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Third and Long Week 8 - der Mailbag zum Spieltag: MVP, Rookies und Co.: Die Awards zur Saison-Halbzeit

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Die erste Saisonhälfte geht zu Ende: Das Playoff-Bild nimmt klarere Formen an, auch die individuell herausragenden Spieler dieser Saison lassen sich zunehmend deutlich abgrenzen. SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet in seiner Kolumne Eure Fragen zum Spieltag - diese Woche mit den Awards zur Saison-Halbzeit, möglichen Playoff-Überraschungen, Packers-Frust - und gehen die Jets tatsächlich 0-16?

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Die Awards zur Saison-Mitte: MVP, Rookies und Co.

Mit dem kommenden Sonntag macht der NFL-Kalender den Schritt in die zweite Saisonhälfte - und auch wenn noch vieles offen ist, ein paar Dinge lassen sich doch schon mit Gewissheit sagen.

Die Jets sind schlecht, die Jaguars ebenfalls. Die Chiefs, Seahawks und Buccaneers gehören zum engsten Kreis der Titelanwärter, die Chargers und Bengals dürfen auf ihre Quarterback-Auswahl im diesjährigen Draft mit sehr viel Optimismus zurückblicken und die NFC East ist die mit weitem Abstand schwächste Division der Liga.

Aber wie steht es um die individuellen Awards? Wie gestaltet sich das Favoritenfeld für die MVP-Auszeichnung, welche Rookies überzeugen ganz besonders? Und wer könnte in der zweiten Saisonhälfte das Feld vielleicht von hinten aufrollen?

Halbzeit-Award: MVP

Der Pick: Russell Wilson, QB, Seattle Seahawks

Das Cardinals-Spiel war der erste Kratzer in einer ansonsten fast makellosen Saisonhälfte für Russell Wilson. Dazu aber ein übergreifender Gedanke: Beim MVP-Award - für den in der heutigen NFL für mich per se quasi ausschließlich Quarterbacks in Frage kommen, zu wichtig ist die Position im Vergleich mit allen anderen Positionen - geht es ja nicht zwangsläufig darum, wer vielleicht um ein paar Nuancen besser spielt. Wenngleich ich auch in diesem Ranking Wilson weiter auf Position 1 hätte, aber man könnte dabei inzwischen definitiv auch etwa wieder über Mahomes diskutieren.

Für mich eine ganz zentrale Frage beim MVP-Award lautet: Um wie viel schlechter wäre das Team, wenn man den Spieler herausnehmen würde? Und während selbstredend die Chiefs ohne Mahomes um mehrere Stufen abrutschen würden, wären sie definitiv kompetitiver als dieses Seahawks-Team ohne Russell Wilson.

Dieses Seahawks-Team mit einer extrem wackligen Secondary, ohne Pass-Rush, einer bestenfalls durchschnittlichen Offensive Line. Ja, Seattle hat die beiden Elite-Receiver, aber wie Cowboys-Fans gerade schmerzhaft merken, braucht es dafür auch einen Quarterback, um die vernünftig einzusetzen.

Ich sehe aktuell in der NFL kein Team, das mit dem Verlust eines Spielers einen größeren Dropoff erleiden würde als Seattle mit Wilson. Ein Elite-Deep-Passer, der Offense kreieren kann und der in dieser Saison endlich auch die Wagenschlüssel anvertraut bekam. Aktuell ist kein Spieler wertvoller.

Im Rennen dahinter: Aaron Rodgers (QB, Packers), Patrick Mahomes (QB, Chiefs), Tom Brady (QB, Buccaneers)

Halbzeit-Award: Offensive Player of the Year

Der Pick: Davante Adams, WR, Green Bay Packers

Gut möglich, dass hier am Ende auch ein Quarterback steht. Vielleicht auch der MVP selbst. Und natürlich könnte man für die vier oben genannten Quarterbacks an diesem Spot argumentieren.

Vielleicht nutzen die Stimmberechtigten allerdings diesen Award auch wieder, um andere Positionen herauszustellen - und das wären in dem Fall für mich ganz klar die Wide Receiver. DeAndre Hopkins steht nach sieben Spielen in Arizona bei 70 Targets, von denen er absurde 81 Prozent für über 700 Yards gefangen hat. DK Metcalf ist auf bestem Wege, sich als ligaweiter Top-3-Receiver zu etablieren und beispielsweise Calvin Ridley hat in Atlanta endgültig den Sprung zum Top-Receiver geschafft, während Robby Anderson der Motor der Panthers-Offense ist.

