NFL

Third and Long: Das All-Pro-Team 2019

SPOX-Redakteur Adrian Franke kürt sein All-Pro-Team 2019!
© getty

Es ist so weit: Die Regular Season 2019 ist Geschichte! Woche 17 hatte mit dem Herzschlag-Finale in Seattle, dem leidenschaftlichen Sieg der Eagles und der überraschenden Pleite der Patriots nochmal einiges zu bieten - Redakteur Adrian Franke zieht sein erstes Saison-Fazit: Das SPOX All-Pro Team 2019 ist gekürt! Außerdem: Ein erster Blick auf die vier Spiele am Wildcard-Wochenende - mit einem Schlüsselmatchup für jede Partie.

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SPOX-NFL-Redakteur Adrian Franke hat, nachdem die stets kontrovers diskutierten Pro-Bowl-Kader bereits veröffentlicht wurden, sein All-Pro-Team für die 2019er Regular Season zusammengestellt, nach dem Vorbild des AP-All-Pro-Votings.

Offensiv gibt es auf den Skill-Positions also einen Running Back, zwei Wide Receiver, einen Tight End und eine Flex-Position; Defensiv gibt es zwei Edge-Rusher, zwei Interior-Linemen, drei Linebacker und einen zusätzlichen Defensive Back neben den regulären Secondary-Positionen.

In Fällen, in denen die Auswahl eng war, gibt es eine "knapp dahinter"-Kategorie.

NFL All-Pro Team 2019 - Offense:

Quarterback: Lamar Jackson, Baltimore Ravens. Nach dem ersten Saison-Drittel hatte ich Russell Wilson fest als meinen MVP-Pick eingetragen. Zur Saison-Mitte noch immer. Doch die Waage zwischen Wilson und Lamar Jackson wurde mehr und mehr ausgeglichen - bis sie schließlich in Jacksons Richtung kippte. Wilson spielte immer noch eine sehr, sehr gute Saison, noch vor der Konkurrenz um Watson, Cousins oder Brees. Aber wenn wir jetzt auf diese Regular Season blicken kommt in meinen Augen einfach niemand an Lamar ran.

Der offensichtliche Punkt sind natürlich seine Fähigkeiten als Runner. Jackson ist der maßgebliche Faktor darin, dass Baltimore eine Rushing-Offense aufs Feld bringt, die nach diversen Advanced-Metriken als die beste Rushing-Offense aller Zeiten in die Bücher eingehen wird; und mehr als das: In Zeiten, in denen das Passspiel dominiert und wir alle über das Passspiel als zentralen Indikator für die Qualität eines Teams sprechen, war Baltimores Run Game dieses Jahr gefährlicher als ein ordentlicher Teil der Passing-Offenses in der NFL.

Das beginnt mit Jackson, der selbst als Runner ein immenser Faktor ist und Michael Vicks Rekord gebrochen hat, zusätzlich aber auch das Run Game gefährlicher macht, selbst wenn er nicht den Ball trägt. Doch ist das nicht der einzige Grund dafür, dass Jackson mein All-Pro-Quarterback ist; hier kommen seine Entwicklungen als Passer ins Spiel. Pocket-Movement, Accuracy, konstante Reads - Jackson hat einen Quantensprung im Vergleich zu seiner Rookie-Saison hingelegt, vor allem was die Konstanz angeht. Das in Kombination mit dem, was Baltimore dank ihm im Run Game machen kann, machte die Ravens-Offense zur gefährlichsten Offense dieser Saison.

Knapp dahinter: Russell Wilson, Seahawks; Deshaun Watson, Texans.

Running Back: Christian McCaffrey, Carolina Panthers. Man kann McCaffreys Saison positionsbezogen kaum hoch genug hängen: Trotz in der Summe bestenfalls durchschnittlichem Run-Blocking war McCaffrey über gut die Hälfte der Saison eine Big-Play-Maschine, gefährlich wenn er mit Geduld laufen musste genau wie wenn er zwischen den Tackles die harten Yards erarbeiten musste, eine verlässliche Waffe in der Red Zone - und vor allem, und das setzt ihn von Chubb, Rookie Josh Jacobs oder auch dem wiedererstarkten Derrick Henry ab, war er zusätzlich unheimlich gefährlich als Receiver.

Man könnte argumentieren, dass Austin Ekeler der einzige Back ist, der dieses Jahr im Passspiel gefährlicher war. McCaffrey war brandgefährlich einerseits nach dem Catch, andererseits aber auch kein Back, der einfach nur über Screens kommt und den Ball regelmäßig vor der Line of Scrimmage fängt wie etwa Dalvin Cook.

McCaffrey wurde im Schnitt mit einer Target-Tiefe von 0,7 Yards bedient, der Wert ging von über einem Yard runter, als McCaffrey in den letzten beiden Spielen mit Targets nur so eingedeckt wurde. Damit rangiert er zum Teil deutlich vor Kandidaten wie Cook, Chubb, Kamara, Mixon, Gurley oder Henry. Er war in vielerlei Hinsicht der Go-to-Guy dieser Offense.

