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Power Ranking nach Woche 8: Wer ist hier überhaupt der Favorit?

SPOX-Redakteur Adrian Franke zieht sein Zwischenfazit: Das Power Ranking nach Woche 8.
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8. Arizona Cardinals (5-2)

Platzierung nach Woche 4: 17.

Was genau sind die Cardinals? Ist Arizona ein legitimer Playoff-Kandidat? Vielleicht sogar mehr? Oder täuschen die fünf Siege eher darüber hinweg, dass die Cardinals noch immer ein inkonstantes Team sind. Der Sieg gegen Seattle hat vor allem eine Sache gezeigt: Die Cards als Team haben sich mental definitiv weiterentwickelt. Und: Vance Joseph steigerte sich in dieser ersten Saisonhälfte merklich. Aus einer sehr simplen, zurückhaltenden Defense ist inzwischen eine Unit geworden, die deutlich vielseitiger und mutiger mit ihren Blitz- und Pressure-Paketen auftritt, und in der insbesondere Budda Baker herausragt. Die Defense hat den Sprung aus dem Liga-Keller ins obere Mittelmaß geschafft, und das ist bereits ein großer Fortschritt. Die Inkonstanz aber betrifft vor allem die Offense: Kyler Murray ist aktuell einer der größten X-Faktoren in der Liga - auch, weil er so viel Schaden als Scrambler anrichtet. Aber wie konstant ist das aufrecht zu erhalten? Die Offensive Line spielt sehr gut, und Arizona hat über die vergangenen Wochen den Willen gezeigt, die Passing-Offense vertikaler aufzuziehen. Wenn die Offense klickt, macht sie jede Menge Spaß - und ist gefährlich.

7. Baltimore Ravens (5-2)

Platzierung nach Woche 4: 4.

Die Ravens haben eine Elite-Defense, mindestens Top-3 ligaweit - eine Defense, mit der man Spiele diktieren und Spiele gewinnen kann, und der Trade für Yannick Ngakoue macht Baltimore nochmal deutlich gefährlicher. Ngakoue ist kein Elite-Pass-Rusher, aber wenn er in der aggressiven Blitzing-Defense der Ravens konstante Eins-gegen-Eins-Duelle bekommt und das noch in einer Situation, in der er häufiger mit eigener Führung im Rücken auf Quarterback-Jagd gehen kann, dann wird Ngakoue auch Matchups gewinnen und Plays machen. Um diese Seite des Balls muss man sich keine Sorgen machen - sehr wohl aber um die andere. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie die Ravens selbst gegen Pittsburgh den Ball laufen konnten; und dennoch ist das Run Game nicht auf dem historischen Level der Vorsaison, und das konnte auch niemand erwarten. Parallel aber hat auch Lamar Jackson als Passer Rückschritte gemacht, und in fast jedem Spiel, in dem die Ravens mehr über das Passspiel kommen wollten oder mussten, offenbarte Jackson aus der Pocket heraus doch deutliche Defizite. Jackson spielt überhastet in der Pocket, er verfehlt Receiver und dass Baltimore Defenses mit dem Outside-Passing-Game häufig so gar nicht bedroht, hilft dabei nicht. Die Offensive Line ist dabei merklich wackliger als letztes Jahr, und jetzt wird mit Left Tackle Ronny Stanley noch der beste Spieler dieser Line den Rest der Saison verletzt verpassen. Das wird sich definitiv bemerkbar machen. Baltimores Offense ist immer noch gefährlich, aber ist sie gut genug für die ganz hohen Ziele?

6. New Orleans Saints (5-2)

Platzierung nach Woche 4: 11.

