Star-Fotograf Paul Ripke im Interview: Boateng? "Ich connecte mit der Bling-Bling-Generation"

Paul Ripke ist gut mit Bayern-Star Jerome Boateng befreundet.
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Wie haben Sie den Wechsel aus der Fußball- in die Formel-1-Welt generell wahrgenommen?

Ripke: Es war krass. Die Formel 1 ist der meist vermarktete Sport überhaupt auf der Welt. Es wird viel schneller entschieden und es wird dir viel mehr vertraut. Ich habe bei Mercedes jahrelang Toto Wolff als Teamchef erlebt, das war absolut beeindruckend. Toto hat ganz offen gesagt, dass er keine Ahnung von Aerodynamik oder von Reifen hat. Oder eben auch nicht von Social Media. Aber dafür hat er Leute, denen er vertraut. Und im Bereich Social Media hat er sich angehört, was ich zu sagen habe, und dann seinem Bauchgefühl vertraut, die richtige Entscheidung zu treffen. Es war geil, in diesem Klima arbeiten zu dürfen. Wenn ich am Donnerstag etwas vorgeschlagen habe, wurde noch am Donnerstag entschieden, dass wir das jetzt so machen. Können Sie sich das im Fußball vorstellen?

Eher nicht.

Ripke: Ich habe das im Fußball nicht ein einziges Mal erlebt. Ich finde es ja gut, dass gerade in Deutschland der Sport so im Vordergrund steht. Und als Fan finde ich das Projekt Red Bull genauso scheiße wie viele andere auch. Aber das heißt ja nicht, dass man keine authentischen Geschichten erzählen kann oder dass Vermarktung und Social Media grundsätzlich schlecht sind. Aber im Fußball ist so viel Politik im Spiel. Wenn ich die Zustimmung von vier Geschäftsführern, drei Agenturen und sieben anderen Leuten brauche, kommt am Ende immer grau heraus. Und grau ist immer Schrott. In der Formel 1 war das ganz anders. In der Formel 1 habe ich riesige Erfolge gefeiert mit meinen Projekten und ich habe auch mal Mist gebaut, aber es war immer spitz. Es war immer schwarz oder weiß. In der Formel 1 geht es um Reichweite, es geht um Interesse an Einzelpersonen und es geht um Geschwindigkeit in den Entscheidungsprozessen. Es war viel einfacher für mich. Ich würde auch nie wieder etwas im Fußball machen wollen. Egal wer auch anruft. Wobei auch in den vergangenen Jahren niemand angerufen hat. (lacht)

Paul Ripke ist gut mit Bayern-Star Jerome Boateng befreundet.
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Paul Ripke ist gut mit Bayern-Star Jerome Boateng befreundet.

Paul Ripke: Boateng? "Ich connecte mit der Bling-Bling-Generation"

Sie haben mit so vielen Fußballstars zusammengearbeitet. Mit wem hat es denn besonders viel Spaß gemacht?

Ripke: Mario Götze ist ein unfassbar cooler Typ. Einer der verlässlichsten Menschen, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. Und so ein großer Familienmensch. Wirklich zutiefst beeindruckend. Ähnliches gilt für Sami Khedira. Was er für ein Wertesystem hat, welche Prioritäten er setzt - das hat mir sehr imponiert. Aber auch jemand wie Loris Karius fällt mir da ein.

Mit dem Sie das berühmte Hollywood-Video gedreht haben, das ihm eher weniger gute Schlagzeilen eingebracht hat.

Ripke: Das war maximal schlechtes Timing. (lacht) Aber es war authentisch. So sieht das Leben eines Fußballers aus, wenn er hier ist. Das ist einfach so. Aber die Leute sehen nicht, wie Loris mit seinen Freunden umgeht, was er für ein guter Typ ist. Er hat einen engen Freundeskreis von acht bis zehn Leuten. Es war faszinierend zu sehen, wie die untereinander mit sich umgegangen sind.

Viel haben Sie auch mit Jerome Boateng gemacht.

Ripke: Jerome Boateng ist ein guter Freund von mir. Das liegt aber auch einfach daran, dass ich aus dem Hip-Hop komme. Ich connecte mit der Bling-Bling-Generation. Wir hören die gleiche Musik, wir mögen die gleichen Klamotten. Das hilft, wenn man zusammenarbeitet. Auf der anderen Seite gibt es Leute wie Bastian Schweinsteiger, mit denen ich seit Jahren nichts mehr zu tun habe. Den interessiert das alles nicht, was ja auch völlig okay ist.

Paul Ripke besuchte Jürgen Klopp in Liverpool.
© paul ripke
Paul Ripke besuchte Jürgen Klopp in Liverpool.

Paul Ripke: "Jürgen Klopp ist der George Clooney des Fußballs"

Wie war es, wenn Sie mit Ihrem guten Freund Campino in Liverpool waren und Jürgen Klopp getroffen haben?

Ripke: Jürgen Klopp ist ultra-krass. Jürgen Klopp spielt ja irgendwie in einer Liga über der Champions League, in der Welt-Champions-League oder so. Klopp ist der George Clooney des Fußballs, er ist dort auf dem Level, auf dem Clooney in der Schauspielerei ist. Mir ist besonders die soziale Komponente aufgefallen. Ich fand es verrückt, wenn mir Jürgen Klopp einen Spruch gedrückt hat, zwei Tage nachdem wir fünf Minuten miteinander zu tun hatten. Dass er sich gemerkt hatte, welche Cappy ich getragen habe, solche Dinge. Oder seine Freundschaft zu Johannes B. Kerner. Das ist keine Freundschaft für die Bunte, die ist echt. Die beiden feiern und leiden zusammen, das habe ich gesehen. Da stand ich manchmal mit offenem Mund da. Und dann gab es meine ganz persönliche Geschichte mit ihm.

Erzählen Sie.

Ripke: Als ich in Liverpool war, wollte ich natürlich auch nicht nur langweilige Trainingsbilder-Fotos machen. Ich wollte ein Kloppo-Beatles-Foto von ihm auf der Straße, das ist ja das viel bessere Motiv.

Das hat er bestimmt abgelehnt.

Ripke: Ganz genau. Er wollte nicht. Also habe ich mir gedacht, ich trickse ein bisschen, so wie ich es auch bei vielen anderen schon gemacht habe. Das gehört einfach dazu. Ich habe mit einem Ordner ausgemacht, dass er bei einem Hinterausgang am Trainingsgelände die Tür zur Straße aufmacht. Das war eine Straße direkt neben dem Trainingsgelände, es sah aus wie in einer britischen Stadt, das hätte vollkommen gereicht. Also habe ich Jürgen dorthin gelotst, aber schon auf dem Weg dahin guckt er mich plötzlich an und sagt: "Paul, ich weiß genau, was du vorhast, vergiss es." Und ich dachte nur: "Das gibt es doch nicht." Er hat das intuitiv gespürt und ich bin mir sicher, dass er auch bei seinen Spielern sofort spürt, wenn ihm da einer einen Quatsch erzählt. Weil er diese emotionale Intelligenz besitzt. Und daneben noch ein bisschen Ahnung vom Fußball hat.