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NFL: Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Championship Games

Matthew Stafford könnte die Lions verlassen.
© getty

Super Bowl LV steht fest: Tom Brady und die Tampa Bay Buccaneers empfangen im ersten Heim-Super-Bowl aller Zeiten Patrick Mahomes und die Kansas City Chiefs! Den Green Bay Packers und Buffalo Bills bleibt nur die Zuschauerrolle - doch was bleibt sonst nach dem Championship Sunday? Welche Erkenntnisse könnten längerfristige Auswirkungen haben? Und wie könnte die Meldung aus Detroit vom Samstagabend die Quarterback-Landschaft verändern?

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SPOX-Redakteur Adrian Franke bringt Euch am Montag mit seinen wichtigsten Punkten und Einschätzungen zum vergangenen NFL-Wochenende auf Stand.

1. Der Sieg der Chiefs: Was andere Teams kopieren könnten

In der NFL wird gnadenlos kopiert, immer.

Als die Seahawks mit ihrer Cover-3-Defense so enormen Erfolg hatten, dauerte es nicht lange, ehe einstige Seahawks-Coaches anderswo angeheuert wurden - und andere Defenses entsprechend umgestalteten. Die Fourth-Down-Aggressivität der Philadelphia Eagles auf dem Weg zum Super-Bowl-Titel hatte eine Signalwirkung für den Rest der Liga; mittlerweile sind zahlreiche Teams deutlich mutiger, wenn es um das Ausspielen eines vierten Versuchs geht.

Das aktuellste Beispiel dürften die Outside-Zone-Play-Action-Offenses sein. Maßgeblich geformt im Shanahan-Coaching-Tree, sind die San Francisco 49ers und die Los Angeles Rams zwei Paradebeispiele für diese Art offensive Basis.

Doch unter anderem in Tennessee, Green Bay, Cleveland, Minnesota und jüngst auch Chicago haben sich Nachahmer und neue Schüler des Coaching-Trees gefunden, die diesen sehr Quarterback-freundlichen Ansatz auf ihre Art und Weise umsetzen.

Die schiere Dominanz, mit der Kansas Citys Offense nun schon seit Jahren durch die Liga pflügt und die auch gegen die Bills zu bestaunen war, bleibt dabei allerdings offenbar eine Ausnahme. Und sicher, Patrick Mahomes, Andy Reid, Travis Kelce und Tyreek Hill, dieses Quartett kann man nicht "nachahmen", weil jeder dieser vier einzigartige, herausragende Qualitäten hat, die zudem im Zusammenspiel funktionieren.

Aber was ist mit einigen grundlegenden Prinzipien, bei der Kaderzusammenstellung, aber auch bei der Spielweise? Was sticht hier heraus?

Die Chiefs-Offense: Diese Lehren lassen sich ziehen

  • Speed: Geschwindigkeit ist ganz klar Trumpf in dieser Offense. Tyreek Hill ist mehr als nur schnell, wenn er vertikal attackiert; er hat auch eine spektakuläre Beschleunigung und ist unheimlich agil. Diese Kombination macht ihn so gefährlich, aber die Chiefs sind Meister darin, Hills Speed auf verschiedene Art und Weise in den Game Plan einzubauen. In Form der Jet Sweeps, End Arounds und dergleichen, und dann in den gleichen Designs als Ablenkung. Als Motion-Spieler, um anderswo Räume zu kreieren. Bei tiefen Over-Routes, um die Mitte des Feldes zu öffnen. Keine Offense schafft es besser als die Chiefs mit Hill und Mecole Hardman, Speed vielseitig zu nutzen, um Defenses auf verschiedene Wege unter Druck zu setzen. Hier sollten sich die allermeisten Teams etwas abschauen können.
  • Playmaker: Selbst wenn es einer Defense gelingt, Hill und Kelce phasenweise auszuschalten, haben die Chiefs noch immer Waffen dahinter - mal ganz davon abgesehen, dass Hill und Kelce auf ihrer Position ligaweit beide je ganz weit oben anzusiedeln sind. Dann gibt es eben einen Mecole Hardman, dessen Geschwindigkeit bei jedem Play ebenfalls ein Defense-Killer sein kann. Oder einen Sammy Watkins, der nicht die Nummer 2 oder gar der Top-Receiver sein muss. Er ist die dritte, vierte, fünfte Option im Passspiel und bekommt dementsprechend häufiger auch vorteilhafte Matchups. Titel in der heutigen NFL werden in der Offense gewonnen, diese Saison hat das eindrucksvoll untermauert. Und um dazu in der Lage zu sein, braucht man mehrere und unterschiedliche offensive Playmaker. Hier haben noch sehr viele Teams Nachholbedarf, während drei der besten Receiving Corps in der NFL (Buffalo, Tampa Bay, Kansas City) gerade in den Championship Games standen.
  • Flexibilität: Nur mit den entsprechenden Playmakern ist es möglich, offensiv flexibel aufzutreten. Gegen die Bills versuchte Mahomes nur einen einzigen Pass mit einer Target-Tiefe von mehr als 20 Yards, und der kam nicht einmal an. Weil Buffalo sich defensiv auf das vertikale Passspiel fokussierte, attackierte Kansas City eben Underneath und mit mehr Rollouts und Jet Sweeps nach außen. In der Red Zone gibt es eine Vielzahl an kreativen Play-Designs für diese Offense, und wenn ein Gegner mehr Man Coverage spielt und blitzt, hat Andy Reid in seinem Playbook ein ganzes Arsenal an gefährlichen Screen-Pässen. Die Fähigkeit, seine Offense an alles anpassen zu können, was die gegnerische Defense anbietet, macht Kansas City unheimlich schwer ausrechenbar.
  • In der Mitte liegt die Kraft: Man kann durchaus argumentieren, dass Kelce aktuell die gefährlichste Waffe in der Mitte des Feldes in der NFL ist. Und die Chiefs wissen, dass sie hier am meisten Schaden anrichten können, mal mit schnellen Comeback-Routes, mal mit tiefen Post-Routes, mal mit Hi-Lo-Konzepten. Das war auch gegen Buffalo eindrucksvoll zu sehen: Mahomes brachte laut Next Gen Stats bei In-Breaking-Routes neun von elf Pässen für 159 Yards und zwei Touchdowns an. Die 14,5 Yards pro Pass stechen die 6,1 Yards pro Pass bei allen anderen Routes deutlich aus.

Die Chiefs hatten bislang in der Mahomes-Ära 63 volle Playoff-Drives, Kneeldowns ausgeschlossen; bei diesen Drives verzeichnen sie im Schnitt (!) 3,75 Punkte, eine absurde Quote und ein ganz guter Hinweis darauf, was es braucht, um dieses Team zu stoppen: Allen voran eine Offense, die in einem Shootout mitgehen und 40 Punkte aufs Scoreboard bringen kann.

Die Bills haben viel zu wenig getan, um dieses Spiel zu gewinnen. Insbesondere die Offense blieb gegen eine extrem variable Chiefs-Defense, die exzellente Coverage spielte, viel zu blass. Coach Sean McDermott hätte außerdem klar sein müssen, dass Field Goals bei kurzen Fourth Downs tief in der gegnerischen Hälfte gegen die Chiefs nicht reichen würden.

Und doch war der zentrale Takeaway für mich die schiere Dominanz und Mühelosigkeit, mit der Kansas City auf alle Ansätze der Bills-Defense Lösungen fand und stets dort attackieren konnte, wo die Bills gerade eine Lücke offenbarten.

Diese Flexibilität auf derart hohem Level umsetzen zu können ist eine glasklare Eigenschaft einer Elite-Offense.