Sind die Saints ein ernsthafter Top-Titelanwärter? So wirklich einfach ist es noch nicht, diese Frage zu beantworten. Zu viele Spiele ohne Emmanuel Sanders und Michael Thomas, und dann ist es doch wieder eindrucksvoll, mit welcher Kurzpass-Präzision Drew Brees zuletzt wieder auftrat - in einigen Spielen waren sogar auch mehr vertikale Elemente zu sehen. Eindrucksvoll ist auch das, was Alvin Kamara leistet, wenn er wieder bei einem langen Third Down den Checkdown von Brees mit jeder Menge Hoffnung bekommt. Die Offensive Line ist nach wie vor sehr gut, und man darf erwarten, dass die Offense insgesamt nochmal ein anderes Level hat, wenn die beiden Receiver wieder gemeinsam auf dem Feld stehen. Aber wie groß wird dieser Sprung sein? Und im gleichen Gedankengang: Wie viele Fehler der eigenen Defense müssen die Saints mit ihrer Offense ausgleichen? Zumindest der Pass-Rush hat sich zuletzt stabilisiert, die Rückkehr von Marcus Davenport war da ein sehr spürbarer Faktor. Aber die ganze Secondary ist problematisch, und das schließt längst auch Nummer-1-Corner Marshon Lattimore mit ein.

5. Green Bay Packers (5-2)

Platzierung nach Woche 4: 2.

Das Debakel gegen die Bucs dürfte noch eine ganze Weile als Thema über dieser Packers-Saison schweben - denn es gibt nicht allzu viele Möglichkeiten, um die Eindrücke aus dieser Partie wieder gerade zu rücken. Die 49ers in dieser Woche wären noch am ehesten ein Kandidat, aber wirklich aggressive, das Tempo diktierende Defenses sucht man im weiteren Packers-Schedule vergebens. Insofern bleibt die Frage im Raum, ob Green Bays Offense funktioniert, wenn es in den Playoffs dann wieder gegen gefährlichere Defenses geht. Und so bleibt auch ein Beigeschmack, wenn man die Packers-Offense lobt - doch loben muss man sie: Die Offensive Line spielt sehr gut, und wenn Rodgers eine saubere Pocket hat, zerlegt er Defenses. Davante Adams ist ein Top-5-Receiver, mindestens, und Matt LaFleur als Play-Caller ist eine der großen Überraschungen dieser Saison. Aber, ähnlich wie bei mehreren anderen Teams auch innerhalb der Spitzengruppe, gibt es große Baustellen bei der Defense. Jaire Alexander ist hier von jeder Kritik auszunehmen, ansonsten aber gibt es jeder Menge Fragezeichen in Coverage, die noch deutlicher werden, weil der Pass-Rush nicht ansatzweise auf dem Vorjahres-Level ist. Und die Run-Defense ist einfach schon wieder ein großes Problem und kostete Green Bay das Spiel gegen Minnesota.

4. Pittsburgh Steelers (7-0)

Platzierung nach Woche 4: 9.

Wie weit kann der Pass-Rush die Steelers wirklich bringen? Würde man die zweite Steelers-Saisonhälfte unter eine große Überschrift setzen wollen, vermutlich wäre es etwas in dieser Richtung. Und in gewisser Weise würde es einem vergleichsweise kompletten Kader nicht gerecht, aber wenn wir vom High-End-Potenzial für diese Steelers-Saison sprechen, dann muss man mit der Defensive Line anfangen. Denn das ist ohne jeden Zweifel die Elite-Qualität dieses Teams. Die Offense fungiert eher als Komplementär-Stück dazu, mit einem kontrollierenden Ansatz, aufgezogen über das Kurzpassspiel, aber auch klaren Limitierungen: Wenn eine Defense das häufig über ISO-Routes aufgebaute Passspiel stoppen kann, wie gegen Baltimore zu beobachten war, ist sehr schnell sehr viel Sand im Getriebe. Und generell ist der Spielraum für Fehler einfach klein und dass sie wenn nötig offensiv einen Schalter umlegen können, haben sie zumindest bisher noch nicht gezeigt. Das macht die Steelers wackliger, als der 7-0-Record mit den jüngsten Siegen gegen die AFC-Konkurrenz nahelegen würde. Und dennoch sind sie aktuell der Nummer-1-Herausforderer für die Chiefs in der AFC.

3. Seattle Seahawks (6-1)

Platzierung nach Woche 4: 3.

