NHL

NHL - Edmonton Oilers spielen enttäuschende Saison: Zurück in dunkle, alte Zeiten

Connor McDavid und Leon Draisaitl sind die Franchisespieler der Edmonton Oilers
© getty

Die Edmonton Oilers um Connor McDavid und Leon Draisaitl begeisterten in der vergangenen Saison und marschierten etwas überraschend in die zweite Runde der Playoffs. Wenige Moante später ist aber der Alltag in Alberta eingekehrt, die Oilers werden die Playoffs deutlich verpassen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Cookie-Einstellungen

Das hatten sich die Edmonton Oilers und ihr General Manager Peter Chiarelli vor der Saison sicher anders vorgestellt. Anstatt zur Trade Deadline für einen möglichen tiefen Playoff-Run weitere Puzzleteile zu suchen, trat die Franchise aus Alberta als Seller auf und verhökerte in Mark Letestu und Patrick Maroon zwei Rotationsspieler mit auflaufenden Verträgen für ein paar niedrige Picks.

"Es ist keine schöne Zeit", gab auch General Manager Peter Chiarelli zu. "Ich verkaufe nicht gerne, es fühlt sich so an, als ob wir unser Team schwächen würden." Für den Ausgang der Spielzeit hat es jedoch keinen Einfluss, auch wenn der GM das nicht gerne hören wird.

Die Saison ist im Prinzip seit fast zwei Monaten gelaufen. Nach einer tollen Saison 2016/17, als die Oilers erst in Spiel sieben der zweiten Playoff-Runde unglücklich an den Anaheim Ducks scheiterten, sind die Kanadier wieder dort angekommen, wo sie zwischen 2006 und 2016, ihrer düstersten Phase der Franchise-Geschichte, waren - im Morast der Western Conference.

Bei noch 16 ausstehenden Spielen beträgt der Rückstand auf den letzten Wildcard-Spot im Westen satte 17 Punkte, ein Defizit, welches nach dem Punktesystem der NHL im Prinzip nicht aufzuholen ist. Die derzeit 60 Punkte können nur vier Teams in der kompletten Liga unterbieten. Eigentlich ein Unding, wenn man weiß, dass mit Connor McDavid einer, vielleicht sogar der beste Spieler der National Hockey League in den eigenen Reihen steht.

Connor McDavid, der Einzelkämpfer

Am 21-jährigen Center liegt es dabei wahrlich nicht, dass Edmonton sich im November und Dezember ein solch tiefes Loch gebuddelt hat. Der Jungstar wirkte in allen 66 Spielen mit und verbuchte dabei bereits 80 Punkte, die 100 aus dem Vorjahr, die ihm die Art Ross Trophy für den besten Scorer der Liga einbrachte, könnte er wieder erreichen.

Doch um den Franchise-Spieler gibt es zu viele Lücken. Den Oilers fehlt es an potenten Wingern, das machte sich bereits zu Beginn der Saison bemerkbar, als Coach Todd McLellan versuchte, den schmächtigen Rookie Kailer Yamamoto an die Seite von McDavid zu stellen. Das Experiment scheiterte krachend.

So muss Leon Draisaitl wieder die meiste Zeit neben McDavid auf dem rechten Flügel verbringen und nicht, wie noch in den Playoffs, als er seine eigene Reihe als Center verankerte. Über 30 Prozent seiner Spielzeit verbringt Draisaitl im Fünf gegen Fünf an der Seite seines Kapitäns. Ähnlich machte es McLellan bereits in seiner Zeit in San Jose, als er mit Joe Thornton und Joe Pavelski seine beiden besten Center (und Spieler) nebeneinander spielen ließ.

Leon Draisaitl muss sich steigern

Das Management bezahlte Draisaitl im Sommer aber wie einen Center. Über 8 Jahre wird der Deutsche 68 Millionen Dollar bekommen, dafür sind seine Leistungen bisher aber zu dürftig.

Der Deutsche verdient seit dieser Spielzeit stattliche 8,5 Millionen Dollar pro Jahr, konnte dies aber auf dem Eis noch zu selten zeigen. Eine McDavid-Draisaitl-Kombo kann natürlich auch ein Vorteil sein, wenn die Reihe extrem dominant auftritt, doch das tut sie nicht. Für Draisaitl sind so 60 Punkte in 62 Spielen notiert, sein Plus-Minus-Wert beträgt durchschnittliche 5.

Ein weiterer Nebeneffekt sind die zahnlosen weiteren Reihen, die nur wenig Offense generieren können. Gerade Routinier Milan Lucic (nur 32 Punkte) enttäuschte bisher auf ganzer Linie, gleiches gilt für Ryan Strome (31 Points), der im Sommer im Tausch mit Jordan Eberle nach Alberta gekommen war.

Ex-Oilers Jordan Eberle und Taylor Hall glänzen

Eben jener Eberle blüht bei den New York Islanders an der Seite von Top-Rookie Mathew Barzal übrigens auf, die Fans der Isles nennen ihre zweite Reihe bereits die Chiarelli-Line, da Barzal 2015 mit einem Pick der Oilers gezogen wurde.

