NBA

Nicolo Melli von den Dallas Mavericks im Interview: "Ich habe gezittert, als mir Michael Jordan den Preis überreichte"

Nicolo Melli wurde in dieser Saison von New Orleans nach Dallas getradet.
© getty
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Sie sehen jetzt jeden Tag Luka Doncic im Training, davor haben Sie jeden Tag Zion Williamson gesehen. Was haben Sie bei ihm gedacht, wenn Sie ihn beobachtet haben?

Melli: Ich glaube, für ihn wurde das Wort Freak erfunden. Es trifft einfach so gut auf ihn zu. Was er macht, wie er seinen Körper unter Kontrolle hat, ist unglaublich. Vor allem weiß Zion noch gar nicht, wie gut er eigentlich ist. Er hat sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Wenn er das erstmal tut, wird er nochmal dominanter werden. Er wird seinen Weg gehen, weil er ein guter Junge ist. Zion ist nicht ansatzweise arrogant, manchmal ist er sogar eher ein bisschen schüchtern. Ein richtig cooler witziger Typ.

In der NBA sind in vielen Arenen wieder eine begrenzte Anzahl an Zuschauern zugelassen. Generell sind die USA beim Thema Impfen viel weiter als Europa. Sie selbst sind auch schon geimpft, oder?

Melli: Ja, ich habe schon meine zweite Dosis bekommen und bin natürlich sehr glücklich und dankbar darüber. Für mich war es nie eine Frage, ob ich mich impfen lassen würde. Impfen ist der einzige Weg raus aus der Pandemie, den wir haben. Und ich bin Basketballer. Natürlich vertraue ich da der Wissenschaft. Sie versuchen, uns zu retten, sie versuchen nicht, uns zu töten.

Melli über die Pandemie: "Persönlich hatte ich viel Glück"

Wie haben Sie die Corona-Zeit generell überstanden?

Melli: Gerade am Anfang war es schwierig für mich, aber da ging es uns allen wohl ähnlich. Ich war zwar in den USA, aber ich habe natürlich auch die Bilder und Videos aus Bergamo gesehen. Ich hatte Kontakt zu meiner Familie. Da kriegt man Angst. Ich hatte vor allem große Angst um meine Oma. Persönlich habe ich ziemlich viel Glück gehabt. Am Anfang der Pandemie, als es in Europa so schlimm war, habe ich in den USA gelebt. Als es dann in den USA schlimmer wurde, war ich in der NBA-Bubble. Danach war ich im Sommer in Europa, als wir dort eine gute Phase in der Pandemie hatten. Und als ich dann wieder in die USA zurückgekehrt bin, waren wir hier wieder weiter mit den Impfungen, dazu werden wir jeden Tag getestet. Persönlich hatte ich wirklich viel Glück. Aber die Sorge um meine Familien in Italien und Deutschland besteht natürlich weiterhin.

Sie haben über Ihre Quarantäne-Zeit am Anfang der Pandemie gesagt, Sie hätten dort "gefressen wie ein Bulle".

Melli: (lacht) Da habe ich etwas übertrieben, ich bin nicht dick geworden. Aber es war keine produktive Zeit, das stimmt. Ich habe relativ viel gegessen und relativ wenig trainiert. Für mich war das eine total ungewohnte Situation, weil ich normalerweise ein Mensch bin, der ständig auf Achse ist. Und plötzlich lag ich nur zuhause auf der Couch und habe den ganzen Tag Netflix geschaut.

Zum Glück für alle Basketball-Fans lief ja im letzten Jahr "The Last Dance". Was fanden Sie am spannendsten an der Doku?

Melli: Erstmal war ich froh, dass wir durch die Doku überhaupt etwas Basketball schauen konnten. Das alleine war schon gut. Für mich war es faszinierend zu sehen, wie viele Probleme so eine erfolgreiche Mannschaft haben kann. Alle denken immer, dass alles perfekt sein muss innerhalb eines Teams, um am Ende Titel zu gewinnen. Das stimmt aber gar nicht. Das fand ich interessant. Und dazu war ich einfach schon immer ein großer Bulls- und Michael Jordan-Fan. Als ich 15 war, habe ich einmal beim Classic Jordan Camp den MVP-Titel gewonnen. MJ war dafür extra nach Italien gekommen. Das war unglaublich für mich. Ich habe am ganzen Körper gezittert, als er mir den Preis überreichte.

Melli über seine Zukunft und den Olympia-Traum

Stimmt es, dass Sie sich schon als Kind NBA-Videokassetten reingezogen haben?

Melli: Ja, mein Vater hatte drei oder vier VHS-Kassetten, die ich bestimmt 100.000 Mal angeschaut habe. Auf einer Kassette ging es um den ersten Three-Peat der Bulls, auf den anderen waren ganz viele Highlights von Magic Johnson und Larry Bird. Ich habe fast jeden Tag da reingeschaut.

Den Traum von der NBA haben Sie sich erfüllt. Wie sehen Ihre Pläne für die kommende Saison aus? Soll es wieder zurück nach Europa gehen?

Melli: Das ist vollkommen offen. Ich konzentriere mich jetzt ganz auf die restliche Saison mit Dallas und dann werde ich im August ganz in Ruhe schauen, welche Optionen auf dem Tisch liegen. Ich kann mir alles vorstellen. Nach der NBA-Saison kommt dann auch erstmal noch die Nationalmannschaft und das Olympia-Quali-Turnier, abhängig davon, wie weit wir mit den Mavs kommen.

Ihre Mutter war als Volleyballerin bei Olympischen Spielen dabei und gewann 1984 sogar Silber für die USA, Sie könnten sich in Tokio jetzt auch diesen Traum erfüllen, wenn alles gut läuft.

Melli: Tokio ist ein großer Traum für mich, auch weil wir vor fünf Jahren die Qualifikation durch eine Niederlage im Finale des Quali-Turniers gegen Kroatien verpassten. Jetzt haben wir wieder eine schwierige Gruppe erwischt, viele sagen, dass Serbien unser großer Gegner wird, aber wir müssen jeden Gegner respektieren. Wir haben das nötige Talent in der Mannschaft. Ich hoffe, wir können im Sommer ein gutes Team mit einer guten Kultur zusammenstellen, dann ist für uns alles möglich.

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