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NBA Draft 2020 - Deni Avdija: Der Sprenger der Mock Drafts?

Deni Avdija wurde vergangene Saison zum MVP der israelischen Liga gekürt.
© imago images / Lackovic

Im Trikot von Maccabi Tel Aviv räumte Deni Avdija eine Trophäe nach der anderen ab, nun gilt er als einer der spannendsten Talente auf seiner Position. Der Forward besticht mit seiner Vielseitigkeit, muss aber vor allem an einer Schwäche arbeiten. Dennoch trauen Insider dem 19-Jährigen zu, sich in die Top 3 zwischen LaMelo Ball, Anthony Edwards und James Wiseman zu drängen.

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Die Liste der israelischen NBA-Profis ist nicht allzu lang, um genau zu sein umfasst sie drei Namen. Der bekannteste ist Omri Casspi, der zehn Jahre in der Association unter anderem für die Kings, Warriors und Cavs spielte. T.J. Leaf (Pacers) und Gal Mekel (insgesamt 35 Spiele für die Mavs und Pelicans) dürften aber wohl nur die Hardcore-Fans auf dem Schirm haben.

Deni Avdija hat nun gute Chancen, auf einen Schlag der prominenteste und vielleicht auch beste israelische NBA-Profi aller Zeiten zu werden. Der 19 Jahre alte Small Forward gilt als sicherer Top-10-Pick im Draft, was noch kein Israeli vor ihm von sich behaupten durfte, und sogar als das beste Talent auf seiner Position.

Als Sohn des ehemaligen jugoslawischen Nationalspielers Zufer Avdija wurde ihm das orangefarbene Leder in die Wiege gelegt. Bereits mit 16 Jahren gab er sein Debüt in der ersten Mannschaft von Maccabi Tel Aviv, damit ist er der jüngste Spieler der Vereinsgeschichte. Seither gewann er in jedem seiner drei Jahre in der nationalen Liga den Titel.

Auch auf internationalem Parkett sorgte Avdija schon früh für Aufsehen. 2018 führte er Israel zur Gold-Medaille bei der U20-Europameisterschaft und wiederholte das Kunststück ein Jahr später vor heimischem Publikum. 2019 wurde er sogar als MVP ausgezeichnet - als zweitjüngster Spieler des Turniers.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Draft-Prospects hat Avdija den Vorteil, nicht seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie zum Warten verdammt zu sein. Mitte Juni setzte die israelische Premier League ihren Spielbetrieb fort, Avdija führte sein Team zum Titel und staubte als jüngster Spieler aller Zeiten den MVP-Award ab. Von einem ähnlichen Ritterschlag in der Euroleague war der Flügelspieler aber weit entfernt, auf der größten europäischen Bühne konnte er sich in deutlich weniger Spielzeit kaum auszeichnen.

Die Statistiken von Draft-Prospect Deni Avdija für Maccabi Tel Aviv 2019/20

WettbewerbG / MINPunkteReboundsAssistsStealsTurnoverFG%3FG%
Premier League33 / 27,612,96,32,70,92,2452,635,3
Euroleague26 / 14,34,02,61,20,40,743,627,7
Gesamt59 / 21,79,04,72,01,71,650,533,3

NBA Draft - Deni Avdija: Stärken

  • In Avdija steckt das Potenzial eines elitären Point Forwards. Bei einer Größe von 2,06 Meter vereint er die Playmaking-Qualitäten eines Guards mit Post-Up-Gefahr. Er ist ein überdurchschnittlicher Ballhandler mit starker Übersicht im Pick'n'Roll und gefährlich in der Transition. Auch aus dem Post heraus kreiert er dank seines Passings für die Kollegen, dazu setzt er gegnerischen Defenses abseits des Balls mit intelligenten Cuts zu, die er auch gegen Kontakt am Ring kraftvoll abschließt.
  • Zwar ist das Playmaking Avdijas größte Stärke, doch auch seine Vielseitigkeit sticht hervor. Der israelische Nationalspieler ist alles andere als eindimensional, das bezieht sich nicht allein auf die Offense. Auch am anderen Ende des Courts ist er sehr aktiv, sein hoher Basketball-IQ hilft ihm als Teamverteidiger bei den richtigen Rotationen. Kann zumindest in Europa mehrere Positionen verteidigen.
  • Trotz seines jungen Alters tritt Avdija bereits sehr reif und sehr professionell auf und zeigt immer vollen Einsatz. "Great kid" war unter anderem aus dem Warriors-Lager nach einem Treffen mit dem Forward Ende Oktober zu vernehmen, wie Ethan Strauss von The Athletic berichtete. Beispiel gefällig? Bei der U20-EM 2019 führte er sein Team im Viertelfinale erst zum Sieg und arbeitete dann spät abends noch an seinen Freiwürfen anstatt zu feiern, weil er nur 3/8 von der Linie getroffen hatte.

