Tränen des Weltmeisters

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel hat in Monza sein achtes Saisonrennen gewonnen und steht vor dem Titelgewinn
© xpb

Sebastian Vettel wehrt sich nach seinem sehr emotionalen und tränenreichen Sieg in Monza nicht mehr dagegen, als neuer Weltmeister bezeichnet zu werden. Auch die letzten Gegner geben auf.

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Das letzte Mal, dass Sebastian Vettel auf dem Podium geweint hat, war in Abu Dhabi. Damals hatte er wenige Minuten zuvor seinen ersten WM-Titel klar gemacht.

Dass ihm nun nach seinem achten Saisonsieg in Monza erneut die Tränen kamen - bezeichnend. Schließlich ist er spätestens jetzt Doppelweltmeister. Natürlich noch nicht rechnerisch, aber gefühlt. Jeder, der jetzt noch gegen ihn wettet, ist entweder ein Träumer oder ein skrupelloser Zocker.

"Das ist alles sehr emotional. Dieser Kurs bedeutet mir eine Menge und ein Sieg hier ist etwas ganz Spezielles", sagte Vettel. "Wenn du da oben auf dem Podium stehst, fühlst du dich gesegnet. Schon in der Startaufstellung dachte ich: 'Viel besser kann das Leben nicht werden.'"

Vettel kann in Singapur Champion werden

Für Vettel hat in Monza alles angefangen. 2008 hat er dort sein erstes Rennen gewonnen. 17 Siege später ist sein Vorsprung in der Fahrerwertung mit 112 Punkten sechs Rennen vor Schluss so groß, dass sich nicht einmal mehr der als Zweckpessimist bekannte Deutsche dagegen wehrt, als Doppelweltmeister bezeichnet zu werden.

"Ich erlaube mir zu sagen, dass ich in einer großartigen Position bin", sagte Vettel. "Ich bin mir sicher, dass Fernando, Lewis oder Mark sehr gerne mit mir tauschen würden."

Schon in Singapur könnte Vettel jubeln, sollte er 13 Punkte mehr holen als Alonso oder acht mehr als Webber und Button. "Es würde mich wundern, wenn er es nicht schon in Singapur schaffen würde", sagte Formel-1-Experte Christian Danner optimistisch. Sein Kollege Niki Lauda traute seinem Bauchgefühl und tippte auf das Rennen danach in Japan.

Alonso und Webber geben auf

Vettel selbst betonte zwar pflichtgemäß noch immer, dass es erst vorbei sei, wenn es vorbei ist, aber er wurde trotzdem schon so pathetisch, als wäre der Titel im Sack: "Wir hatten bis jetzt ein unglaubliches Jahr. Wir haben noch einmal einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Ich verdanke Red Bull eine Menge. Ohne sie wäre ich nicht hier. Sie haben mir eine Chance gegeben, als ich zwölf Jahre alt war. Wir sind einen langen Weg zusammen gegangen."

Sprach es und holte sich danach die verkappten Glückwünsche seiner Gegner ab. "Die WM ist offensichtlich gelaufen. Nicht mathematisch, aber wir sind praktisch aus dem Rennen", sagte Fernando Alonso. "Wir kämpfen jetzt um Rennsiege und Platz zwei in der WM."

Das gleiche tut nun auch Vettels Teamkollege Mark Webber: "Ich denke, wir kämpfen jetzt alle um Platz zwei. Sebastian müsste schon ein unfassbar enttäuschendes Finish in der Saison haben, damit einer von uns noch in den Titelkampf eingreifen könnte."

Singapur ein Rennen wie jedes andere

"Enttäuschendes Finish" heißt konkret, dass Vettel in den verbleibenden sechs Rennen keine 38 Punkte mehr holen dürfte. 2010 kam er allein in Singapur und Japan auf 43.

18 davon resultierten aus seinem zweiten Rang hinter Alonso beim Nachtrennen in Singapur, wohin der Formel-1-Tross als nächstes reist.

Und obwohl Vettel dort Weltmeister werden kann, will er sich nicht verrückt machen lassen. "Wir werden dort das gleiche machen wie bei allen anderen Rennen auch. Dann werden wir sehen, was möglich ist", sagte er.

Vettel lehnt scherzhaften Vorschlag ab

Auf jeden Fall wird Vettel an den Start gehen. Denn den scherzhaften Vorschlag eines Journalisten, doch die nächsten vier Rennen Urlaub zu machen, damit die Fans ein spannendes WM-Finale erlebten können, musste er leider ablehnen.

"In meinem Vertrag steht, dass ich alle Rennen bestreiten muss", antwortete Vettel mit einem Augenzwinkern. "Darüber müssten Sie also mit meinem Teamchef verhandeln."

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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