NFL

Draft Runde 1 Recap: Fields nach Chicago - Patriots draften Mac Jones

15. Pick - New England Patriots: MAC JONES, QUARTERBACK, ALABAMA.
© getty

Die Jacksonville Jaguars haben sich im Draft wie erwartet für Supertalent Trevor Lawrence entschieden, auch vier andere Teams hoffen, ihren Quarterback der Zukunft gefunden zu haben. Was ist in der wilden Draft-Nacht alles passiert? Welche Picks waren top? Welche sind kritisch zu betrachten? Das große SPOX-Recap von Runde eins (weiter geht es im LIVETICKER in der Nacht auf Samstag ab ca. 0.30 Uhr mit den Runden 2 und 3).

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49ers nehmen Trey Lance - nicht Mac Jones

Die ersten beiden Picks - Trevor Lawrence nach Jacksonville und Zach Wilson zu den Jets - waren wenig überraschend; der erste kritische Moment kam mit dem Nummer-3-Pick: Die 49ers waren per Trade bereits vor Wochen teuer hoch gegangen, und seitdem hielten sich Gerüchte, wonach Mac Jones das Ziel gewesen sein soll.

Das wirkte immer merkwürdig, da Jones zwar einen guten Floor, aber ein überschaubares Ceiling hat - kein Quarterback, für den man mehrere Erstrunden-Picks investiert, in der Theorie. Seine Athletik und Armstärke geben ihm schlicht ein klares Limit. Am Draft-Tag setzten die Niners diese Theorie in die Praxis um, indem sie das exakte Gegenteil von Mac Jones auswählten: Der physisch unheimlich talentierte, aber in puncto Fundamentals, Pocket-Arbeit, Beinarbeit und dergleichen noch deutlich rohere Trey Lance ist San Franciscos neue Quarterback-Hoffnung.

Für diesen Pick lässt sich der teure Trade deutlich eher erklären, Lance hat Top-5-QB-Upside, auch wenn er mehr Zeit brauchen wird. Gleichzeitig sollte er in der Offense von Kyle Shanahan früh starten können, mit vielen Rollouts, mit mutmaßlich deutlich mehr QB-Run-Elementen, wie wir es einst mit Robert Griffin III unter Shanahan in Washington gesehen haben.

Shanahan bestätigte anschließend, dass Lance immer die Wahl für diesen Spot war, die Jones-Gerüchte waren also nichts anderes als eben genau das: Gerüchte.

Denvers QB-Entscheidung überrascht - auch Lions passen

Nachdem die ersten drei Quarterbacks vom Board waren, stellte sich die große Frage: Wer schnappt sich Justin Fields? Und fällt Mac Jones doch tiefer?

Bei Jones wurde doch schnell klar, dass die Liga den Ex-Alabama-Quarterback nicht so hoch einschätzt, wie es von einigen Experten prognostiziert wurde. Jones fiel in den Schoß der Patriots an 15, die letztlich nicht hoch traden mussten und vielleicht den Quarterback bekamen, den sie ohnehin ins Auge gefasst hatten. Was Teams bei Jones nämlich durch die Bank weg begeistert hat, ist seine Spielintelligenz und die Patriots werden das nutzen wollen.

Es wirkte wie ein Szenario, in dem die Patriots, nachdem die ersten drei Quarterbacks vom Board waren, keinen der anderen beiden hoch genug auf dem Board hatten, dass man für einen hochgehen wollte. Andernfalls wäre es definitiv denkbar gewesen, selbst für Fields hoch zu traden. Die Pats waren geduldig und Mac Jones fiel bis zu ihnen, was zumindest nahelegt, dass sie Fields und Jones relativ gleichauf hatten.

Spannend war aber vor allem, welche Teams Justin Fields oder auch Mac Jones nicht drafteten, ehe die Chicago Bears schließlich per Trade für Fields hoch kamen. Die Lions wollen offensichtlich den Umbruch mit Jared Goff ernsthaft versuchen, denn ein potenziell signifikantes Upgrade wäre in Person von Fields - auch als Beschleunigung für diesen Umbruch - zu haben gewesen.