Dennoch würde ich einen Receiver noch minimal über den Rest packen, und das ist Green Bays Davante Adams. Sieben Touchdowns in fünf Spielen, Adams ist ein Top-3-Receiver in puncto Release, Route-Running und Catch-Sicherheit. Und er ist der glasklare Mittelpunkt der Packers-Offense. Das wissen auch Defenses, was Rodgers aber nicht daran hindert, pro Spiel über zehn Bälle in Adams' Richtung zu werfen.

Im Rennen dahinter: DK Metcalf (WR, Seahawks), DeAndre Hopkins (WR, Cardinals)

Halbzeit-Award: Defensive Player of the Year

Der Pick: Aaron Donald, DT, L.A. Rams

Welche Superlative soll man über Donald noch auspacken? Donald hat 48 Quarterback-Pressures, kein anderer Verteidiger steht bei über 40. Er hat zehn Sacks, auch das bedeutet Platz 1 in der NFL. Und all das - weitestgehend - aus einer Interior-Position. Ganz nebenbei ist er auch einer der besten Run-Stopper in der NFL und hat auch schon wieder zwei Forced Fumbles auf dem Konto.

Donald ist der dominanteste Verteidiger in der NFL. Das soll nichts von den spektakulären Saisons weg nehmen, die T.J. Watt, Myles Garrett oder auch Joey Bosa spielen. Aber die Realität ist einfach: Solange Donald auf diesem Level spielt, kommt kein anderer Verteidiger an ihn ran.

Im Rennen dahinter: T.J. Watt (Edge, Steelers), Myles Garrett (Edge, Browns)

Halbzeit-Award: Offensive Rookie of the Year

Der Pick: Joe Burrow, QB, Cincinnati Bengals

Herbert hat die Highlights, Burrow spielt die Position besser. Und nicht nur das, Burrow spielt insgesamt bereits Quarterback auf einem Level, das man von einem Rookie nicht erwarten würde oder sollte. Erst recht nicht, wenn dieser Rookie hinter einer weitestgehend desolaten Offensive Line spielen muss.

Burrow bewegt sich gut in der Pocket, die diese Beschreibung zu häufig nicht verdient, er ist schon jetzt einer der effizienteren Intermediate-Passer in der NFL und kann die Offense konstant bewegen. Das ist für mich der große Unterschied zu Herbert, der zwar absolut spektakulär Downfield und gegen Pressure spielt, weshalb diese vertikale Offense auch trotz der ebenfalls miesen Chargers-O-Line funktioniert - aber Herbert hat nicht die Down-für-Down-Konstanz, die Burrow bereits hat.

Ich hatte ohnehin hohe Pre-Draft-Erwartungen an Burrow und muss nach der ersten Saisonhälfte sagen, dass er diese in seiner Rookie-Saison bislang übertrifft. Wenn die Bengals die nächsten beiden Offseasons in puncto Offense-Investments richtig angehen, wird Cincinnati sehr bald ein ernstzunehmender Gegner für den Division-Titel und mehr sein.

Der Sprung vom College in die NFL ist vermutlich für keine Position schwieriger als für die Quarterbacks, was es umso eindrucksvoller macht, wenn ein Joe Burrow oder ein Justin Herbert direkt in der NFL einschlägt. Dabei sollte aber nicht unter den Tisch fallen, dass Justin Jefferson eine herausragende Saison in Minnesota spielt.

Im Rennen dahinter: Justin Herbert (QB, Chargers), Justin Jefferson (WR, Vikings), Michael Onwenu (OL, Patriots)

Halbzeit-Award: Defensive Rookie of the Year

Der Pick: Chase Young, Edge, Washington Football Team

Hier habe ich mit am längsten geschwankt. Winfield spielt eine fantastische Saison, passt wie erwartet ideal in die Defense von Todd Bowles und hat dort auch schon seinen fixen Platz als Allzweckwaffe. Er wird als Blitzer eingesetzt, ist bereits ein verlässlicher Run-Defender und in Coverage sehr solide. Winfield könnte hier in der zweiten Saisonhälfte sehr gut die Pole Position übernehmen, ein möglicher Dark-Horse-Kandidat ist Jeremy Chinn, der in der Panthers-Defense seit Woche 1 eine ultra-vielseitige Rolle einnehmen muss und die immer besser meistert.

