Mercedes verzockt Hamiltons Sieg

Lewis Hamilton führte den Monaco-GP unbedrängt an, bis Mercedes ihm den Sieg kostete
© getty

Was für ein Fehler! Mercedes hat Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton beim prestigeträchtigen Großen Preis von Monaco den Sieg gekostet. Der 30-Jährige führte das Rennen souverän an, bis er in einer Safety-Car-Phase kurz vor Schluss zu einem unnötigen Boxenstopp gerufen wurde und auf Platz 3 zurückfiel. Teamkollege Nico Rosberg profitierte und feierte seinen dritten Monte-Carlo-Sieg in Folge.

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Hamilton hatte anfangs kaum Probleme, das Rennen zu kontrollieren. Trotz zu heißer Bremsen, verdoppelte er ab Runde 27 innerhalb von zehn Runden seinen Vorsprung von 4,5 auf 9,5 Sekunden und brachte sich so aus der Schusslinie eines Angriffs von Rosberg, der seinerseits Vettel abwehren musste. Mit zehn Sekunden Vorsprung cruiste der Brite scheinbar sicher dem Sieg entgegen.

Das gesamte Ergebnis im Überblick

Trotz der neuen Reifen kam Hamilton in der Schlussphase allerdings nicht an Vettel vorbei, der im Ferrari Zweiter wurde. Schon im Vorjahr gab es Diskussionen um eine Teamentscheidung während einer Safety-Car-Phase: Damals verweigerte Mercedes den Stopp.

Vierter wurde in Monte Carlo Daniil Kvyat vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Daniel Ricciardo. Sechster wurde Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari vor Sergio Perez (Force India), Jenson Button (McLaren-Honda), Felipe Nasr (Sauber) und Carlos Sainz jr. (Toro Rosso). Für McLaren-Honda waren es die ersten Punkte seit dem Comeback der Japaner zur Saison 2015.

In der Fahrer-WM führt Hamilton (126 Punkte) nach zwei Rosberg-Siegen hintereinander nur noch mit zehn Zählern Vorsprung. Vettel hat als Dritter 28 Punkte Rückstand.

Die Reaktionen:

Nico Rosberg (Mercedes): "Ich bin natürlich sehr, sehr glücklich. Ich weiß, dass ich heute Glück hatte. Lewis ist brillant gefahren und hätte den Sieg sicher verdient gehabt, aber sowas passiert beim Racing. Es ist schwer, im Auto zu beurteilen, welche Entscheidungen getroffen werden. Der Restart war schwer, weil die harten Reifen sehr kalt waren."

Sebastian Vettel (Ferrari): "Wir sind zur Stelle gewesen, als es darauf ankam. Ich und Nico hatten die Reifen vorher geschont, weil wir wohl wussten, dass wir Lewis nicht wirklich angreifen konnten. Das hat uns beim Restart geholfen. Aber es war unglaublich schwer. Nach ein paar Runden werden sie warm, aber am Anfang war es hart."

Lewis Hamilton (Mercedes): "Ich bin sicher, wir werden uns anschließend zusammensetzen und über Möglichkeiten nachdenken, wie wir uns verbessern können. Es war nicht das einfachste Rennen. Das Team hat das ganze Jahr einen hervorragenden Job gemacht. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen."

Der Spielfilm:

Vor dem Start: Carlos Sainz jr. verliert vor dem Start sicher geglaubte Punkte. Der Toro-Rosso-Pilot übersah im Qualifying eine rote Ampel, die ihm anzeigte, dass er auf die Waage muss. Die Konsequenz: Er startet aus der Box. Romain Grosjean muss derweil wegen eines Getriebewechsels fünf Plätze zurück. Die Reifenwahl: Außer Alonso, Hülkenberg, Stevens, Bottas und Merhi gehen alle Fahrer auf den weicheren Supersofts ins Rennen.

RE-LIVE: Das ganze Rennen im Ticker

Start: Hamilton nutzt die 43. Pole Position seiner Karriere, die gleichzeitig seine erste in Monaco war. Er bleibt vorn, auch wenn er nur langsam weg kommt. Vettel muss abbremsen und bleibt Dritter hinter Rosberg. Kvyat fährt fast auf den Ferrari auf, kommt dadurch an Ricciardo vorbei. Dahinter hängt Räikkönen als Sechster vor Perez, Maldonado, Verstappen und Button als Zehntem.