Während die Lions mit Penei Sewell einen der Elite-Spieler dieser Klasse wählten, war Denver kurz danach noch überraschender. Die Broncos wählten High-Floor-Corner Patrick Surtain und vertrauen offenbar noch darauf, dass Drew Lock den großen Sprung machen kann, und dass Teddy Bridgewater als Sicherheitsnetz notfalls einspringt. Hier wäre die Chance gewesen, ein massives Upgrade auf der wichtigsten Position zu finden, um einen ansonsten starken Kader wirklich gefährlich zu machen über die nächsten zwei bis drei Jahre.

Dass Denver keinen der beiden Quarterbacks auswählte, die ihnen in den Schoß fielen, war sehr überraschend und könnte sich perspektivisch noch rächen.

Die Chicago Bears im Quarterback-Glück

Diese Überschrift hat es auch schon lange nicht mehr gegeben. Die Bears haben über Jahre versucht, mit Mitch Trubisky ein Titelfenster zu öffnen, das nie da war - daran werden sie auch noch in puncto Roster-Building eine Zeitlang zu arbeiten haben. Doch der Draft 2021 könnte der Wendepunkt für eine Franchise sein, die seit so langer Zeit einen echten Superstar-Quarterback sucht.

Nachdem die Lions, Panthers und Broncos auf Justin Fields verzichtet hatten, kam Chicago schließlich hoch. Der Preis: Die Picks 20 und 164 in diesem Draft, sowie der Erst- und Viertrunden-Pick 2022. Nicht wenig, aber mit Fields bekommen die Bears einen Quarterback, der echte Top-10-Upside hat. Mit einem sehr guten Arm, mit hoher Accuracy, mit seiner Athletik, mit der Aggressivität aus der Pocket.

Chicago könnte an Tag 2 weitere Offense-Baustellen angehen, perspektivisch sind die Bears mit dieser ersten Runde in jedem Fall im Aufwind.

Die Aaron-Rodgers-Bombe vor dem Draft

Der erste - und potenziell größte - Kracher des Abends kam mehrere Stunden bevor Roger Goodell den NFL Draft 2021 auf der Bühne in Cleveland eröffnet hatte: Packers-Quarterback und der amtierende MVP Aaron Rodgers - das berichtete ESPN-Insider Adam Schefter am Abend - will Green Bay verlassen. Mehr noch: Rodgers sei dermaßen "verärgert, dass er intern einigen Leuten innerhalb der Packers-Organisation gesagt hat, dass er nicht zurückkehren will".

Die Meldungen überschlugen sich in der Folge. Ein Teil der Verärgerung, das scheint klar zu sein, rührt daher, dass Rodgers, dessen aktueller Deal noch bis einschließlich 2023 läuft, eine Vertragsverlängerung haben will. Die Verhandlungen sollen seit Wochen laufen, und Rodgers' Laune hat sich wohl im Zuge dieser Gespräche eher verschlechtert; Green Bay soll zuerst eine Umstrukturierung angeboten haben, dann schließlich erst eine Vertragsverlängerung.

Alles darüber hinaus ist spekulativ. Einige Quellen berichteten, dass es konkrete Trade-Gespräche gegeben habe und Rodgers die Packers gepusht haben soll, ein Angebot der 49ers anzugeben. Packers-nähere Quellen dementieren das, ein konkretes Angebot - oder auch derart fortgeschrittene Trade-Gespräche - soll es nicht gegeben haben. Das betonte auch GM Brian Gutekunst nach der ersten Runde des Drafts.

Rodgers und die Packers: Seit einem Jahr auf Kollisionskurs

Der zentrale Punkt für mich ist hier: Was auch immer Rodgers zusätzlich zum finanziellen Aspekt antreibt, dass es früher oder später mit hoher Wahrscheinlichkeit an diesen Punkt kommen würde, muss jedem Packers-Verantwortlichen klar gewesen sein, als man Jordan Love in der ersten Runde des vergangenen Drafts auswählte. Mehr noch, die Packers waren innerhalb der ersten Runde nach oben getradet, um sich Love zu sichern. Nicht einmal das Argument "er ist eben bis zu uns gefallen" - wie bei Rodgers selbst damals - würde somit zutreffen.

