit sparen sich die Verantwortlichen durch lose Bekenntnisse mögliche Diskussionen. "Er ist immer noch ein großer Spieler und hat jetzt einmal nicht gespielt, aber die Saison ist noch lang und wir brauchen ihn", betonte Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer am Montagabend und Zinnbauer fügte hinzu: "Jetzt kommt eine neue Woche und mal sehen, wer dann spielt. Ich glaube, prinzipiell ist jeder Spieler enttäuscht, der nicht spielt."

Wenn man van der Vaart allerdings kenne, "weiß man, dass das nicht so spurlos an ihm vorbeigeht. Aber er ist Profi und hat eine Reaktion gezeigt." Doch selbst Zinnbauer musste zugeben, dass das aktuelle Gespräch mit dem neuen Ersatzspieler "im zwischenmenschlichen Bereich keine angenehme Sache gewesen" sei.

Seitdem van der Vaart 2012 für 13 Millionen Euro von den Tottenham Hotspur zum HSV zurückgekehrt war, konnte er die hohen Erwartungen fast nie erfüllen. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Der zweite Aufenthalt des Mittelfeldmannes in seiner geliebten Hansestadt war letztlich ein großes Missverständnis.

Das gescheiterte Versprechen

Bei 15 Ligaeinsätzen in dieser Saison wurde er zwölf Mal ausgewechselt, schon nach der Vorsaison hatte es Wechselgerüchte gegeben. Hamburger Zeitungen berichteten, dass sich der Niederländer von mehreren Mitspielern bereits verabschiedet habe. Wenige Wochen später erklärte er: "Ich habe super Bock auf den HSV, will in der kommenden Saison mit meinen Mitspielern eine viel bessere Serie hinlegen."

Er wollte eigentlich alles geben, "damit die Fans den guten Rafael und nicht den schlechten aus den vergangenen Monaten spielen sehen". Doch was bleibt ist die Erkenntnis, dass van der Vaart zum neuen HSV und insbesondere zu den Plänen in der Hansestadt nicht mehr passt - auch wenn er offiziell bis Ende März Zeit hat, um sich für einen neuen Vertrag zu empfehlen.

Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass der Topverdiener (3,5 Millionen Euro im Jahr) keinen neuen Vertrag in Hamburg erhalten wird. Wechselgerüchte aus Holland und den USA machten zuletzt die Runde. Ohnehin bleibt abzuwarten, inwieweit der einstige Fan-Liebling noch großartige Einsatzzeiten erhält, denn nach dem Gladbach-Spiel lobte Zinnbauer die Vertreter überschwänglich.

"Die drei haben es richtig gut gemacht. Gojko und Petr haben die Defensive klasse organisiert und Stiebi hat vorne herumgewirbelt", betonte Zinnbauer und ließ mit Blick auf van der Vaarts Bankplatz die harte Business-Seite des Ganzen durchblicken: "Diese Entscheidung gehört nun mal zum Geschäft. Rafa ist Profi und ich bin Profi." Und vergangene Erfolgen, auch das ist keine Neuigkeit, bringen einen im Fußball nicht weiter.

Rafael van der Vaart im Steckbrief

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