Runde 1: Hülkenberg in der Mauer! Alonso lässt dem Deutschen keinen Platz, die Autos stoßen gegeneinander, der Force India fährt geradeaus. Alonso bekommt eine Fünf-Sekunden-Strafe. Massa funkt, dass alles vorbei sei. Er ist ganz ans Ende zurückgefallen.

Runde 6: Wir haben ein Überholmanöver! Verstappen drängelt sich in Sainte Devote an Maldonado vorbei, der sichtlich gewaltige Probleme mit seinem Lotus hat. Das Break-by-Wire-System hat offenbar versagt. Verstappen war ihm schon in der Runde zuvor ins Heck gefahren und hatte sich dabei die Endplatte des Frontflügels abgerissen. Maldonado gibt eine Runde später auf.

Runde 10: Hamilton wird schon zum zweiten Mal ermahnt, die Temperatur seiner vorderen Bremsen zu senken. Kurz danach fragt er selbst nach, was er dafür tun kann. Technische Probleme bei Mercedes - hält der Silberpfeil? Erst in Runde 21 gibt es vorsichtige Entwarnung.

Runde 14: Sainz unterbricht seine Aufholjagd und fährt in die Box. Damit geht es von P11 auf P17 zurück. Zwei-Stopp-Strategie. Erst vier Runden später fährt Grosjean als Zweiter zum Wechseln und kommt als Zwölfter wieder auf die Strecke.

Runde 28: Während Kvyat als erster Toppilot zum Boxenstopp kommt, führt Hamilton mit fast acht Sekunden Vorsprung auf Rosberg. Eine Sekunde dahinter hängt Vettel. Räikkönen liegt direkt hinter dem Viertplatzierten Ricciardo, der zehn Sekunden hinter Vettel fährt.

Runde 30: Verstappen stoppt. Große Probleme am rechten Hinterrad! Der Niederländer steht über 30 Sekunden rum und fällt bis auf Platz 13 zurück. Toro Rosso holt ihn gleich nochmal rein und gibt ihm Supersofts.

Runde 36: Vettel versucht den Undercut! Der Boxenstopp läuft ohne Probleme. Fängt er einen Mercedes ab? Ricciardo fährt hinter Vettel an die Box, Räikkönen pusht gnadenlos.

Runde 37: Rosberg versucht abzuwehren. Der Stopp funktioniert, der gebürtige Wiesbadener bleibt vor Vettel. Räikkönen macht's besser und kommt an Ricciardo vorbei.

Runde 38: Auch Hamilton stoppt problemlos. Als der Weltmeister wieder auf der Strecke ist, kommen Rosberg und Vettel gerade erst auf die Zielgerade.

Runde 43: Nichts ist's mit Punkten für Alonso! Der zweifache Weltmeister stellt den McLaren-Honda in Sainte Devote auf Platz 9 liegend ab. Getriebeschaden. Zum dritten Mal bei seinem fünften Rennen nach dem verpassten Saisonstart scheidet der Spanier mit technischen Problemen aus.

Runde 57: Verstappen hängt mit einer Runde Rückstand an Vettel dran und wenn der Ferrari überrundet, dann macht er gleich mit. So gegen Sainz und Bottas. Aber: Grosjean wird von Lotus informiert, lässt Vettel außen vorbei und blockt dann.

Runde 64: Verstappen versucht vor Sainte Devote an Grosjean vorbeizukommen, bremst viel zu spät, knallt gegen die rechte Hinterradaufhängung und dann in die Sicherheitsabsprerrung. Safety Car! Mercedes reagiert, holt Hamilton zum Reifenwechsel auf Supersofts. Und er verliert die Führung! Der Weltmeister kommt parallel zu Vettel wieder auf die Strecke. Wer war bei der Safety-Car-Linie vorn? Hamilton reklamiert den Vorteil und Platz 2 über Funk für sich, sortiert sich aber hinter Vettel ein. Das ist richtig. Vettel war vorn!

Runde 71: Restart! Rosberg führt das Feld souverän an. Vettel beschwert sich, dass die Reifen zu kalt sind. Vettel muss sich jetzt mit gebrauchten Softs gegen Hamilton auf den schnelleren, weicheren Reifen verteidigen. Und macht das ohne Probleme!

Runde 73: Es gibt ein Überholmanöver. Aber nicht dort, wo wir es erwartet haben. Ricciardo drängelt sich an Räikkönen in Sainte Devote innen vorbei, aber das war grenzwertig und mit Vollkontakt.

