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NBA Finals - Wie können die Miami Heat ihre Defense gegen LeBron und Davis verändern? Alle Mann an Deck

Die Heat müssen mindestens in Spiel zwei auf Adebayo verzichten.
© getty

Spiel 1 der NBA Finals lief denkbar bitter für die Miami Heat, bei denen sich ihre drei besten Spieler dieser Playoffs allesamt verletzten. Einer davon wird nun für Spiel 2 (Sa., 3 Uhr live auf DAZN) gegen die Los Angeles Lakers ausfallen. Welche Optionen hat Head Coach Erik Spoelstra?

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Eine Blowout-Niederlage lässt sich selten auf ein einziges Problem zurückführen. So auch bei Spiel 1 der NBA Finals: Beim 98:116 aus Heat-Sicht kam viel zusammen, und das schon vor den Ausfällen von Goran Dragic und Bam Adebayo, der auch in Spiel 2 fehlen wird, während Dragic und der ebenfalls angeschlagene Jimmy Butler wohl mitwirken können.

Die Lakers dominierten das Spiel in nahezu allen Facetten - in seiner Vorbereitung auf Spiel 2 wird und muss sich Miami aber nicht zwingend auf jede davon konzentrieren. Denn: Einige Probleme sind struktureller als andere. Beispielsweise sind die Lakers wohl nicht zu bezwingen, wenn sie wie in Halbzeit eins elf ihrer 17 Dreier treffen. Das tut weh, ist aber nicht zu ändern und gleichzeitig ist nicht damit zu rechnen, dass die Lakers es in dieser Form noch einmal wiederholen können.

Was dagegen immer da ist: Die körperliche Überlegenheit der Lakers, insbesondere ihrer beiden besten Spieler LeBron James und Anthony Davis. Gerade auf letzteren schien Miami in Spiel 1 keine Antwort zu haben, 34 Punkte auf alle erdenklichen Arten und Weisen sprachen eine klare Sprache. Die Kreativität von Spoelstra ist hier also ganz besonders gefragt.

Jae Crowder ist zu klein für Anthony Davis

Ein naheliegendes Adjustment im Vergleich zu Spiel 1 wäre es gewesen, Bam Adebayo vermehrt direkt auf Davis anzusetzen. Der All-Star ist Miamis bester Verteidiger, wurde in Spiel 1 aber zunächst mehr im Raum eingesetzt. Jae Crowder bekam die Aufgabe Davis und hielt diesen sogar laut nba.com/stats bei nur 2/7 aus dem Feld. Diese Zahlen sind jedoch mit großer Vorsicht zu genießen, zumal die Heat bei vielen dieser Possessions Hilfe schickten. Crowder schaffte es überwiegend dennoch recht gut, ohne Foul vor Davis zu bleiben, wie in diesem Beispiel.

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© nba.com/stats

Der Veteran hat körperlich trotzdem klare Defizite gegenüber Davis, der im Zweifel stets über ihn werfen kann. Das geht theoretisch zwar auch bei Adebayo, dessen Spannweite nach offiziellen Angaben 10 cm kürzer ist als die von Davis, dieser käme physisch jedoch etwas eher an den Außerirdischen Davis ran.

In Spiel 1 hatte er zwar keinen Erfolg - Davis traf 3/3 gegen ihn -, in der Regular Season lief es in diesem Duell hingegen besser (6/14) und Bam hat sich beispielsweise auch schon gegen Giannis Antetokounmpo als defensive Waffe erwiesen. Das Problem ist nun natürlich, dass er Spoelstra in Spiel 2 gar nicht zur Verfügung stehen wird.

Miami Heat: Bam Adebayo in Spiel 2 nicht dabei

Nachdem Adebayo sich in der vorigen Runde gegen Boston an der Schulter verletzte, ist es nun der Nacken, der ihm Ärger macht. "Es ist auf der gleichen Seite, aber es ist eine andere Verletzung", sagte Spoelstra am spielfreien Donnerstag. Genau wie Dragic wollte der Center auf die Zähne beißen, aber es reichte nicht. Auch, weil ein Tag zwischen beiden Spielen lag.

Spoelstra benötigt nun einen neuen Starting Center - oder vielleicht sogar einen alten. Die großen Optionen, die ihm zur Verfügung stehen, heißen Kelly Olynyk und Meyers Leonard (Udonis Haslem muss man ausklammern); zwei völlig andere Spieler als Adebayo, die in der Regular Season beide deutlich größere Rollen spielten als nun in den Playoffs.

Das gilt vor allem bei Leonard. Bis zur Bubble startete er in 49 Spielen neben Adebayo, beim Restart setzte Spoelstra dann aber auf ein kleineres Lineup und beorderte Bam auf die Fünf. Leonard kam danach noch zweimal von der Bank, flog aber komplett aus der "echten" Rotation und wurde mehr zum Sideline-Maskottchen. In den Playoffs spielte Leonard bis dato nur einmal gegen die Bucks.

Die Heat-Bigs in der Saison 19/20

SpieleMinutenNet-Rating
Bam AdebayoReg. Season7233,6+5
Playoffs1635,9+7
Meyers LeonardReg. Season5120,3+4,5
Playoffs18,9+15,8
Kelly OlynykReg. Season6719,4+1,5
Playoffs1312,5+12,6

Kommt Meyers Leonard zurück in die Rotation?