Knapp dahinter: Dalvin Cook, Vikings; Nick Chubb, Browns; Aaron Jones, Packers.

Tight End: George Kittle, San Francisco 49ers. Ich kann es verstehen, wenn man hier für Travis Kelce argumentiert, der als Receiver ähnlich prominent (wenn auch anders eingesetzt, beginnend damit, dass er vertikaler angespielt wird und umgekehrt weniger Yards nach dem Catch produziert) in der Chiefs-Offense ist wie Kittle in San Francisco und als Blocker an Kittle rankommt.

Für mich war in dem Fall ein Tie-Breaker dann die Frage: wie wichtig ist der jeweilige Spieler für die Offense? Und da tendiere ich in Richtung Kittle.

Kittle ist für mich eine der fünf bis zehn gefährlichsten Receiving-Waffen in der NFL. Er hat immensen Speed und Explosivität, ist gleichzeitig aber auch extrem physisch. Er ist unheimlich verlässlich als Receiver und mit Abstand der gefährlichste Tight End mit dem Ball in der Hand. Und er ist genauso der X-Faktor der 49ers-Offense wie in zahlreichen Play-Designs von Kyle Shanahan, maßgeblich auch im Play-Action-Passspiel, der Fokus des Plays. Kittle ist für mich der beste Tight End dieser Saison.

Knapp dahinter: Travis Kelce, Chiefs; Darren Waller, Raiders.

Wide Receiver: Michael Thomas, New Orleans Saints. Die Saints-Offense funktioniert maßgeblich über zwei Dinge: Die Accuracy und das mentale Tempo, mit dem Drew Brees hinter einer der besten Offensive Lines der Liga spielt auf der einen und ein extrem gut designtes Kurzpassspiel mit Yards nach dem Catch auf der anderen Seite. Der maßgebliche Faktor dafür, dass das funktioniert, ist Michael Thomas.

Er ist einer der produktivsten Receiver dieses Jahr was Yards pro gelaufener Route und was Yards pro gelaufener Slot-Route, wo Thomas rund 30 Prozent seiner Snaps verbringt, angeht. Thomas hat den All-Time-Reception-Rekord gebrochen, er ist einer der verlässlichsten Receiver der Liga inklusive bei Contested Catches, einer der besten Route-Runner, einer der gefährlichsten Receiver nach dem Catch, kann im Kurzpass- und auch im vertikalen Passspiel eingesetzt werden, Top-10 nach DVOA und DYAR.

Es gibt nicht viele wirklich komplette Receiver in der NFL. Julio Jones ist hier für mich noch immer das primäre Beispiel; Thomas muss man ebenfalls in diese Kategorie dazuzählen, und dieses Jahr waren er und Godwin für mich die beiden wertvollsten und besten Wide Receiver.

Wide Receiver: Chris Godwin, Tampa Bay Buccaneers. Flog viel zu lange unter dem Radar. Das mag daran liegen, dass die Buccaneers unter dem Strich ein frustrierend durchschnittliches Team waren; es mag auch daran liegen, dass Jameis Winston der eine Spieler ist, der die Schlagzeilen bekommt, wenn sich nationale Medien mit den Bucs befassen.

Umso wichtiger ist es hier noch einmal zu unterstreichen: Godwin hat eine fantastische Saison gespielt. Nur Robert Woods (Minimum: 75 Targets) hatte mehr Yards nach dem Catch pro Reception als Godwin, nur Thomas und Hopkins hatten nach Woche 15 - als sich Godwin verletzte - mehr First Downs kreiert und kein anderer Spieler mit mindestens 80 Catches hatte so wenige Drops wie Godwin, der den Ball laut PFF exakt ein Mal fallen ließ.

Godwin führte die Liga nach Woche 15 nach DVOA an, stand auf Rang 2 nach DYAR und insbesondere in der Mid-Range - wo vieles in der Arians-Offense stattfindet und Winston den Ball bevorzugt hinwirft - war vermutlich kein Receiver besser.

Knapp dahinter: Julio Jones, Falcons; DeAndre Hopkins, Texans; Mike Evans, Buccaneers; Kenny Golladay, Lions.

Flex: Julio Jones, WR, Atlanta Falcons. Am meisten habe ich hier über DeAndre Hopkins als Alternative nachgedacht, und auch wenn Hopkins dieses Jahr einmal mehr ein Top-5-Receiver nach so ziemlich jeder Betrachtungsweise war - Jones gehört in meinen Augen noch etwas mehr in die Liste.

Jonwa hat spät in der Saison gezeigt, dass er selbst wenn sich alles auf ihn fokussiert die Falcons-Offense maßgeblich tragen kann. Produzierte eine High-Volume-Saison mit vielen Targets und Catches trotz relativ hoher Target-Tiefe und war gleichzeitig einmal mehr ein enormes Mismatch aus dem Slot heraus.

