Rosberg hätte verwarnt werden müssen

SID
Nico Rosberg (l.) und Lewis Hamilton gerieten in Bahrain einmal hart aneinander
© Getty

Auch in der Formel-1-Saison 2012 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Mey nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 4: Bahrain-GP.

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Das vierte Rennen der Saison hat wieder jede Menge Überraschungen gebracht, aber auch eine gute alte Konstante. Wenn Sebastian Vettel ein Auto hat, in dem er sich wohl fühlt, ist er kaum zu schlagen. Nico Rosbergs Aggressivität im Rennen schoss etwas über das Ziel hinaus.

Meine Wertung für den Bahrain-GP:

Platz 1, Sebastian Vettel: Da war er wieder, der alte Vettel. Sobald er sich im Auto wohl fühlt, versteht er es perfekt, das Potenzial optimal auszuschöpfen. Und in diesem Fall soll niemand mit dem Vorwurf kommen, Vettel könne eben nur in einem überlegenen Auto vorneweg fahren. So überlegen war der Red Bull nämlich in Bahrain keineswegs. Allein Räikkönen im vom Top-Speed her deutlich schnelleren Lotus hinter sich gehalten zu haben, war eine tolle Leistung. In Kombination mit seinem nach kurzer Durststrecke mal wieder perfekten Qualifying rechtfertig das für mich den knappen Sieg im Ranking.

Platz 2, Kimi Räikkönen: Knapp deshalb, weil mich eigentlich Räikkönen in Bahrain am meisten beeindruckt hat. Klar war sein Auto sehr schnell, aber trotzdem war es eine klasse Leistung, gegen die Besten der Besten bis auf Platz zwei nach vorne zu fahren. Nur durch seine fahrerische Klasse hat sich der Reifenpoker im Qualifying ausgezahlt. Hätte er lange hinter seinen Vorderleuten fest gehangen, hätten ihm die neuen Gummis gar nichts gebracht. Das einzige, was ihn den Sieg in meinem Ranking gekostet hat, ist, dass er trotz des deutlich schnelleren Autos auf der Geraden nicht an Vettel vorbei gekommen ist. Generell macht es mir aber sehr viel Spaß, den guten alten Iceman wiederzusehen.

Platz 3, Romain Grosjean: Beim Franzosen scheint der Knoten geplatzt zu sein. Nachdem er in China zum ersten Mal fehlerfrei durchgekommen ist und Punkte eingefahren hat, zeigt er sein wahres Potenzial. In Sachen Speed steht der GP2-Champion Räikkönen in kaum etwas nach, nur im Rennen kann er vom Iceman noch einiges lernen.

Platz 4, Paul di Resta: Es gab nur einen einzigen Fahrer, der mit zwei Boxenstopps in die Punkte gefahren ist, das war di Resta. Er hat am besten von allen auf seine Reifen aufgepasst, war trotzdem verhältnismäßig schnell und hat sich vor allem in den letzten Runden großartig verteidigt. Einen Alonso, der deutlich frischere Reifen hat, hinter sich zu halten, ist aller Ehren wert. Aus deutscher Sicht war der Schotte leider Teamkollege Hülkenberg meilenweit voraus.

Platz 5, Fernando Alonso: Klar, di Resta hätte Alonso eigentlich noch packen müssen, aber abgesehen davon hat er mal wieder das Optimum aus dem Ferrari rausgeholt. Es imponiert mir, wie er sich von den begrenzten Möglichkeiten seines Autos nicht die Lust nehmen lässt. Sein Start war ebenso klasse wie der von Teamkollege Massa. Da sind die Ferraris wirklich gut dabei. Fehlt halt nur noch der Rest. An Alonso wird der aber sicher nicht scheitern.

Platz 6, Mark Webber: Vier Rennen, viermal Vierter. Das sagt eigentlich schon alles. Seine Saison ist bisher extrem solide, ohne irgendwelche Ausreißer nach unten, über die man meckern könnte. Aber es fehlen eben auch die Ausreißer nach oben.

Platz 7, Nico Rosberg: Nach dem glatten Sieg in China hatte er ein extrem kämpferisches Rennen. Mehr als der fünfte Platz war beim besten Willen nicht drin, aber den hat er geholt. Das ist stark! Man darf sich bei seiner Bewertung nicht allzu sehr vom China-Sieg blenden lassen und nun an jedem Wochenende Pole-Position und Sieg erwarten. Von daher war das schon okay von Rosberg. Allerdings hätte ich ihn zumindest verwarnt, denn seine Manöver gegen Hamilton und Alonso waren schon extrem hart. Das Abdrängen von Hamilton war zu viel, weil beide schon nebeneinander waren, das von Alonso an sich nicht so dramatisch, aber eine Wiederholungstat. Er kann sehr froh sein, straffrei davongekommen zu sein. Alonso hat mit seiner Kritik nicht ganz Unrecht.

Platz 8, Michael Schumacher: Seine Aufholjagd von Startplatz 22 auf Rang zehn muss ich würdigen, auch wenn er mich trotz dieser vielen gutgemachten Plätze nicht wirklich vom Hocker gerissen hat. In einem Mercedes kann man erwarten, dass er noch in Richtung Punkteränge fährt. Durch das Feld gepflügt ist er aber nicht gerade. Für seinen schlechten Startplatz konnte er überhaupt nichts. Er bleibt der große Pechvogel der Saison.

Platz 9, Lewis Hamilton: Aus irgendeinem Grund war sein McLaren in Bahrain zum ersten Mal ein Reifenfresser und Hamilton kämpfte mit stumpfen Waffen. Dafür stellte er sich aber noch ganz okay an. Für seine zwei verpatzten Boxenstopps konnte er nichts, sein Überholmanöver auf dem Dreck gegen Rosberg war reif für jedes Highlight-Video. Ansonsten hatte er aber nicht das Auto, um sein wahres Potenzial zu zeigen.

Platz 10, Jenson Button: Für ihn gilt fast das gleiche wie für Hamilton. Er liegt nur dahinter, weil er im Qualifying einen Tick langsamer war und weil ich glaube, dass Hamilton ohne die verpatzten Boxenstopps vor ihm gelandet wäre. Ansonsten war auch für ihn einfach nicht mehr drin.

Härtefall, Felipe Massa: Nach wieder einmal schwachem Qualifying hat ihn sein Raketenstart weit nach vorne gebracht, wo er auch eine ganze Zeit lang richtig gut ausgesehen hat. Erst gegen Ende hat er dann Teamkollege Alonso aus den Augen verloren. Eine klare Leistungssteigerung von Massa, die bei mir nur ganz knapp nicht für Punkte gereicht hat. Aber er scheint sich zumindest halbwegs berappelt zu haben.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

Meine Punkte für das Manama-Wochenende: