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Third and Long - der Mailbag zum Spieltag: Rookie-Watch und zu wenig Hype für die Steelers?

Die Steelers und Big Ben stehen bei 10-0.
© imago images / ZUMA Wire

Die Verletzung von Joe Burrow bestimmt die Schlagzeilen nach Woche 11 - was macht das mit der Rookie Watch? Außerdem: Welche Rolle spielen Defenses heutzutage noch? Rennt die AFC der NFC davon? Und müssten die Pittsburgh Steelers nicht eigentlich mehr Hype bekommen? SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet in seiner Kolumne Eure Fragen zum Spieltag.

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NFL Mailbag - Week 11 im Recap

Die Burrow-Verletzung und die NFL Rookie Watch nach Woche 11

Keine Frage: Die Verletzung von Joe Burrow am Sonntag war ein Tiefschlag.

Für Burrow selbst sowieso. Für Bengals-Fans, die nach mehreren relativ trostlosen Jahren endlich wieder Hoffnung hatten. Nun jedoch blicken Burrow und die Bengals erstmals auf eine ungewisse Zukunft. Im Normalfall müsste Burrow nach seinem Kreuz- und Innenbandriss zum Saisonstart wieder fit sein, aber garantiert ist das keineswegs, da eine Genesung nach solchen Verletzungen schon mal sechs bis acht Monate dauern kann, je nach Fall vielleicht sogar länger.

Aber irgendwo auch für die neutralen Beobachter der NFL insgesamt. Burrow kam mit einer enorm hohen öffentlichen Erwartungshaltung in die NFL, immerhin hatte er gerade eine der besten College-Saisons eines Quarterbacks aller Zeiten gespielt. Und mit Ausnahme des Ravens-Spiels in Woche 5 wurde Burrow dieser Erwartungshaltung gerecht, weit mehr als das.

Burrow trug seine häufig desolate Offensive Line, er glänzte gegen Pressure, er verteilte den Ball intelligent, er übernahm Protection-Verantwortungen aus den zahlreichen Empty Sets und man konnte ihm förmlich dabei zuschauen, wie er immer cleverer aus der Pocket wurde. Kurzum: Burrow hat nicht die physischen Möglichkeiten, die Justin Herbert hat, und sein gesamter Spielstil ist auch komplett anders. Aber in der Gesamtabrechnung hätte Burrow vor diesem Spieltag noch immer meine Stimme für den Offensive Rookie des Jahres erhalten.

Diese Debatte um zwei junge Quarterbacks, die in der bisherigen Saison jede Menge Spaß gemacht haben, fand mit Burrows Verletzung ein jähes Ende. Herbert dürfte für die meisten jetzt der klare Favorit auf den Award sein.

Aber wer könnte ihn noch herausfordern? Und wie sieht es auf der defensiven Seite des Balls vor dem Endspurt der Regular Season aus?

Die Rookie-Watch nach Woche 11, mit Fokus auf Kandidaten für die Auszeichnung zum Rookie des Jahres.

NFL Offensive Rookie of the Year - der weitere Ausblick

1. Justin Herbert, Quarterback, Los Angeles Chargers

Mein großes Problem mit Herbert habe ich bereits einige Male angesprochen. Es ist die Down-für-Down-Konstanz, das konstante Bewegen der Offense, lange, kontinuierliche Drives hinzulegen, die Defense auch mal im Kurzpassspiel zu sezieren. Darin sehe ich auch einen Grund dafür, dass die Chargers immer wieder eine hohe Führung aus der Hand geben: Herberts Big Plays sind absolut eindrucksvoll, was er als Rookie im vertikalen Passspiel zeigt, ist spektakulär.

Es wird schwer sein, das aufrecht zu erhalten, wenn wir in der kommenden Offseason über den Chargers-Ausblick sprechen - aber im Moment ist er eben eine Big-Play-Maschine, und das (fast) Woche für Woche. Und das trotz Pressure hinter einer oftmals ganz schwachen Offensive Line und eben auf der schwierigsten Position auf dem Platz.

Die spannendste Frage für mich ist hier fast, wie die Chargers um Herberts Qualitäten herum weiter bauen. Ähnlich wie bei Burrow ist auch hier eine verbesserte Offensive Line Pflicht. Und dann wird es spannend sein zu sehen, wo nach oben hin das Limit für Herbert ist.

2. Justin Jefferson, Wide Receiver, Minnesota Vikings

Der Hype um die Wide-Receiver-Klasse war im Vorfeld des vergangenen Drafts enorm und nach elf Spieltagen muss man sagen: er war mehr als gerechtfertigt.

Vielleicht nicht unbedingt erwartet hatten die meisten, mich definitiv eingeschlossen, Justin Jefferson an der Spitze dieser Klasse, was die Leistungen in der Rookie-Saison angeht. Herbert ist der Quarterback und der Schwierigkeitsgrad der Position sollte hier für mich schon berücksichtigt werden. Aber was Minnesotas Rookie-Receiver spielt, ist schon absolut herausragend.

Jefferson ist ein exzellenter Route-Runner, der eben nicht nur Lücken gegen Zone Coverage findet - das war im College oft genug zu beobachten - oder nur Underneath im Kurzpassspiel punktet, auch das machte sein LSU-Tape überdeutlich.

