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NBA - New York Knicks holen Tom Thibodeau als Coach: Vorhersehbar und mit Zweifeln versehen

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Tom Thibodeau ist zurück - in der NBA und auch bei den New York Knicks. Der 62-Jährige wird nach übereinstimmenden Medienberichten einen Fünfjahresvertrag im Big Apple unterschreiben. Ob Thibs jedoch der richtige Coach für die leidende Franchise ist, bleibt abzuwarten.

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Kaum sickerte durch, dass sich Thibs und die Knicks nach wochenlangen Verhandlungen grundsätzlich geeinigt hatten, rauschte es wieder im New Yorker Blätterwald. Als einen "Slam Dunk" bezeichnete unter anderem die New York Post die Verpflichtung des 62-Jährigen.

Der Gedanke dahinter ist simpel. Thibodeau ist der wahrscheinlich größte Name auf dem Markt, dazu steht Thibs bei der Berater-Agentur CAA unter Vertrag, welche Knicks-Präsident Leon Rose bis vor kurzem leitete, bevor er in das Management der New Yorker Franchise wechselte. Thibodeau genießt weiterhin einen guten Ruf innerhalb der Liga, vornehmlich aufgrund seiner Arbeit bei den Chicago Bulls (2010-2015), als er aus Derrick Rose einen MVP formte und später mit Jimmy Butler immer wieder gute Teams stellte.

Mit den Bulls gewann Thibs satte 65 Prozent seiner Spiele (352-246) und das obwohl Rose gleich mehrere Jahre wegen diversen Verletzungen aussetzen musste. Auf der anderen Seite steht sein Engagement bei den Minnesota Timberwolves zwischen 2016 und 2019, welches nicht von Erfolg gekrönt war. Zwar durchbrach er mit den Wolves die 14 Jahre andauernde Playoff-Dürre, doch die Youngster Karl-Anthony Towns und Andrew Wiggins entwickelten sich nicht wie gewünscht.

Tom Thibodeau steht vor einem Engagement bei den New York Knicks.
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Tom Thibodeau steht vor einem Engagement bei den New York Knicks.

New York Knicks: Thibodeau blieb zuletzt erfolglos

Als dann auch noch Trainer-Liebling Jimmy Butler revoltierte und die Wolves wieder in die Bedeutungslosigkeit versanken, war für Coach/GM Thibodeau schließlich Schluss. In New York wird sich Thibs wieder voll und ganz auf das Coaching konzentrieren - und hierbei wartet jede Menge Arbeit auf den Defensiv-Guru, der bereits zwischen 1996 und 2004 als Assistent Coach für Jeff Van Gundy und Don Chaney bei den Knicks angestellt war.

Die große Frage wird sein, ob Thibodeau in der Lage ist, mit einem jungen Team zu arbeiten. In Chicago gelang dies, weil er mit den damaligen Youngstern wie Rose, Joakim Noah, Butler oder auch Luol Deng auf einer Wellenlinie lag. In Minnesota fand er dagegen keinen Draht zu Towns oder Wiggins, am Ende war die Beziehung toxisch.

Auch die Knicks befinden sich mitten in einem Rebuild, in R.J. Barrett (19), Mitchell Robinson (21) sowie einem wahrscheinlichem Top-5-Pick stehen einige Teile für ein Fundament zur Verfügung. Sie alle besitzen durchaus Potenzial, ob sie Franchise-Spieler sein können, darf jedoch angezweifelt werden.

New York Knicks: Doch kein Rebuild?

Damit verbunden schwieg Knicks-Boss Rose seit seiner Amtseinführung im Februar, wie die Zukunft des Teams aussehen wird. Es fehlt noch immer ein klares Bekenntnis für die Richtung der Franchise, womöglich ändert sich dies nun mit dem neuen Coach. Realistisch betrachtet bleibt nur die Option einer weiteren Übergangssaison, in der sich die jungen Spieler die Hörner abstoßen sollen.