Jones ist mit seiner Physis, seinen Fähigkeiten nach dem Catch und seiner Flexibilität auf dem Feld noch immer der kompletteste Receiver der Liga. Aus Falcons-Sicht wäre zu wünschen, das trotz des Verbleibs von Dan Quinn als Head Coach eine modernere Offense Einzug erhält, um Jones' Qualitäten auch wieder stärker heraus zu stellen.

Left Tackle: Ronnie Stanley, Baltimore Ravens. Eine absolut unglaublich dominante Saison. Ronnie Stanley hat laut PFF-Stats in über 900 Snaps (470 Pass-Blocking) keinen einzigen Sack zugelassen; ganze sechs (!) zugelassene QB-Pressures (ein Hit, fünf Hurries) gingen auf sein Konto. Um dem Perspektive zu geben: Kein anderer Tackle mit über 700 Snaps oder über 400 Pass-Blocking-Snaps ist in dieser Kategorie überhaupt im einstelligen Bereich.

Stanley hatte im Prinzip nicht mal ein einziges schlechtes Spiel - er war der beste Tackle dieser Saison, und glänzte neben seinen Qualitäten in Pass-Protection zusätzlich auch als Run-Blocker. Fraglos profitierte auch Stanley vom Scheme und von Lamar Jackson; gleichzeitig aber hielt auch kaum ein Quarterback den Ball länger als Lamar, teilweise natürlich bedingt durch das intensive Play-Action-Passspiel. Doch ob isoliert oder im Kontext der Offense betrachtet - Stanley war mit die einfachste Wahl auf allen Positionen dieses Jahr.

Knapp dahinter: Anthony Castonzo, Colts; Terron Armstead, Saints.

Left Guard: Quenton Nelson, Indianapolis Colts. Ultra-dominant in allen Bereichen des Spiels und fast ausnahmslos in jedem Spiel. Wackelte nur vereinzelt etwa gegen Pittsburgh, doch in der Summe unterstrich Nelson auch in seinem zweiten NFL-Jahr sein absolutes Ausnahmetalent. Die Colts hatten vielleicht die beste Run-Blocking-Line der Liga und daran hatte Nelson - gemeinsam mit Anthony Castonzo, seinem Partner auf der linken Seite - den größten Anteil.

Center: Jason Kelce, Philadelphia Eagles. Der komplettestes Center der Liga, daran dürfte kaum ein Zweifel bestehen. Ich hatte hier auch über einen Spieler wie etwa Rodney Hudson nachgedacht, einfach weil der so elementar wichtig im Pass-Blocking ist und auch Pre-Snap enorm viel leistet. Kelce gewinnt durch das Komplettpaket und dürfte mit seiner Agilität im Run-Blocking die klare Nummer 1 unter den Centern sein.

Knapp dahinter: Erik McCoy, Saints; Rodney Hudson, Raiders.

Right Guard: Brandon Brooks, Philadelphia Eagles. Brooks vs. Zack Martin ist hier für mich fast ein Münzwurf. Beide haben je eine nahezu makellose Saison gespielt, beide haben kaum Schwächen ob im Run oder im Passing Game an den Tag gelegt. Ich würde mit niemandem eine Diskussion anfangen, der hier Martin stehen hätte - in meinem ersten, aus Bauchgefühl geleiteten Entwurf hatte ich selbst noch Martin vor Brooks stehen.

In einer Saison, in der wir ziemlich viele sehr gute Guards sehen durften, stach Brooks für mich dann letztlich noch ein kleines Stück stärker heraus. Gerade auch weil die Offensive Line in Philly im Laufe der Saison einen größeren Teil der Last schultern musste, mit den zahlreichen Ausfällen in der Offense. Brooks war dabei, auch als sich um ihn herum Spieler verletzten, fast ohne Ausnahme ein absoluter Fels in der Brandung. Sein Ausfall wird die Eagles in den Playoffs zusätzlich schwer treffen.

Knapp dahinter: Zack Martin, Cowboys; Marshal Yanda, Ravens.

Right Tackle: Ryan Ramczyk, New Orleans Saints. Ramczyk ist der einzige andere Tackle neben Stanley, der bei über 350 Pass-Blocking-Snaps keinen einzigen Sack zugelassen hat. Genau wie bei Stanley geht laut PFF auch auf das Konto von Ramczyk nur ein einziger erlaubter QB-Hit.

Der Right Tackle der Saints schaltete regelmäßig Elite-Pass-Rusher aus und war zusätzlich einer der besten Run-Blocking-Tackles in der NFL. New Orleans hat das beste Tackle-Duo der Liga und inzwischen ist Ramczyk, und das kann man als Lob nicht hoch genug hängen, dabei auf Augenhöhe mit Left Tackle Terron Armstead.

Knapp dahinter: Lane Johnson, Eagles; Mitchell Schwartz, Chiefs.