Und da sehe ich auch eine Verbindung zu dem Timing. Vielleicht waren die Verhandlungen gerade kurz davor gegen eine Wand gelaufen. Für wahrscheinlicher halte ich es, dass Rodgers die Bühne für maximale Coverage nutzen wollte. Die vier Stunden vor Beginn des Drafts gehörten in allen Pre-Draft-Shows Rodgers und den Packers, häufig geprägt von der Kernaussage, dass die Packers Rodgers zu wenig Unterstützung über die letzten Jahre gegeben haben.

Wir reden hier von Aaron Rodgers, und so vorsichtig man aus mehreren tausend Kilometern Entfernung bei der Charakteranalyse sein muss: Es gehört nicht allzu viel dazu, um festzustellen, dass Rodgers nicht der Typ ist, der mit einem Lächeln darüber hinwegsieht, wenn sein Team für seinen Nachfolger nach oben tradet. Aus Kader-Management-Sicht war der Move komplett nachvollziehbar, umso mehr, da Rodgers vor einem Jahr eine Saison wie die vergangene Spielzeit nicht mehr in sich zu haben schien.

Aber hier sind wir, und Rodgers' MVP-Saison hat seine Position noch deutlich stärker gemacht. Eine Explosion der Situation war immer nur eine Frage der Zeit, ab dem Moment, als der Love-Pick offiziell war. Dass sie jetzt kam, ist - wie so wenig mit Rodgers - kein Zufall. Jetzt ist nur die Frage: Was will Rodgers noch außer mehr Geld? Mehr Receiver? Einen Jordan-Love-Trade, im Brady-Garoppolo-Stil? Und: Wie weit sind die Packers bereit, zu gehen?

Draft Runde 1 - Picks, die gefallen haben:

  • Edge Jaelan Phillips nach Miami (Pick 18): Ein Risiko-Pick, weil Phillips mit einer größeren Vorgeschichte was Gehirnerschütterungen angeht in die NFL kommt. Aber es ist ein Risiko, das sich auszahlen könnte, denn rein vom Talent her war Phillips für mich der beste Edge-Rusher der Klasse. Wenn ich heute Geld setzen müsste, dann wäre er mit seinem Pass-Rush-Arsenal in der Flores-Defense mein Pick für den "Defensive Rookie of the Year"-Award.
  • WR Kadarius Toney zu den Giants (Pick 20): Hier ist es gar nicht so sehr der Pick selbst - Toney ist noch relativ roh und wird Zeit brauchen -, sondern vielmehr der Weg dorthin. Im Vorfeld wurde bereits geschmunzelt, als Giants-GM Dave Gettleman, der bekanntermaßen noch nie in Runde 1 nach unten gegangen war, öffentlich mit einem Downtrade kokettierte. Dieses Mal machten die Giants tatsächlich ernst, nahmen jede Menge Draft-kapital mit und konnten trotzdem einen explosiven Playmaker holen, der Daniel Jones helfen wird.
  • OT Christian Darrisaw nach Minnesota (Pick 23): Die Vikings haben diese erste Runde ideal gespielt. Darrisaw ist ein absoluter Scheme-Fit und sollte direkt auf Left Tackle in Minnesota starten - viele hatten vermutet, dass die Vikings diesen Pick an Position 14 tätigen könnten. Doch Minnesota sackte kräftig Draft-Kapital von den Jets ein (Picks 23, 66 und 86 für 14 und 143) und bekamen den Spieler, den sie vielleicht ohnehin an 14 genommen hätten. So weit runter zu traden kann immer ein Risiko sein, in diesem Draft war es in puncto Value die ideale Range, um dieses Risiko einzugehen. Für Minnesota ist es perfekt aufgegangen.
  • CB Greg Newsome nach Cleveland (Pick 26): Ein unheimlich smoother Outside-Corner, und die Browns zeigen weiter, wie sehr sie in ihre Secondary investieren wollen. In der Free Agency kamen bereits Troy Hill und John Johnson, Cleveland hat so langsam das Personal, um einige 7-DB-Formationen aufbieten zu können. An 26 war Newsome, potenziell der drittbeste Outside-Corner dieser Klasse, zudem vom Talent genau wie vom Positional Value her ein exzellenter Pick.
  • WR Rashod Bateman nach Baltimore (Pick 27): Die Ravens mussten dringend ihr Outside-Receiver-Corps aufbessern, und zum Ende der ersten Runde war einer der besten Outside-Receiver der Klasse noch da. Bateman sollte Lamar Jackson mit seinem guten Release schnelle Anspieloptionen bieten, gemeinsam mit Neuzugang Sammy Watkins hat Baltimore schon jetzt ganz andere Möglichkeiten, um das komplette Feld zu attackieren

