Seine Job-Alternativen zur Glitzerwelt Formel 1 zählte Nico Hülkenberg gleich selber auf. "Zur Auswahl stehen jetzt Pizzabäcker, Friseur, Zahnarzt, Schönheitschirurg. Vielleicht werde ich auch Frauenarzt", sagte der Emmericher in Sao Paulo mit einem Grinsen im Gesicht. Hinter dem Steuer eines rund 1000 PS starken Rennwagens wird Hülkenberg nächste Saison jedenfalls nicht sitzen.
Der 32-Jährige bestätigte vor dem Großen Preis von Brasilien was sich in den vergangenen Tagen bereits angedeutet hatte - sein "Formel-1-Aus für 2020". Hülkenberg betonte aber auch, dass dies "kein Rücktritt" sei. "Ob sich danach noch einmal etwas ergibt, weiß ich nicht, das weiß keiner", sagte der Blondschopf, der einst als großes Talent mit vielversprechender Formel-1-Zukunft gefeiert wurde.
"Das Potenzial für mehr war da", sagte Hülkenberg, der wohl ziemlich sicher ein Unvollendeter bleibt: "Ich kann aber damit leben. Ich bin im Reinen mit mir." Vor neun Jahren stand er in seiner Rookie-Saison bei Williams in Brasilien sensationell auf der Pole, doch so richtig Fahrt nahm die Karriere danach nicht auf.
Der "Hulk" schaffte es in seinen bisherigen 175 Rennen nie auf das Podium, und auch der ersehnte Wechsel in ein Topteam bleib aus, er fuhr noch für Force India, Sauber und seit 2017 für Renault. Beim Werksteam aus Frankreich wird er nächstes Jahr durch Esteban Ocon ersetzt, damit wird 2020 so gut wie sicher Ferrari-Star Sebastian Vettel (Heppenheim) der einzige deutsche Fahrer in der Königsklasse sein.
Hülkenberg freut sich "auf etwas mehr Freizeit"
Hülkenberg wird sich "bereit und fit halten für ein mögliches Comeback", sagte er und scheint dennoch selber nicht damit zu rechnen: "Es wäre jetzt aber vermessen, darauf zu hoffen, dass Ferrari nächstes Jahr plötzlich anruft und sagt: 'So Hülki, jetzt sind wir bereit für Dich'. Da muss man Realist bleiben." DTM? IndyCar-Serie? Hülkenberg weiß selber noch nicht, was er machen wird. Er habe "einige Anrufe" bekommen, aber "noch nichts unterschrieben. Und das wird so schnell auch nicht passieren." Trotz ungeklärter Zukunft sei er "ziemlich entspannt".
Hülkenberg freut sich jetzt "auf etwas mehr Freizeit" und darauf, nicht mehr nach dem Formel-1-Kalender "leben zu müssen". Im Januar will der Tennis-Fan zum Beispiel "zu den Australian Open fahren. Die lagen bisher immer genau in der Zeit, in der man in der Saisonvorbereitung viel in die Fabrik musste oder im Trainingslager war."
Doch natürlich schmerzt die Ausmusterung auch, Hülkenberg wird nicht mehr Teil eines ziemlich elitären Zirkels sein. Ein Teil von ihm sei "traurig. Und wenn ich die Rennen am Fernseher verfolge, werde ich noch trauriger sein. Ich liebe diesen Sport", sagte er: "In der Formel 1 fahren die schnellsten und besten Autos der Welt." Und das schon sehr bald ohne ihn.