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NBA-Legendenserie - Jerry West: Warum sich einer der besten Spieler aller Zeiten als Verlierer sieht

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Eine Pleite schlimmer als die andere

Er tat es nicht und wieder war Baylor und ihm das Glück nicht hold. 1970 behielten die Knicks in sieben Spielen die Oberhand, auch dank des heroischen Comebacks von Willis Reed, welches die Massen im Madison Square Garden elektrisierte. Zuvor hatte West in Spiel 3 mit einem Halfcourt-Shot seine Lakers in die Overtime gerettet. Zur Erinnerung: Mit einer Dreierlinie hätte L.A. das Spiel gewonnen, so setzte es eine Pleite nach Verlängerung.

West kämpfte, wie eigentlich seine komplette Karriere, zu diesem Zeitpunkt mit Verletzungen. Die Finals bestritt er mit gleich zwei gebrochenen Fingern. "Für mich war das keine Entschuldigung. Wir haben einfach verloren", so West. So soll der Guard in seiner Karriere mindestens neun Nasenbrüche erlitten haben.

1970 war West endgültig in der Blüte seines Schaffens. Die Dominanz der Celtics schwächte ohne Russell ein wenig ab, Mr. Clutch legte über 31 Zähler im Schnitt auf und war der beste Spieler der Liga, auch wenn dies nicht mit einem MVP-Award belohnt wurde. Was noch immer fehlte, war der Erfolg mit dem Team, auch wenn ihn seine Mitspieler liebten, anders als es zum Beispiel bei The Big O der Fall war.

Die Zunge der Schlange

Trotz großer individueller Zahlen stand für West immer der Teamerfolg im Mittelpunkt. Nach einem inoffiziellen Quadruple-Double (Blocks und Steals wurden nicht notiert) mit 44 Punkten, 12 Rebounds, 12 Assists und 10 Blocks (16/17 FG, 12/12 FT) nörgelte West an seiner Leistung: "Ich glaube, defensiv habe ich dem Team nicht geholfen."

Dabei war gerade die Verteidigung eine weitere große Stärke des Aufbaus: "Leute vergessen, dass West einer der besten Defensiv-Guards aller Zeiten war", erinnerte sich Auerbach später. Da das All-Defense Team erst 1969 eingeführt wurde, kam der Laker auf lediglich fünf Berufungen (in sechs Jahren).

"Seine Hände waren so schnell wie die Zunge einer Schlange", schwärmte auch Lenny Wilkens. Als 1974 erstmals Steals erhoben wurden, stand West bei 81 Balleroberungen in nur 31 Spielen - mit fast 36 Jahren!

Die Erlösung

Im Herbst seiner Karriere wurde West vom neuen Coach Bill Sharman zum Point Guard umfunktioniert. Für den Erfolg opferte der beste Shooter der Liga sein Scoring und wurde zum Floor General. Mit harter Defense und Fast Breaks gewannen die Lakers 1971/72 33 Spiele in Serie, ein Rekord, der noch immer Bestand hat. L.A. bewunderte Showtime, lange bevor sich Magic ein Lakers-Jersey überstreifte.

Am Ende des Jahres war es dann endlich soweit. Die Lakers überrollten im Finale die Knicks in fünf Spielen. Nach acht verlorenen Finals bekam West endlich seinen Ring. "Es war ein schönes Gefühl, doch es ersetzte niemals die Schmerzen der Niederlagen zuvor", erklärte der Leidgeplagte auch Jahre später. Statt zu feiern, besuchte er lieber einen Boxkampf.

Die NBA-Statistiken von Jerry West

SaisonsSpieleMinutenPunkteFG%ReboundsAssists
Regular Season1493239,22747,45,86,7
Playoffs1415341,329,146,95,66,3

Jerry West: The Logo auf ewig

Zwei Jahre später beendete West seine großartige Karriere. In 14 Jahren erreichte er neunmal die Finals, stand zehnmal im All-NBA-Team, erzielte 25.192 Punkte und revolutionierte auf seine Art und Weise die Guard-Position. Seine 860 verwandelten Freiwürfe in einer Saison sind noch immer unerreicht. Die NBA verewigte ihn auf ihrem Logo, die Lakers bauten ihm vor das Staples Center eine Statue. Neben Magic Johnson und Kobe Bryant ist er wohl der wichtigste Spieler, der je die Sneakers für Purple&Gold geschnürt hat.

Trotz acht verlorener Finals erinnert sich die Basketball-Welt auch heute noch an Mr. Clutch, an einen der gefürchtetsten Spieler der Geschichte. "Ich bin überrascht, wenn der Ball nicht in den Korb geht. Ich denke, ich sollte jeden Wurf versenken", behauptete West. Er hatte die Einstellung eines Champions und führte ein Lakers-Team gleich mehrfach fast ins gelobte Land - wären da nicht die unbesiegbaren Celtics gewesen, gespickt mit fünf Hall-of-Famern.

Es spricht für sich, dass vor allem der Erzrivale von der Ostküste nur in höchsten Tönen von ihm sprach. "Im Rückblick auf meine Karriere bedauere ich nur, dass ich nie die Chance hatte, Jerry West zu coachen", adelte Auerbach. Ein größeres Kompliment gibt es nicht - auch wenn Jerry West das anders sieht.

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