Bei 27 von 45 Dropbacks blitzten die Seahawks am Sonntag Jimmy Garoppolo beziehungsweise Nick Mullens - war das ein spezifischer Game Plan gegen die 49ers, oder ist es eine Trendwende in der Herangehensweise in Seattle? Der Trade für Dunlap sollte im Pass-Rush ein wenig helfen, aber eher Kategorie Tropfen auf den heißen Stein. Mit einer zuletzt zumindest vereinzelt stabilisierten Secondary sowie der Rückkehr von Jamal Adams könnte es allerdings auch von der defensiven Grundausrichtung her in eine andere Richtung gehen, und vielleicht wäre das dann auch eine Chance für zumindest mehr defensive Big Plays. Big Plays sind auf der anderen Seite des Balls the Name of the Game: Bei Pässen über mindestens 20 Yards Downfield steht Russell Wilson dieses Jahr bei 604 Yards, neun Touchdowns und einer Interception. Die Offensive Line ist nicht ideal, aber auch weit vom Liga-Keller entfernt. Ein besseres Wide-Receiver-Duo als Seattle hat aktuell zudem niemand, und was es heißt, wenn ein Gegner nur je einen der beiden Receiver ausschalten kann, haben die letzten beiden Spiele gegen Arizona und San Francisco eindrucksvoll gezeigt. Auf der wichtigsten Position spielt derzeit außerhalb von Kansas City zudem keiner auf dem Level von Russell Wilson.

2. Tampa Bay Buccaneers (6-2)

Platzierung nach Woche 4: 8.

Die Bucs sind aktuell das kompletteste Team in der NFL. Tampa hat eine Top-3-Defense, und man kann sehr gut argumentieren, dass es sogar die Nummer 1 ist. Die Bucs haben eine individuell gut besetzte Defensive Line, einen der besten Linebacker der Liga in Lavonte David, und gute Argumente dafür, inzwischen die beste Secondary der Liga zu stellen. Carlton Davis und Jamel Dean sind potenziell das beste Corner-Duo der Liga, und wenige Safeties machen mehr Spaß als Rookie Antoine Winfield. Dass Tampa diese individuelle Qualität dann für einen extrem aggressiven, "wir zwingen die Offense in die reagierende Rolle"-Ansatz nutzt, macht das Gesamtprodukt umso gefährlicher. Und dann reden wir noch nicht einmal über die Offense: Die Offensive Line ist in Ordnung, das Waffenarsenal eines der besten der Liga - und wirklich fit haben wir alle gemeinsam auf dem Feld noch nicht einmal gesehen. Brady spielt weitestgehend herausragend, einzig das eher statische, eindimensionale Play-Calling bleibt ein Dorn im Auge. Gegen die Giants wäre es einmal mehr auch deshalb fast schief gegangen.

1. Kansas City Chiefs (7-1)

Platzierung nach Woche 4: 1.

Es ist weiterhin schwieriger, die Chiefs herabzustufen als sie zu kritisieren. Es zieht sich wie ein roter Faden durch diese Saison, dass man von Kansas City im Passspiel gerne mehr sehen würde - gleichzeitig allerdings kann man darauf immer wieder antworten: Sie mussten eben meist nicht mehr machen, und wenn sie einen Schalter umlegen mussten - oder, wie gegen die Jets, offensichtlich wollten -, dann konnten sie es meist auch. Die Pass-Protection wäre der eine Punkt, den man offensiv im Auge behalten sollte, wenn es dann Richtung Januar geht. Ansonsten aber ist es weiter die gefährlichste Offense der Liga. Einen maßgeblichen Grund dafür, dass sie das bislang häufig nicht zeigen mussten, liefert derweil die andere Seite des Balls: Kansas City hat eine Top-10-Defense, weil sie den Pass inzwischen konstant gut verteidigt. Chris Jones ist einer der besten Pass-Rusher und Verteidiger insgesamt in der NFL, die Cornerbacks spielen gut, die Safeties sind ohnehin die vielleicht größte Stärke dieser Defense und Rookie-Linebacker Willie Gay drängt sich für mehr Snaps auf. Die Chiefs haben den Schritt hin zu einem kompletten Team gemacht, und dass sie offensiv bisher für ihre Verhältnisse so "durchschnittlich" spielen können, sollte dem Rest der Liga Angst machen. Weiter mein klarer Titelfavorit.

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