Dies wurde in der für die Knicks abgelaufenen Saison versäumt, indem Veteranen ins Team geholt wurden, die Barrett und Co. Spielzeit wegnahmen. Der Erfolg blieb dennoch aus, die Knicks gewannen nur 21 ihrer 66 Spiele, was lediglich für Platz zwölf im Osten reichte. Eine Übersicht über die finanzielle und personelle Situation der Knicks gibt es hier.

Geduld sollte nun das Mantra sein, nicht unbedingt eine Eigenschaft, für die Thibs (und auch die Knicks selbst) bekannt ist. Der ewige Junggeselle gilt als extrem ehrgeizig, der entsprechend hart trainiert und viel fordert. 40 Minuten Spielzeit für einzelne Spieler waren keine Seltenheit unter ihm, Deng oder auch Butler können davon ein Lied singen.

Es könnte ein Zeichen sein, dass die Knicks ihren Rebuild beschleunigen wollen. Es erscheint unrealistisch, dass Thibodeau für zwei, drei Jahre mit jungen Spielern arbeiten will. Vielmehr könnte es bedeuten, dass New York spätestens zur Free Agency 2021 wieder angreifen und die großen Stars jagen möchte.

New York Knicks: Die Bilanzen der vergangenen Jahre

SaisonBilanzPlatzierung
13/1437-459. im Osten
14/1517-6515. im Osten
15/1632-5013. im Osten
16/1731-5112. im Osten
17/1829-5311. im Osten
18/1917-6515. im Osten
19/2021-4512. im Osten

New York Knicks: Kommt mit Thibs endlich Konstanz rein?

Das ist ein gefährliches Spiel, wie der vergangene Sommer bestens zeigte, als Kyrie Irving und Kevin Durant lieber in Brooklyn unterschrieben und die Knicks mit leeren Händen dastanden. Selbst ein Team wie die Los Angeles Lakers mussten anerkennen, dass es ohne Rebuild nicht funktioniert. Es brauchte drei Top-2-Picks (D'Angelo Russell, Brandon Ingram, Lonzo Ball) sowie die glückliche Fügung, dass LeBron James nach L.A. wollte, um in Anthony Davis einen echten Superstar via Trade zu akquirieren.

Die Knicks befinden sich dagegen - mit der Ausnahme der Saison 2012/13, als man mit Carmelo Anthony eine Playoff-Runde gewann - seit 2000 im immer wiederkehrenden Neuaufbau, bei welchem sich das Personal fast jährlich änderte. Vor Thibs versuchten sich in den vergangenen sieben Jahren genauso viele Übungsleiter.

Nun soll es also Thibodeau richten, ein Vertrag über fünf Jahre ist definitiv ein Vertrauensbeweis, gleichzeitig aber auch das erste große Risiko, welches das neue Regime um Rose eingeht. Ist Thibs überhaupt noch zeitgemäß? Seine Defensiv-Strategie ICE, bei der Ballhandler im Pick'n'Roll in Richtung Seitenlinie gedrängt werden sollen, war zu Bulls-Zeiten sehr erfolgreich, inzwischen haben sich Teams aber darauf eingestellt.

New York Knicks: Geduld ist gefragt

Schon in Minnesota konnte der Defensiv-Spezialist nicht einmal eine durchschnittliche Defense basteln. Auf der anderen Seite waren Thibodeau-Teams offensiv nicht modern ausgerichtet und rangierten stets im unteren Drittel bei versuchten Distanzwürfen. Das Spacing der Knicks zählte unter den Ex-Coaches David Fizdale und Mike Miller zu den schlechtesten in der NBA - auch aus Mangel an echten Schützen.

In der Free Agency kann dieses Problem zumindest punktuell angegangen werden, dann liegt es an Thibs, die Knicks wieder interessant zu machen. Interessant heißt in NBA-Kreisen, dass ein Team oben mitspielt oder Hoffnung in Form von jungen aufregenden Spielern und einer besseren Zukunft verspricht.

Damit der von der New York Post beschworene "Slam Dunk" tatsächlich gelingt, müssen sich aber vermutlich alle involvierten Parteien ändern. Die Knicks und auch Thibodeau müssen ihre Erwartungen zurückschrauben, sich in Geduld üben. Gelingt das nicht, könnte diese Ehe zum Scheitern verurteilt sein.

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