Runde 75: Ricciardo überholt auch noch den Teamkollegen Kvyat im Hafen unten. Da kann man eigentlich nicht überholen, außer natürlich es ist der Teamkollege, der sich nicht wirklich wehrt.

Ziel: Nach 78 Runden gewinnt Nico Rosberg einen besonders kuriosen Großen Preis von Monaco vor Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Ricciardo gibt Platz 4 kurz vor dem Ziel wieder an Kwjat zurück. Und die übrigen Punkte gehen an Räikkönen, Perez, Button, Nasr und Sainz.

Nach dem Rennen: Verstappen bekommt von den Stewards für den Unfall mit Grosjean noch eine Strafe, die er in Kanada absitzen muss. Er wird in der Startaufstellung um fünf Plätze nach hinten versetzt.

Mann des Rennens: Sergio Perez fuhr unauffällig, aber er fuhr stark. Der Mexikaner krönte ein perfektes Rennwochenende mit Rang 7 für Force India. Trotz fehlendem Abtrieb schaffte er es in Q3 und verwaltete dann fehlerfrei über 78 Runden seinen Platz. Selbst Benzinmangel brachte ihn nicht aus der Ruhe.

Flop des Rennens: Mercedes. Hamiltons Vorsprung sollte bei Initiierung der Safety-Car-Phase abgesichert werden. Kein Verfolger sollte auf den supersoften Slicks zu einem Schlussspurt gegen die alten, soften Slicks ansetzen können. Der Plan scheiterte, weil Hamilton in Sektor 2 und 3 zu viel Zeit verlor. Plötzlich waren Rosberg und Vettel vorn. Ein kapitaler Bock, der den sicheren Sieg kostete. Überholmanöver waren nicht möglich. Das bewies ausgerechnet Hamilton mit dem schnellsten Auto und nigelnagelneuen Reifen. Der dritte Platz des Weltmeister ist eine ganz, ganz bittere Klatsche.

Das fiel auf:

  • 38 Grad Asphalt-Temperatur brachten die Strategen zum Grübeln. Die Hinterreifen wurden unerwartet stark belastet. Statt der unausweichlichen Ein-Stopp-Strategie wurden plötzlich auch zwei rechnerisch eine Alternative.
  • Vettel fiel direkt nach dem Start weit zurück, holte aber nach zehn Runden plötzlich auf. Warum? Der vierfache Weltmeister schonte seine Hinterreifen, die durch das hohe Drehmoment der V6-Hybrid-Antriebseinheiten beim Beschleunigen oft leicht durchdrehen. Unterdessen musste Hamilton Tempo rausnehmen, um seine Vorderbremsen zu schonen und bremste damit Rosberg ab.
  • Die Strategen an der Mercedes-Box wurden ziemlich nervös: Hamilton bekam die Info, dass er nicht genug Zeit auf Rosberg herausfährt und musste trotz der Temperaturprobleme schneller fahren. Rosberg wurde ebenso angewiesen, die Lücke zu vergrößern. Dadurch musste der Deutsche wiederum Benzin sparen: Die Teams füllen die Tanks in Monaco nie voll. Der Undercut von Ferrari scheiterte aber, Mercedes bleib vorn. Anschließend konnte Hamilton die monegassische Bustour ohne Überholchance bis zum Ende entspannt anführen.
  • Bei Räikkönen wählte Ferrari die umgekehrte Taktik und hatte damit Erfolg. Der Finne war deutlich schneller als die Red Bull, Ricciardo schnappte er in der Box sich, weil er eine Runde länger auf der Strecke blieb und auf den uralten Options eine persönliche schnellste Rennrunde hinlegte.
  • Als Verstappen in die Mauer knallte, zeigte das TV-Bild kurzzeitig die Einblendung "Virtual Safety Car". Dies könnte der Grund für Mercedes' Fehler gewesen sein. Wird das virtuelle Safety Car eingesetzt, fährt kein Auto auf die Strecke, die Fahrer müssen stattdessen eine vorgegebene Zeit in allen Sektoren einhalten. So werden die Abstände eingefroren.
  • Red Bull spielte derweil Schach: Ricciardo durfte kurzzeitig an Kvyat vorbei, um Hamilton Platz 3 mit frischeren Reifen stretig zu machen. Als das nicht funktionierte, wurde der Russe wieder durchgewunken.

Der Formel-1-Kalender 2015 im Überblick