Aber zumindest für den Moment spielt Young einfach nochmal auf einem anderen Level, auch wenn es vielleicht ein wenig untergeht, da er einerseits in Washington spielt, andererseits aber auch schon zwischenzeitlich angeschlagen fehlte. 14 Quarterback-Pressures sind die Pole Position unter allen Rookies, ganz nebenbei ist er aber auch einer der besten Run-Stopper unter den Rookies bislang. Young war ein Elite-Prospect, und er ist auf bestem Wege, diesen Weg auch einzuschlagen.

Im Rennen dahinter: Antoine Winfield (S, Buccaneers), Julian Blackmon (S, Colts)

Fabian Held: Fast die halbe Saison ist rum: Welche Teams können uns mit Blick auf die Playoffs noch überraschen?

Tatsächlich gestaltet sich das Playoff-Bild ja schon relativ klar - zumindest wirkt es so. Die Steelers, Chiefs, Bills und Ravens sollten es schaffen, Cleveland und je nachdem, wer zwischen Colts und Titans die AFC South nicht gewinnt haben die Pole Positions im Rennen um die Postseason-Tickets in der AFC.

In der NFC dürften zwei Tickets in den Süden (Saints und Bucs) sowie mindestens zwei Tickets in den Westen gehen, mit Seattle als Favorit auf den Division-Titel und Arizona sowie L.A. dahinter. Das schwächere NFC-West-Team dürfte mit den Chicago Bears das finale Wildcard-Ticket unter sich ausmachen. Einzig die NFC East mit all ihren zahlreichen Problemen ist noch völlig offen. Klar ist natürlich, dass hier nur der Division-Sieger auch tatsächlich Postseason-Football spielen wird.

Also, wer könnte in der zweiten Saisonhälfte noch überraschen und einige Playoff-Karten neu mischen?

  • Las Vegas Raiders: Die Raiders sind zumindest offensiv ein unangenehmes Team. Hinter einer guten Offensive Line kann Las Vegas den Ball laufen und Derek Carr hat gezeigt, dass er sehr wohl auch mehr vertikal gehen kann. Die Raiders verzeichnen offensiv genauso viele Yards pro Play wie die Bucs - die Defense ist eben ein riesiges Problem. Doch mit einem 4-3-Record ist das Team von Jon Gruden definitiv in Lauerstellung, und den direkten Vergleich gegen Cleveland hat man gerade für sich entschieden.
  • Washington Football Team: Die Eagles mit einer Offense, die zumindest noch ein wenig gesünder werden sollte sowie einer funktionalen Defense sind für mich schon der Favorit auf die Division - auch wenn der Auftritt gegen dieses desolate Cowboys-Team wirklich keine Werbung war. Vielleicht ist es am Ende Washington, das hier überrascht. Mit einer wirklich guten Defense und einer Offense, die bislang längst nicht so weit weg ist von der der Eagles, wie es vielleicht sein sollte. Kann die Defensive Front Washington so weit tragen? Dass Philly in der zweiten Saisonhälfte mit der Division davon rennt, vermute ich jedenfalls nicht.
  • Miami Dolphins: Hier ist ein echter potenzieller Überraschungskandidat! Das Tua-Debüt ist für mich kaum zu bewerten, zu absurd war der Spielverlauf und zu wenig hat Tua selbst überhaupt gemacht. Aber was sich festhalten lässt, ist, dass die Defense gerade gegen den Pass seit einigen Wochen schon auf einem sehr guten Weg ist - der Auftritt gegen die Rams unterstrich das eindrucksvoll. Miami steht bei 4-3, die Dolphins sind weiter mittendrin im Rennen, zumindest um eine Wildcard. Und ein Blick auf den Schedule legt nahe, dass neun Siege keinesfalls undenkbar sind. Womöglich wird das direkte Matchup gegen die Raiders in Woche 16 eine Art Wildcard-Ticket-Duell.