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Third and Long - der Mailbag zum Spieltag: Browns, Dolphins, Ravens: Wer kommt in die AFC-Playoffs?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet jeden Dienstag eure Fragen zum Spieltag.
© getty

In der AFC hat sich nach Woche 10 ein sehr breites Mittelfeld versammelt - wer schafft aus dieser Gruppe den Sprung in die Playoffs, welchen Teams bleibt nur die Zuschauerrolle? Außerdem: Die Hackordnung in der NFC, das MVP-Rennen und Coaches, deren Stuhl deutlich mehr wackelt als vor Saisonstart gedacht. SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet in seiner Kolumne Eure Fragen zum Spieltag.

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NFL Mailbag - Week 10 im Recap

Dolphins, Ravens, Titans, Browns: Playoff-Rennen in der AFC

Das Playoff-Bild spitzt sich nach Woche 10 zunehmend zu, und während es in der NFC eher innerhalb der Divisions zur Sache geht, ist es in der AFC ein Playoff-Picture-Gesamtkunstwerk.

Insbesondere im oberen Mittelfeld ist die AFC deutlich breiter besetzt als die NFC, allein dadurch, dass es keine Totalausfall-Division wie die NFC East gibt. Und auch in der NFC North drängt sich abgesehen von den Packers kein Playoff-Team auf, was das Bild insgesamt vergleichsweise klarer macht.

Das AFC Playoff Picture nach Woche 10:

TeamBilanzAktueller Platz im AFC-Playoff-Rennen
Pittsburgh Steelers9-0Nummer-1-Seed, Platz 1 in der AFC North
Kansas City Chiefs8-1Nummer-2-Seed, Platz 1 in der AFC West
Buffalo Bills7-3Nummer-3-Seed, Platz 1 in der AFC East
Indianapolis Colts6-3Nummer-4-Seed, Platz 1 in der AFC South
Las Vegas Raiders6-3Nummer-5-Seed, Platz 2 in der AFC West
Miami Dolphins6-3Nummer-6-Seed, Platz 2 in der AFC East
Baltimore Ravens6-3Nummer-7-Seed, Platz 2 in der AFC North
Cleveland Browns*6-3Nummer-8-Seed, Platz 3 in der AFC North
Tennessee Titans*6-3Nummer-9-Seed, Platz 2 in der AFC South

*Nur sieben Teams (vier Division-Sieger, drei Wildcards) kommen in die Playoffs. Cleveland und Tennessee wären nach aktuellem Stand dementsprechend nicht in der Postseason mit dabei.

In der AFC dagegen sind zwei Punkte erwähnenswert: Es gibt zwei glasklare Division-Favoriten, mit den Steelers im Norden und den Chiefs im Westen. Die Bills bleiben zudem für mich der Favorit im Osten, auch wenn Miami hier die Lücke beachtlich schloss. Dahinter aber ist sehr viel offen, und nach Woche 10 umso mehr.

Damit gilt es also, drei Wildcard-Tickets sowie das Rennen in der AFC South einzuordnen.

  • Indianapolis Colts: Mit dem Sieg in Tennessee haben sich die Colts in eine exzellente Ausgangslage gebracht. Die Colts könnten in zwei Wochen zuhause den Titans-Sweep perfekt machen, und wären dann in der Pole Position für den Division-Titel. Auch machbare Spiele wie gegen Jacksonville und zwei Mal gegen Houston stehen noch auf dem Programm. Indianapolis hat eine hohe Base Line, dadurch, dass die Colts defensiv sehr sicher agieren, aber auch mal Spiele dominieren können, wie gegen die Titans und vereinzelt gegen die Ravens gerade zu sehen war. Und offensiv hat man nach wie vor den Eindruck, dass die Colts noch längst nicht ihr volles Potenzial aufs Feld bringen. Hier könnte sogar eine Steigerung möglich sein. Predicition: Playoff-Platz als Division-Sieger.
  • Las Vegas Raiders: Die Raiders haben sich mit den jüngsten Siegen in eine sehr gute Ausgangslage gebracht: Las Vegas steht 3-0 in der eigenen Division und 4-2 in der AFC, es ist von all den 6-3-Teams die beste Conference-Bilanz. Das könnte sich mit dem Rückspiel gegen die Chiefs in der kommenden Woche bereits ändern, doch danach ist der Schedule sehr machbar: Atlanta, die Jets, die Chargers und die Broncos warten unter anderem noch, mit zudem direkten Duellen gegen Indianapolis und Miami. Die Raiders sind gerade offensiv ein sehr unangenehmes Team und hatten zuletzt auch einige bessere Auftritte der eigenen Defense. Prediction: Playoff-Platz als Wildcard-Team.
  • Miami Dolphins: Ich hatte es Montag bereits geschrieben, die Dolphins sind ein absolut unangenehmes Team, weil sie aktuell in allen drei Mannschaftsteilen Probleme bereiten und punkten können. Return-Touchdowns, geblockte Punts, defensive Scores; das ist keine langfristig stabile Erfolgsformel, im Moment funktioniert es aber für die Dolphins und, dass die Defense dominant sein kann, steht außer Frage. Unter dem Strich sehe ich die Dolphins und ganz konkret die Offense um Tua noch nicht ganz so weit, und der Schedule ist auch hart. Buffalo, Kansas City, die Raiders, die Patriots - ich sehe Miami am Ende eher bei neun Siegen und knapp außerhalb der Postseason. Prediction: Kein Playoff-Platz.
  • Baltimore Ravens: Der Schedule sollte den Ravens helfen. Dallas, Jacksonville, die Giants und Bengals warten da unter anderem noch, allein vier Siege hier könnten schon reichen für die Wildcard und es gehört nicht allzu viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass Baltimores Defense die Ravens in diesen Spielen trägt. Die erste klare Weichenstellung ist aber bereits in der kommenden Woche gegen die Titans. Hier könnte Baltimore einen direkten Konkurrenten distanzieren, seine magere Conference-Bilanz (4-3) aufbessern und sich für den Schlussspurt in Position bringen. Prediction: Playoff-Platz als Wildcard-Team.
  • Tennessee Titans: Wirklich viel Grund für Optimismus geben die Titans aktuell nicht. Die Offense ist inkonstant, die Defense viel zu anfällig. Und trotzdem sehe ich noch ein gewisses explosives Ceiling mit diesem Team, die Offense bringt eine gewisse Erfahrung mit und die Defense wurde mit Desmond King schon jetzt merklich aufgewertet. Sehen wir irgendwann auch noch Adoree' Jackson? Das wäre auf jeden Fall hilfreich. Jacksonville, Detroit und Houston sind die Must-Wins, und dann gilt es, über die kommenden drei Wochen gegen Baltimore, Indianapolis und Cleveland die Weichen zu stellen. Hier sind zwei Siege mehr oder weniger Pflicht. Prediction: Playoff-Platz als Wildcard-Team.
  • Cleveland Browns: Wenn bei den Browns alles zusammenläuft - im wahrsten Sinne des Wortes - dann kann Cleveland absolut ins Rollen kommen. Das betrifft eben insbesondere das Run Game, und wenn die Browns Spiele auf diesem Weg kontrollieren können, können sie viele Teams ärgern. Aber wenn dieser Plan A nicht klappt, sehe ich weiter zu viele Wackler bei Baker Mayfield und zu viele mögliche Schwachstellen in der Defense, so gut Myles Garrett auch spielt. Immerhin: Mit noch ausstehenden Spielen gegen die Titans und Ravens kann Cleveland sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Jacksonville, die Giants und die Jets sind dann Pflichtsiege, will man in die Postseason. Prediction: Kein Playoff-Platz.

