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NBA - GOATmentator und Top 10-Legende Beau Estes im Interview: Bester Reim? "Habe mich bei Jay-Z und Kanye bedient"

GOATmentator Beau Estes bedient sich für seine Reime gerne mal bei Jay-Z und Kanye West.
© getty
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Bis die Spiele an der Westküste vorbei sind, zieht es sich aber eine Weile. In Atlanta, wo Turner Sports seinen Sitz hat, müssen Sie die Top 10 mitten in der Nacht produzieren.

Estes: Richtig, wir haben nicht viel Zeit. Die Videos kommen gegen 1.30 Uhr nachts. Ich kann nicht stundenlang in meinem Kämmerlein sitzen und mir meine Texte überlegen. Ich muss mir die Clips anschauen, einen Satz parat haben und abliefern. Ich will ja nicht, dass die Produzenten bis 4 Uhr morgens warten müssen, bis ich mir einen verrückten Reim ausgedacht habe.

Wie schaffen Sie es, zu so später Stunde am Ende eines langen Arbeitstags noch so viel Kreativität in die Clips und Energie in Ihre Stimme zu stecken?

Estes: In meiner Anfangszeit habe ich so eine halbe Stunde vor dem Einsprechen der Top 10 eine Menge Kaffee in mich reingeschüttet, also so gegen 1 Uhr nachts. Ich wollte einen richtigen Energieschub. Das hört man auch, ich klinge in früheren Clips wie ein Typ mit fünf Tassen Kaffee intus. Anschließend bin ich nach Hause gefahren und konnte bis 5 Uhr in der Früh nicht einschlafen. Das ist auf Dauer nicht die gesündeste Art zu leben. Mittlerweile greife ich nur noch zu höchstens einer Tasse Kaffee, um neue Energie zu schöpfen. Die brauche ich auch. Ganz ehrlich, nach dem Einsprechen der Top 10 bin ich erst einmal fix und fertig. Ich höre ganz oft, dass ich mal eine Top 100 der kompletten Saison machen sollte, aber dabei würde ich vor dem Mikrofon tot umfallen.

Beau Estes: "Er vermutete einen Gehirndefekt bei mir"

Legendär sind Ihre Reime, mit denen Sie die einzelnen Plays in der Top 10 beschreiben. Ich habe mir mal ein paar herausgeschrieben ...

Estes: ... oh, das wird witzig. Ich mache so viele Top 10s, wahrscheinlich kann ich mich gar nicht an alle erinnern.

Probieren wir es aus. Dieser ist noch simpel: "Trae Young has fun", das nutzen Sie wahrscheinlich öfters. Aber wie sind Sie auf "Giannis getting obscene on two men in green" gekommen?

Estes: (lacht) An den erinnere ich mich nicht. Das ist wahrscheinlich ein Reim, den ich improvisiert habe, wahrscheinlich war das in einem Duell gegen Boston, daher die Männer in grün. Da geht dieser Reim leicht, der ist nicht sonderlich komplex. Aber ein wenig poetisch und damit lustig.

Nächster Reim: "DeMarvelous DeRozan keeps the defense frozen!"

Estes: Den finde ich klasse. Der Spruch ist auf Marv Albert (legendärer NBA-Kommentator, Anm. d. Red.) zurückzuführen, der von manchen Marvelous genannt wurde. DeRozan und "frozen" (zu Deutsch: eingefroren) ist dann wieder einfach. Die angesehene Literaturzeitschrift The Kenyon Review hat mal meine Arbeit unter die Lupe genommen, darunter war auch dieser Reim.

Und wie lautete das Urteil der Fachpresse?

Estes: Der Autor des Artikels vermutet, dass ich so etwas wie einen Gehirndefekt habe, in Fachkreisen "Clanging" genannt, der dafür sorgt, dass sich die Dinge in meinem Kopf ständig Reimen. Das sei wie ein Tick, ich könne mit dem Reimen nicht aufhören. Da steckt wahrscheinlich ein Funken Wahrheit dahinter. So funktioniert mein Gehirn nun mal, das kann selbst meine Frau bestätigen. Sie sagt mir oft genug, dass ich meinen Mund halten soll. Dieser Tick ist wohl für Sporthighlights besser geeignet. (lacht)

Haben Sie eigentlich einen Lieblingscall oder einen Lieblingsreim, auf den Sie besonders stolz sind?

Estes: Playoffs 2014, der 1. Mai um genau zu sein. Die Hawks lieferten sich damals als Achtplatzierter der Eastern Conference ein heißes Duell mit dem Top-Seed Indiana Pacers. An dem Abend haben wir eine Top 5 produziert, die Hawks landeten mit einem Poster-Dunk von Mike Scott auf Platz eins. Ich habe mich für meinen Call bei Jay-Z und Kanye West bedient: "8-Seeds are psycho, they are liable to go Michael - Take your pick, Jackson, Tyson, Mike Scott Game Six!"

Im Song "Ni**as in Paris" heißt es im Original: "Take your pick, Jackson, Tyson, Jordan, Game Six", in Anlehnung an die drei legendären Michaels und MJs The Last Shot in Spiel 6 der Finals 1998 gegen die Utah Jazz.

Estes: Ich erinnere mich noch gut, wie ich aus meiner Aufnahmekabine kam und jeder im Newsroom von NBA TV komplett ausgeflippt ist. In dem Moment wusste ich, wir machen hier was richtig. Der Call ist vielleicht nicht mein bester, aber mein persönlicher Favorit.

Beau Estes über die deutschen NBA-Stars und seine "Bibel"

Einen habe ich auch noch für Sie: "Dennis Schröder (im englischen oft ausgesprochen Shruder, Anm. d. Red.) quicker than a computer".

Estes: Ich kann mich zwar nicht an den Spruch erinnern, aber das gefällt mir. Meiner Meinung nach hat er einen der schnellsten ersten Schritte der kompletten NBA. Wenn ich an Schröder denke, denke ich an Geschwindigkeit. Das passt also ganz gut.

Sind die deutschen Namen wie Schröder, Maxi Kleber, Isaiah Hartenstein oder früher Dirk Nowitzki eigentlich eine besondere Herausforderung für ihren Reim-"Tick"?

Estes: Nicht wirklich. Bei Kleber habe ich zum Beispiel schon mal benutzt: "Maxi Kleber (im englischen oft ausgesprochen Kliber, Anm. d. Red.) makes his teammates believers." Letztlich ist die Herkunft der Namen egal, es kommt nur darauf an, wie sie klingen. Ich orientiere mich immer am offiziellen Ausspracheguide der NBA, das ist quasi meine Bibel. Dummerweise verändern sich die Angaben darin manchmal. Kleber haben wir anfangs immer "Kliber" ausgesprochen, so wie in meinem Beispiel. Mittlerweile heißt es im Guide aber "Klay-ber", das soll wohl näher am Original sein. Die Aussprache von Rajon Rondo hat sich bestimmt fünfmal verändert im Laufe seiner Karriere.