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NBA Mailbag: Deshalb droht den New York Knicks der große Knall

Die New York Knicks stehen vor dem großen Knall.
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NBA Mailbag: Das Thibs-Dilemma in New York

SPOX-User TypoTom: Neigt sich die Zeit von Head Coach Tom Thibodeau bei den Knicks dem Ende entgegen?

Bereits im Sommer 2020, noch bevor die Tinte auf dem Vertrag von Tom Thibodeau bei den Knicks getrocknet war, beschrieb The Ringer die fünf Schritte des klassischen Thibs-Kreislaufs: Die Euphorie zu Beginn, verstärkt durch vielversprechende sportliche Leistungen, weicht früher oder später einem teaminternen Burnout, der in der Entlassung resultiert. Und bei der nächsten Station geht es von vorne los.

Das war bei den Chicago Bulls der Fall, die Thibs erst in die Conference Finals führte, bevor er seine Spieler der Reihe nach verheizte. Das war bei den Minnesota Timberwolves der Fall, die es unter Thibs nach 13 Jahren Abstinenz wieder in die Playoffs schafften, bevor Jimmy Butler das Kartenhaus zum Einsturz brachte. Anscheinend wird das auch bei den Knicks der Fall sein. In seiner ersten Saison führte der 64-Jährige New York überraschend in die Playoffs, bevor es gut acht Monate später an allen Ecken und Enden zu krachen droht.

Mehrere Medien berichteten in den vergangenen Tagen von Unruhen innerhalb der Knicks-Organisation. Bei einer 25-34-Bilanz und Platz zwölf im Osten ist das wenig verwunderlich, gerade in einem Markt wie New York. Das Front Office hat offenbar Thibs als Schuldigen ausgemacht, der soll wiederum mit den Verantwortlichen wegen gewissen Kader-Entscheidungen im Argen liegen - vom Trade für Cam Reddish soll er beispielsweise nie ein Fan gewesen sein. Das Verhältnis mit den Spielern soll seit der unrühmlichen Degradierung von Kemba Walker auch nicht mehr das beste sein.

Abgesehen von den angeblichen zwischenmenschlichen Konflikten innerhalb der Knickerbockers muss sich Thibodeau aber auch sportlich Fehler ankreiden lassen. Beispielhaft wäre das Festhalten an der Starting Five zu nennen, die ein desaströses Net-Rating (-13,8) vorzuweisen hat und dennoch die viertmeisten Minuten von allen, ich wiederhole, ALLEN, 5-Men-Lineups der Liga vorzuweisen hat. Zu Saisonbeginn hat oftmals noch die Bank um den mittlerweile verletzten Derrick Rose regelmäßig die Kohlen aus dem Feuer geholt.

Knicks-Coach Tom Thibodeau muss offenbar um seinen Job bangen.
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Knicks-Coach Tom Thibodeau muss offenbar um seinen Job bangen.

NBA - Knicks-Coach Thibodeau gesteht: "Das habe ich verbockt"

Zudem ist wieder einmal die enorme und teils unerklärliche Minutenlast seiner Stars zu nennen. Die kam zuletzt R.J. Barrett teuer zu stehen, als er sich vor zwei Wochen in den Schlusssekunden einer Blowout-Pleite gegen Denver (-17) am Knöchel verletzte. Barrett hat alle vier Knicks-Spiele seither verpasst. Youngster wie Obi Toppin bekommen dagegen nur sehr unregelmäßig Minuten.

Thibodeau agierte zuletzt bei der Overtime-Pleite gegen die Thunder äußerst unglücklich, als er in der Schlussminute einen Pfiff anfechten wollte. Kurz zuvor hatte er allerdings bereits seine Coaches Challenge genutzt, zwei stehen ihm nicht zur Verfügung. Er verschenkte also eine Auszeit, die den Knicks in den entscheidenden Momenten fehlte. Dass New York allein im Februar dreimal eine Führung von 20+ Punkten hergeschenkt hat - trauriger NBA-Rekord -, spricht ebenfalls nicht unbedingt für den Coach.