Prediction-Zusammenfassung: Neben den Division-Siegern Pittsburgh, Kansas City, Indianapolis und Buffalo lösen die Raiders, Baltimore und als Playoff-"Schlusslicht" Tennessee die drei Wildcard-Tickets. Browns und Dolphins verpassen die Postseason knapp.

Simon, davey: Wie schätzt du den Trade für Jamal Adams mittlerweile ein?

Es ist generell ein hohes Risiko, derart große Ressourcen in einen individuellen Nicht-Quarterback - selbst in einen Elite-Verteidiger - zu investieren.

Es sind nicht nur die First-Round-Picks, sondern durch die Umstände eben auch die Tatsache, dass Seattle Adams mit diesem teuren Trade mehr oder weniger mit einem Blankoscheck an den Verhandlungstisch für den neuen Vertrag gesetzt hat. Wir haben die Situation gerade mit den Bears, und während Khalil Mack die Bears-Defense auf eine Art und Weise transformiert hat, von der Jamal Adams in Seattle noch ein gutes Stück entfernt ist, steht Chicago in puncto Roster-Building vor einer Herkulesaufgabe.

Die Argumentation für den Adams-Trade im Sommer war maßgeblich darauf aufgebaut, dass die Seahawks, im Gegensatz zu den Bears, definitiv einen Elite-Quarterback und damit auch ein potenziell immer geöffnetes Titelfenster haben. Adams also gewissermaßen als "finales Puzzleteil" - und schon da muss man eigentlich kritisch hinterfragen. In wie weit kann ein Safety das überhaupt sein? Kann Jamal Adams überhaupt dem hohen Preis gerecht werden, den Seattle für ihn zahlen musste?

Schon hier tendiere ich klar zu einem Nein. Diesen Standpunkt hatte ich bereits im Sommer ausführlicher dargelegt, und das aus verschiedenen Blickwinkeln. Die im Trade aufgegebenen Draft-Ressourcen sind schlicht enorm und so verhindert Seattle, dass neues Talent nachkommt. Dazu kommt die generelle defensive Inkonstanz in der NFL, zusätzlich zu der Erkenntnis, dass Defenses deutlich mehr von der Qualität in der Breite, nicht der Qualität in der Spitze abhängig sind.

Vor allem aber: Die gesamte Argumentation damals beruhte noch auf der Annahme, dass Adams' Value in Seattle zumindest maximiert wird. Dass er der Elite-Spieler sein wird, der er 2018 und 2019 bei den Jets war und, dass er defensiv eine absolute Säule sein wird.

Bislang ist aber nicht einmal das der Fall. Und ja, das ist mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, immerhin ist die Sample Size noch sehr klein, da Adams fast die Hälfte der bisherigen Saison verletzt verpasst hat. Aber was sich weitestgehend durchzieht, ist die Tatsache, dass Adams extrem anfällig in Coverage ist und das in einem Ausmaß, dass Offenses ihn gezielt attackieren. Er ist kein tiefer Safety, er ist vor allem rund um die Line of Scrimmage zuhause und das allein reduziert seinen sportlichen Wert.

Seine beste Rolle bisher scheint als eine Art blitzender Box-Freelancer zu sein, der wie eine Art freie Variable agiert. Das aber ist vielleicht ein gutes Paket für einige spezifische Situationen in einer Partie - aber nicht als generelle Idee, wie man sein neuestes ultra-teures Prunkstück einsetzen kann. Da muss noch deutlich mehr kommen, von beiden Seiten.