NBA Draft - Denis Avdija: Schwächen

  • Um ehrlich zu sein, Avdija hat das Extra-Training an der Charity Stripe allerdings auch nötig. Generell ist sein Wurf wohl der größte Kritikpunkt an seinem Spiel. Vergangene Saison traf er bei knapp 2 Versuchen pro Partie nur 58,8 Prozent seiner Freiwürfe, auch seine Dreierquote von 33,3 Prozent (bei 3,1 Versuchen) ist unspektakulär. Dabei hat Avdija eine eigentlich solide Wurfbewegung, führt diese aber nicht immer konstant aus. So kann er mal heiß laufen, aber auch ganz schnell wieder abkühlen.
  • Dem 19-Jährigen fehlt es an Athletik und Explosivität, was ihn als On-Ball-Verteidiger in der NBA angreifbar machen könnte. Auch in der Offense könnte ihm dies das Leben in der Association etwas schwerer machen, vor allem wenn es darum geht, sich einen eigenen Wurf zu kreieren.
  • Letzteres wird auch dadurch erschwert, dass Avdija derzeit sehr rechtslastig ist in seinem Spiel. Seine Stärke im Ballhandling geht in erster Linie von seiner rechten Hand aus, wenn er nach links gedrängt wird, sowohl im Dribbling als auch beim Abschluss, bekommt er Probleme. In solchen Situationen ist er teils auch anfällig für Ballverluste.

Deni Avdija: Vielseitigkeit ist Trumpf

Es gibt nicht wenige Draft-Insider, die Avdija sogar als potenziellen Top-3-Pick im NBA Draft 2020 sehen. Die Aussicht auf einen kreativen Point Forward, der als sekundärer Ballhandler eine Offense sofort weiterbringen kann, scheint für viele Teams verlockend.

Vor allem, wenn sein Jumper konstant fällt, könnte sich der Jungspund von Maccabi zu einem der besten Spieler des Draft-Jahrgangs entwickeln. Nicht nur die Warriors sollen bei ihrem Treffen beeindruckt gewesen sein, zum einen von seiner Persönlichkeit als auch von seinem Auftritt auf dem Parkett.

Angeblich haben zuletzt vor allem die Chicago Bulls Avdija ins Visier genommen. Deren neuer Boss im Front Office, Arturas Karnisovas, hat bereits in Denver sein Auge für internationale Talente unter Beweis gestellt. Als Playmaker im Frontcourt könnte der Israeli sehr gut an die Seite von Lauri Markkanen als Shooter und Wendell Carter Jr. als defensiver Anker passen.

Die Bulls halten derzeit den Nr.4-Pick im Draft, auch die Cavs (Nr.5) sollen sich Avdija als Playmaker neben den eher scoring-lastigen Guards Collin Sexton und Darius Garland gut vorstellen können. Und dann sind da ja auch noch die Warriors (Nr.2) und selbst die Minnesota Timberwolves (Nr.1), die auf dem Flügel Verstärkung gebrauchen könnten.

Beide Franchises sollen einem Trade offen gegenüberstehen, könnten also unter Umständen ein paar Picks nach unten traden und hoffen, dass der Israeli dann zur Verfügung steht - sofern ihnen die Aussicht auf LaMelo Ball, Anthony Edwards oder James Wiseman nicht zusagt. In einem Draft ohne absoluten Superstar könnte die Vielseitigkeit von Deni Avdija Trumpf sein.