Mehr als alles andere ist Leonard die eigene Unbeweglichkeit zum Verhängnis geworden - gerade für die in den Playoffs viel genutzte Zonenverteidigung fehlt es ihm an Geschwindigkeit. Miami legte über die Regular Season dennoch ein exzellentes Defensiv-Rating von 105,9 auf, wenn Leonard auf dem Court stand, er versteht sich mit den anderen Startern, das könnte für ihn sprechen.

"An diesem Punkt heißt es: Alle Mann an Deck", sagte Spoelstra. "Es ist nicht so, dass die Jungs, die jetzt potenziell in die Rotation rücken, vorher nicht gespielt hätten. Sie haben Selbstvertrauen und sie haben das ganze Jahr über große Rollen für uns gespielt. Unsere Tiefe war eine unserer größten Stärken. Das ist auch nicht nur das Gerede eines Coaches, das haben wir das ganze Jahr genutzt."

Auch Olynyk winkt wohl eine größere Rolle, nachdem die Heat mit ihm in Spiel 1 sogar ein (etwas irreführendes) Plus/Minus-Rating von +14 verzeichnen konnten. Der 29-Jährige fungierte in den Playoffs bisher als Adebayo-Backup, wenn die Heat nicht wie Boston auf einen echten Center verzichteten und Wings wie Andre Iguodala oder Solomon Hill auf die Fünf stellten.

Kelly Olynyk ist der Plus/Minus-König

Olynyk ist in seiner limitierten Spielzeit schon die gesamten Playoffs über ein Ratings-König für die Heat: In seinen 163 Minuten Einsatzzeit verzeichnete Miami ein Net-Rating von +12,6, der höchste Wert unter allen Rotationsspielern. Vor allem das exzellente Defensiv-Rating von 95,3 stach dabei ins Auge, allerdings kamen auch diese Werte nicht immer in aussagekräftigen Situationen zustande.

Olynyk ist spielintelligent, aber wie Leonard nicht der schnellste Akteur und hat dazu athletische Defizite. Im Teamkonzept kann das aber funktionieren: In Spiel 1 wurde er defensiv etwa bei Dwight Howard oder auch Kyle Kuzma geparkt und schaffte es tatsächlich sogar, Davis zweimal von der Weakside zu blocken. Das kann zumindest etwas Hoffnung machen.

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© nba.com/stats

Miami Heat: Micro-Ball ist nicht die Antwort

Was nämlich deutlich wurde: Micro-Ball-Lineups wie gegen die Celtics sind gegen das körperlich überlegene Los Angeles Fehl am Platze, Miami hatte am Brett nicht den Hauch einer Chance (54:36 Rebounds) und kann das nicht ausschließlich mit Einsatz kompensieren. Es braucht eine gewisse Länge, deswegen dürfte man von jetzt an weniger Minuten ohne echten Big Man sehen.

Da sich Miami diese wiederum nicht schnitzen kann, muss Spoelstra entweder auf Bam hoffen - oder mit den beiden Optionen umgehen, die er zur Verfügung hat. Dabei stellt sich auch die Systemfrage: Will man die Lakers-Superstars doppeln, versucht man es Mann gegen Mann, ist es doch wieder die Zone? Mit all diesen Ansätzen hatte Miami in diesen Playoffs bereits Erfolg, allerdings war Adebayo dabei eben üblicherweise der Schlüsselspieler.

Nun geht es auch noch gegen zwei der größten Matchup-Albträume der NBA. Immerhin ist damit zu rechnen, dass die Heat nicht wieder so leicht switchen werden, da LeBron James dadurch viel zu einfach an das gewünschte Mismatch (Duncan Robinson oder Tyler Herro) kommt; zu oft war dafür bloß ein halbherziger Screen nötig, so wie hier, gerade an den Seiten des Courts bekam James seine Mahlzeiten auf dem Silbertablett serviert.

Erik Spoelstra: "So gestört bin ich nicht"

Dazu werden die Heat versuchen müssen, den Court für die beiden Superstars zu schrumpfen und den Ansatz einer Mauer vor ihnen aufzubauen, ähnlich wie gegen Milwaukee. Wenn James, Davis und dann auch noch die Rollenspieler so von außen treffen wie in Spiel 1, werden die Lakers jedes Spiel gewinnen, aber damit ist nicht zu rechnen.

Brot und Butter der Lakers-Offense sind schon das ganze Jahr über Transition-Punkte sowie Abschlüsse in Korbnähe, ihr Spacing ist im Normalfall höchstens mittelmäßig. Vielleicht kann eine modifizierte Zonenverteidigung daher wieder eine Möglichkeit sein, wenigstens gegen die Lineups mit zwei Bigs bei den Lakers. Gegen Boston benutzte man die Zone, um Dreier-Möglichkeiten zu minimieren, gegen L.A. ist eher das Gegenteil angesagt.

Spoelstras Aufgabe ist so oder so höchst komplex. Praktischerweise kennt sich der Coach damit aus, auch wenn er abstritt, dass er sich in solchen Situationen am wohlsten fühlt. "So gestört bin ich nicht im Kopf", sagte Spo, um dann aber zu ergänzen: "Aber das sind die Momente, in denen man sich am lebendigsten fühlt, wenn man auf neue und andere Arten herausgefordert wird."