Für diesen Fehler im OKC-Spiel übernahm Thibodeau Verantwortung ("Das habe ich verbockt"), es ist aber nicht der, der ihm den Job kosten wird. Vielmehr die Kombination aus all den genannten Faktoren sorgt dafür, dass heavy.com einen Knicks-Insider mit den Worten zitierte, es wäre ein "Wunder", wenn Thibs in einem Jahr immer noch auf der Knicks-Bank sitzen würde. Wichtig zu betonen ist allerdings, dass der Coach natürlich nicht der Alleinverantwortliche für die Misere im Big Apple ist. Das bringt uns direkt zur nächsten Frage.

NBA Mailbag: Diese Spieler haben 2021/22 enttäuscht

SPOX-User AlleZGruen: Wer ist Euer "Negativ-MIP" in dieser Saison? Von welchem Spieler hättet Ihr mehr erwartet?

Das gibt es bei den Knicks gleich mehrere Kandidaten. Denn keiner der Offseason-Moves des Front Office hat wirklich eingeschlagen, vielleicht mit kleinen Ausnahmen bei den Draft-Picks. Quentin Grimes zeigt beispielsweise vielversprechende Ansätze, für eine genaue Beurteilung ist es aber noch zu früh.

Nicht aber bei Kemba Walker (2 Jahre/17,9 Mio. Dollar) oder Evan Fournier (4 Jahre/73 Mio. Dollar). Die prominenten und lukrativ entlohnten Neuzugänge sollten der Offense einen Boost verleihen, sind defensiv aber viel zu anfällig und vor allem in Person von Kemba letztlich krachend gescheitert. Diese Moves sind Teampräsident Leon Rose und seinem Front Office anzulasten. Bei der Personalie Julius Randle ist es dagegen etwas komplizierter.

Der 27-Jährige, der vergangene Saison ausgerechnet den MIP-Award eingesackt hat, ist für mich die größte Enttäuschung bei den Knicks. Für die vorzeitige Vertragsverlängerung im Sommer 2021 kann sich New York kaum einen Vorwurf machen. Stattdessen erhielt die Franchise Lob für einen damals fair anmutenden Deal. Dessen neues Arbeitspapier über 4 Jahre und 117,1 Mio. Dollar startet allerdings erst nach dieser Saison und sieht Stand jetzt wie ein fetter Albatross Contract aus.

Randle hat einen heftigen Absturz vom All-Star zum Buhmann hingelegt. Schlagzeilen macht er fast nur noch, wenn er sich mit den eigenen Fans anlegt, wenn er durch seine Körpersprache einen genervteren Eindruck als der ständig grantige Coach Thibs hinterlässt oder wenn sich Beobachter fragen, wo nur seine Effizienz aus dem Vorjahr geblieben ist. Vieles spricht dafür, dass seine MIP-Saison 2020/21 nur ein Ausrutscher nach oben war. Die Knicks könnten noch viele Jahre Randles Vertrag an der Backe haben.

Es gibt aber natürlich noch ein paar andere Kandidaten, von denen ich mir vor der Saison deutlich mehr erwartet hätte. Lakers-Fans werden vermuten, was jetzt kommt. Natürlich, Russell Westbrook. Ich habe in der Offseason wirklich daran geglaubt, dass Russ in der regulären Saison Last von den Schultern eines LeBron James oder eines Anthony Davis nehmen kann und in seiner typischen Art Spiele ohne die Superstar-Kollegen an sich reißen und ihnen somit Pausen verschaffen kann.

Die Playoffs wären nochmal eine andere Hausnummer gewesen. Von Beginn an war klar, dass der schwierige Fit des gesamten Lakers-Kaders inklusive Westbrook in der Postseason, wenn Defenses sich noch detaillierter auf den Gegner vorbereiten, zum Problem werden wird. Doch nun ist es schon so weit, dass der eigentliche dritte Superstar nicht mal mehr im vierten Viertel an einem ganz normalen Februarabend spielbar ist.