Jefferson wirft mit seinen vertikalen Routes und den Cuts an der Spitze der Route erfahrene Cornerbacks Woche für Woche komplett aus der Bahn, er kreiert im Schnitt fast exakt genau so viel Separation wie sein Teamkollege Adam Thielen und über 32 Prozent der Air-Yard-Targets der Vikings gehen zu Jefferson. Kein Rookie ist hier besser. Seine Catch-Quote von über 76 Prozent ist ebenfalls ein absoluter Top-Wert, nicht nur auf die Rookie-Receiver bezogen.

Die Vikings sind ein nicht unerhebliches Risiko eingegangen, indem man sich von Stefon Diggs schließlich - wenn auch zu einem fairen Preis - trennte und die Position ausschließlich mit einem Rookie besetzte. Nach den ersten elf Spieltagen scheint es, als würde sich dieses Risiko voll auszahlen.

3. Chase Claypool, Wide Receiver, Pittsburgh Steelers

Es ist in dieser Receiver-Klasse schwierig, die Plätze hinter dem alles überragenden Justin Jefferson zu füllen. Tee Higgins spielt eine sehr gute Saison, der Ausfall von Burrow dürfte aber auch ihn aus dem Rennen um den Award werfen. Denzel Mims hatte bei den Jets zuletzt einen sehr vielversprechenden Start in seine NFL-Karriere, verpasste zuvor allerdings die erste Saisonhälfte.

CeeDee Lamb in Dallas und auch Jerry Jeudy in Denver zeigen das enorme Potenzial, das sie auch im College bereits aufs Feld gebracht hatten; beide aber leiden unter Quarterback-Problemen, genau wie der ebenfalls starke Brandon Aiyuk in San Francisco. Michael Pittman wird nach seiner überstandenen Zwangspause mehr und mehr eine tragende Säule in der Colts-Offense und falls Indianapolis die Division gewinnt, könnte auch er hier noch klettern.

Ich habe mich letztlich für Claypool entschieden, einfach weil er eine derartige Big-Play-Waffe ist. Drei Touchdowns bereits bei Pässen über mindestens 20 Yards, er gewinnt regelmäßig Eins-gegen-Eins-Duelle und hat als Rookie direkt die Rolle des X-Receivers eingenommen, der Pittsburgh letztes Jahr so gravierend gefehlt hat. Schon jetzt gehen über 30 Prozent der Team-Air-Yard-Targets in Claypools Richtung und wenn man bedenkt, wie limitiert seine Rolle letztlich noch ist, könnten angesichts der physischen Möglichkeiten nach oben noch einige Entwicklungsstufen möglich sein.

Wer könnte noch aufholen? Tristan Wirfs, OT, Buccaneers; James Robinson, RB, Jaguars; Jedrick Wills, OT, Browns; Michael Onwenu, OT/OG, Patriots.

NFL Defensive Rookie of the Year - der weitere Ausblick

1. Chase Young, Edge, Washington Football Team

Young ging als haushoher Favorit auf diesen Award in die Saison, und niemand hat ihn so in den Schatten gestellt, dass sich das geändert haben dürfte. Im Gegenteil, man kann absolut argumentieren, dass Washingtons Pass-Rusher der beste Defense-Rookie dieser Saison ist, auch fernab aller Vorschusslorbeeren. Er ist nicht nur schon jetzt im Pass-Rush auffällig und kann generell mit seiner Physis Offensive Linemen in der NFL vor ernsthafte Probleme stellen.

Young ist auch gegen den Run stabil - und hatte sogar schon eine Handvoll Coverage-Snaps, die in Ordnung waren. Es wird schwer sein, ihn über die verbleibenden Wochen vom Thron zu stoßen, auch weil wenige Spieler derart konstant auffallen.

2. Julian Blackmon, Safety, Indianapolis Colts

Blackmon hat sich bei mir über die letzten Wochen nochmal nach oben geschoben. Auch gegen die Packers war er wieder auffällig, er passt perfekt in diese Colts-Defense. Ein extrem sicherer Tackler, wenn er aus seiner tiefen Rolle Run-Gaps ausfüllen muss, solide in Coverage. DeForest Buckner war das fehlende Puzzleteil für diese Defense, dabei bleibe ich - aber ohne Blackmon würde Indianapolis defensiv eine ganze Ecke schlechter aussehen.

3. Antoine Winfield, Safety, Tampa Bay Buccaneers

So etwas wie ein Abtasten oder eine "Warmlauf-Phase" sucht man bei Antoine Winfield vergebens - in seinem Spiel, aber auch generell mit Blick auf seine Rookie-Saison. Der 22-Jährige schlug von Anfang an ein wie eine Rakete, und auch wenn die Bucs ihn nicht mehr ganz so gut als Blitzer einsetzen wie zu Saisonbeginn: Winfield ist unheimlich physisch gegen den Run und passt perfekt in die Defense von Todd Bowles. Trotzdem ist es für mich auch hier eine klare Hackordnung, Blackmon hat Winfield über die vergangenen Wochen überholt.

Wer könnte noch aufholen? Derrick Brown, DT, Panthers; A.J. Terrell, CB, Falcons; Isaiah Simmons, LB, Cardinals.