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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 8 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 8 in der NFL.
© getty

Die NFL marschiert auf die Halbzeitmarke zu, das Playoff-Bild wird klarer: Können die Patriots in der Postseason doch noch mitmischen? Welche AFC-Teams sind eigentlich wirklich gut? Wie sollten die Colts mit Carson Wentz verfahren? Außerdem: Das wichtige Thema Calvin Ridley. SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf den NFL-Spieltag.

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Als Bears-Verteidiger Akiem Hicks nach der Niederlage gegen die 49ers auf Justin Fields angesprochen wurde, gab Hicks eine deutliche Antwort: "Ich will damit anfangen, dass ich kein Quarterback-Analyst bin. Aber das kann ich sagen: Er ist Elite. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen. Ich erinnere mich an ein Play, wo er einen kleinen Spin Move eingelegt hat und dann nochmal für zehn Yards gelaufen ist."

Hicks mag kein Quarterback-Analyst sein, aber hier brachte er ein Thema auf den Punkt: Fields kann Spaß machen, und nach einigen Spielen, wo er jetzt überfordert war, ganz besonders mit dem Spieltempo und damit, wie er eine NFL-Pocket spielen muss, hatte er ausgerechnet gegen die starke Niners-Front eine Art Breakout-Spiel. Das lag teilweise daran, dass die Bears ihn gut aus der Pocket bewegten, aber auch aus der Pocket ein besseres Quick-Passing-Game aufzogen als zuletzt.

Die Highlights - wie der von Hicks angesprochene Run, wie der erste Touchdown-Pass, wo er den Ball ideal vom Verteidiger weg platziert, die Pässe aus der Bewegung, die Athletik, die Fähigkeit, Plays zu retten - all das gibt Bears-Fans Hoffnung für die Zukunft. Ich hoffe, dass wir mehr solcher Game Plans wie gegen die Niners sehen, und dann wird Fields auch weiter Fortschritte und Plays für die Bears machen.

Dass die NFL aber eine "Week-to-Week"-Liga ist - sprich: jede Woche ist alles möglich -, wird wohl durch kein Team besser verkörpert als durch die New York Jets, deren beide Saisonsiege bislang gegen Tennessee und diese Woche gegen die Bengals kamen.

Also gegen das Team, das in diesen Spieltag als Nummer-1-Seed der AFC gegangen war und gegen das Team, welches jetzt als Top-Seed in der AFC übernimmt. Und das mit Backup-Quarterback Mike White, welcher einer bisher so überzeugenden Cincy-Defense 400 Yards und drei Touchdowns einschenkte.

Die Lektion ist, dass Trap Games sehr real sind in der heutigen NFL, und das auch nur ein paar Prozentpunkte weniger Konzentration dazu führen können, dass man gegen einen vermeintlich klaren Underdog ein sehr böses Erwachen erlebt. Das gilt für Top-Teams, es gilt für aufstrebende Teams, und es gilt für Teams, die vielleicht gerade einen emotionalen Sieg eingefahren haben.

Los geht's aber mit den Patriots, und der Frage: Könnte New England doch noch ein Playoff-Team sein?

1. Haben die Patriots noch Playoff-Chancen?

Wenn man ein Argument für die Patriots entwerfen will, dann ist das auf jeden Fall da: Der überdeutliche Kantersieg gegen ein schlechtes Jets-Team, gefolgt von jetzt einem Auswärtssieg bei einem Playoff-Anwärter. Der Sieg über die Chargers war der erste Pats-Sieg gegen ein Team mit positivem Record. Der Trend geht also zumindest in die richtige Richtung, und während die Defense zwar gegen den Run einmal mehr riesige Lücken offenbarte, machte New England jede Menge Plays in der Pass-Defense.

Der Pass-Rush der Patriots setzte Herbert unter Druck und störte so auch den Rhythmus der Offense, dahinter kam New England zu Big Plays in Form von Turnovern. Das ist natürlich nicht stabil, aber was mir umso besser gefällt, ist die Entwicklung der Offense.

Bei Mac Jones können wir förmlich dabei zuschauen, wie er sich weiterentwickelt, wie das Spiel für ihn etwas langsamer wird - und wie er in der Folge auch in seinen Reads vertikaler gehen kann. Das frühe Shot-Play zu Agholor war ein Musterbeispiel dafür, wo Jones ruhig gegen Druck durch die Pocket arbeitet, und den Ball dann tief mit Antizipation anbringt.