Es scheint allgemein ein Trend zu sein, dass Spieler besser performen, nachdem sie Rogers Place verließen. Ein weiteres Beispiel dafür ist Taylor Hall, der mit den New Jersey Devils etwas überraschend klar auf Playoff-Kurs liegt und im Moment in 25 aufeinanderfolgenden Spielen mindestens einen Punkt verbuchen konnte.

Der Winger wurde 2016 gegen Verteidiger Adam Larsson getauscht, der nach einer guten vergangenen Saison dieses Jahr nicht daran anknüpfen konnte. Gleiches gilt für Nebenmann Oscar Klefblom, welcher der vermeintlich beste Defender der Oilers ist. Der Schwede kämpfte jedoch fast die komplette Saison mit kleineren Verletzungen und konnte nie das Niveau der letzten Postseason erreichen. Seine Qualitäten im Angriff sind unverkennbar, doch in der eigenen Zone wirkt der 23-Jährige oft zu zögerlich und hat nicht immer das beste Stellungsspiel. Dass Kris Russell und der lange verletzte Andrej Sekara ebenfalls weit von ihrer Topform entfernt sind, erschwerte die ganze Mission noch einmal.

Die Special Teams sind ein Desaster

Die größten Probleme der Oilers sind aber die Special Teams. So ist das Team von Todd McLellan sowohl im Penalty Kill als auch beim Powerplay 31., also Letzter der NHL. Trotz eines Magiers wie McDavid auf dem Eis konnten die Oilers nur 24 Treffer bei 206 Überzahlsituationen (14,3 Prozent) generieren, bei gleich 15 davon hatte der Kapitän seine Finger im Spiel.

Noch kurioser wird es beim Blick auf die Unterzahlsituationen. In fremden Hallen sind die Oilers das beste Team im Penalty Kill mit 87 Prozent, im heimischen Rogers Place haben die Kanadier aber bereits 39 Tore bei 97 Powerplays zugelassen (59,8 Prozent Kill).

Um dies mal einzuordnen: Seit die NHL 1979 die Expansion auf 21 Mannschaften durchführte, verbuchten nur vier Teams eine schlechtere Penalty Kill Quote als 70 Prozent. Den Negativrekord der Detroit Red Wings aus der Saison 1985/86 (66,5 Prozent) unterbietet Edmonton gerade locker.

"Powerplay und Penalty Kill sind wichtige Teile des Spiels, nicht nur statistisch gesehen", erklärte McLellan schon im ersten Saisonmonat, als sich das Desaster schon andeutete. "Es kann dir Selbstvertrauen geben, wenn du dort kleine Erfolgserlebnisse feiern kannst. Letztes Jahr waren wir sehr gut darin, dieses Jahr nicht. Das ist eigentlich nicht verständlich."

Oilers: Probleme im Tor

Gelöst wurde das Problem aber nicht. Gleiches gilt für die Goalie-Situation, wo Nummer eins Cam Talbot nach einem starken Jahr ebenfalls eingebrochen ist. Von allen Goalies mit mindestens 23 Einsätze liegt Talbot mit einer Save-Percentage von 90,4 Prozent auf Platz 40 von 49 qualifizierten Goalies.

Vielleicht macht sich nun doch der Verschleiß beim 30-Jährigen bemerksam, in der vergangenen Saison hütete er in 73 Spielen seinen Kasten, Spitzenwert und gleich sieben Partie mehr als Verfolger Freddie Anderson von den Toronto Maple Leafs. Der Grund dafür ist recht einfach: Es herrschte keinerlei Vertrauen in Backup Laurent Broissoit, der die Leistungen von Talbot mit 88,6 Prozent Fangquote noch einmal locker unterbot. Inzwischen wurde reagiert und der erfahrene Al Montoya geholt, der aber auch keine Bäume ausreißt (89,4 Prozent).

Oilers: Wie geht es weiter?

Problemfelder gibt es also genug im Roster in Edmonton, doch wie werden diese angegangen? Präsident Bob Nicholson wählte die Worte "geschockt" und "enttäuschend", als er nach einem Zwischenfazit zur Saison gefragt wurde. "Wir werden uns Zeit nehmen und alles in der Organisation durchleuchten, aber wir haben einen Plan und den werden wir umsetzen."

Ob Chiarelli noch diesen Plan umsetzen wird? Der GM wirkt angezählt (ähnlich wie der Coach), vor allem der Hall-Trade nehmen ihm viele in der Organisation weiter übel, auch wenn Nicholson dies nicht thematisierte. "Die Erwartungen bekamen wir nach dem letzten Jahr nicht in den Griff. Wir haben viele gute Dinge, die möchte ich nicht kaputt machen."

Im Moment herrscht mal wieder so etwas wie Untergangsstimmung in Alberta, eine bekannte Gefühlslage aus den letzten zehn Jahren. Hoffnung darf es dennoch geben: McDavid steht noch bis 2026 unter Vertrag - und solange der neue Superstar in Oil Country dem Puck hinterherjagt, werden die Oilers auch relevant bleiben. Bessere Ergebnisse sollten dann aber schon her.

Artikel und Videos zum Thema