Draft Runde 1 - Picks, die nicht gefallen haben:

  • LB Zaven Collins nach Arizona (Pick 16): Es ist nicht so, dass Collins ein schlechter Spieler wäre. Er bringt eine eindrucksvolle Statur mit, hat aber dennoch enorme Reichweite in Underneath Zone Coverage und kann auch vereinzelt Edge-Rush-Snaps spielen. Das Fragezeichen hier kommt eher daher, dass Arizona im Vorjahr bereits einen Hybrid-Linebacker in Isaiah Simmons gedraftet hat, der noch keinen richtigen Platz gefunden hat. Und das nachdem man drei Jahre gebraucht hat, um einen Platz für Haason Reddick zu finden. GM Steve Keim ist offensichtlich großer Fan dieses Spielertyps, doch Arizona ist noch den Beweis schuldig, dass man diese flexiblen Spieler auch richtig einsetzen kann. Collins und Simmons, das ließ Keim anschließend durchblicken, sollen gemeinsam das Off-Ball-Hybrid-Linebacker-Duo bilden.
  • OT Alex Leatherwood nach Las Vegas (Pick 17): Die Raiders fallen einmal mehr damit auf, dass sie alle vermeintlichen Consens Boards ignorieren und "ihre" Spieler picken. Das fiel in der Vergangenheit - Arnette, Ferrell u.a. - bereits mehrfach auf, Leatherwood ist ebenfalls so ein Kandidat. Auf den allermeisten Boards ein Nummer-2-Pick, mit Darrisaw oder auch Teven Jenkins auf dem Board. Leatherwood ist ein solider Tackle, der aber gerade in Pass-Protection noch konstanter werden muss - und den man vor allem höchstwahrscheinlich auch deutlich später noch bekommen hätte. Die Raiders draften nicht unbedingt schlechte Spieler, sie bekommen nur nicht den richtigen Value mit ihren Picks.
  • RB Najee Harris nach Pittsburgh (Pick 24): Dieser Pick schien schon seit Tagen festzustehen, überraschend jedenfalls kam er nicht. Das aber macht ihn nicht besser: Ja, Pittsburghs Run Game war letztes Jahr nicht gut und die Steelers brauchten ein Upgrade auch im Backfield. Aber solange die Offensive Line derart löchrig daherkommt, wird Harris daran wenig ändern können. Und da sind wir wieder bei der Running-Back-Debatte: Der Value der Position in Runde 1 ist schlicht sehr kritisch zu betrachten, und dazu kommt, dass Harris als Runner doch einiges an Fragen offenlässt.
  • RB Travis Etienne nach Jacksonville (Pick 25): Etienne ist in meinen Augen der bessere Back im Vergleich mit Harris, er gibt den Jaguars eine echte Big-Play-Waffe. Doch gerade die Jaguars haben eigentlich schon mehrere Optionen im Backfield - und Head Coach Urban Meyer bezeichnete seinen neuen Erstrunden-Pick dann kurz danach auch noch als "3rd Down Back", mit Robinson und Hyde davor als 1-2-Punch. Eine sehr eigenwillige Herangehensweise an den Value eines Erstrunden-Picks.
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