Es sind noch vorsichtige Trends, aber Jones spielt eine eindrucksvolle Rookie-Quarterback-Saison bisher. Wenn die Offense jetzt weiter an ihrer Balance im Passspiel schrauben kann, wird das auch das Run Game wieder besser öffnen. Ich denke tatsächlich, dass die Pats "näher dran" sind als man vielleicht erwarten konnte.

Interessant ist außerdem, wie Belichick - der vor zwei Wochen noch einiges an Kritik eingesteckt hatte - sein In-Game-Management angepasst hat: Die Patriots waren zuletzt zumindest ein wenig aggressiver in ihren Fourth-Down-Entscheidungen; und so kleinteilig wie die Patriots-Offense nach wie vor immer wieder funktioniert, ist das vielleicht umso wichtiger.

Die Pats haben als nächstes Carolina, Cleveland, Atlanta und Tennessee auf dem Schedule. Es ist noch eine sehr vorsichtige Entwicklung, aber grundsätzlich ist der Trend gerade in der Offense sehr positiv. Und das sollte dabei helfen, den Pats die Tür für ein Playoff-Ticket offenzuhalten. Denn generell gilt in der AFC - dazu später mehr - dass hier alles weit offen ist. Nicht nur an der Spitze.

Was für ein Team sind die Chargers wirklich?

Die Chargers sind derweil mit Niederlagen gegen die Ravens sowie jetzt nach der Bye Week gegen die Patriots nach zwischenzeitlichem Höhenflug wieder etwas auf dem Boden gelandet. Mit Philadelphia, Minnesota, Pittsburgh und Denver warten jetzt einige machbare Aufgaben, und ich bin auch weit davon entfernt, die Alarmglocken zu leuten.

Ich denke eher, dass L.A. jetzt mehr in dem Rahmen ankommt, in dem das Team realistisch vermutlich immer einzuschätzen war: An der Grenze zum oberen Liga-Drittel, mit gelegentlicher Top-10-Upside, einer sehr realistischen Playoff-Chance, aber eben auch noch klaren Baustellen, welche verhindern, dass die Chargers ultimativ schon jetzt in die oberste Liga-Spitze zählen.

Ein Stück weit ist das auch komplett normal im Rahmen des Umbruchs. Ja, Los Angeles hat in der Offseason sehr intelligent in seine Offensive Line investiert, aber wir reden nicht nur von einem Quarterback in seinem zweiten Jahr, sondern eben auch von einem neuen Coaching Staff, dessen System erst vollends übernommen werden muss.

Defensiv merkt man das vor allem dahingehend, dass Brandon Staley eben nicht ansatzweise die Front hat, die er bei den Rams hatte, was dazu führt, dass aus seiner defensiven Grundstruktur vor allem die Run-Defense wackelt; mehrfach jetzt schon in einem Rahmen, der tatsächlich gravierende Auswirkungen auf das Spiel hatte.

Chargers-Offense noch in der Findungsphase

Aber ich schaue eben auch auf die Offense. Die war bisher up-and-down, und das hat für mich auch strukturelle Hintergründe. Ich hatte zu häufig dieses Jahr den Eindruck, dass Offensive Coordinator Joe Lombardi sehr viel von Herbert verlangt, gerade in puncto schwierige Würfe. Dass die Offense zu wenig konstante Production im Intermediate-Passing-Game hat, dass sie noch zu wenig explosive Plays aus Play Action kreiert.

Und dabei bleibt es weitestgehend auch. Gegen Baltimore war besonders auffällig, wie die Chargers schwierige Matchups vor allem bei Third Down hatten und wenn Herberts Accuracy dann noch gelegentlich ein klein wenig wackelt, kann die herausragende Third-Down-Quote auch mal in den Keller fallen - und plötzlich punktet die Offense nicht mehr wie gewohnt.

Auch die Patriots haben es geschafft, den Rhythmus im Passspiel zu stören; es war nicht das erste Mal, dass Belichick das gelang: In zwei Spielen gegen die Patriots hat Herbert jetzt das schlechteste und zweitschlechteste Passer Rating seiner Karriere sowie die schlechteste und zweitschlechteste Completion Percentage seiner Karriere gegen die Patriots aufgelegt, auch zwei seiner vier NFL-Spiele mit je mehreren Interceptions kamen gegen die Pats.

Auch in der Feinabstimmung hat Los Angeles noch Luft nach oben. Dieses Team wird noch wachsen, und ich denke, dieses Team wird dieses Jahr den nächsten Schritt auch insofern machen, dass Playoffs gespielt werden. Aber die faire Erwartungshaltung wäre dann eher, ein Playoff-Ticket in dieser Saison als realistische Zielvorgabe auszugeben.