Olympische Spiele in Peking - DOSB-Boss Thomas Weikert im Interview: "Ein Sportministerium würde Deutschland guttun"

Seit Anfang Dezember ist Thomas Weikert der neue Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.
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Die Winterspiele von Peking stehen unter keinem guten Stern. Manche bezeichnen sie aufgrund des Austrangungslandes China als Verrat am Sport und an der olympischen Idee. Falsch ist das sicher nicht. Warum sollten wir uns trotz allem auf die Spiele freuen?

Weikert: Ich will die Probleme im Zusammenhang mit den Winterspielen überhaupt nicht kleinreden. Ich will aber immer wieder betonen, dass ich davon überzeugt bin, dass die Athletinnen und Athleten unsere Unterstützung verdient haben. Sie haben seit Jahren für diesen Moment trainiert und viele Opfer dafür gebracht. Ich halte es schon für wichtig, dass unsere Sportlerinnen und Sportler wissen, dass wir hinter ihnen stehen, egal, wie wir zu China stehen. Es ist schlimm genug für sie, dass durch Corona das olympische Flair ohne Fans für sie nicht das gleiche sein wird und dass sie quasi mit sich alleine jubeln müssen bei ihrem Wettkampf. Und ich bin überzeugt davon, dass wir gerade ganz besonders Vorbilder für unsere Schülerinnen und Schüler zuhause brauchen. Und wir werden tolle deutsche Vorbilder sehen in Peking. Darauf sollten wir den Fokus legen.

Da haben Sie auf der einen Seite sicher recht. Auf der anderen Seite dürfen wir nicht so einfach vergessen, dass hier ein Land eine Olympiade geschenkt bekommen hat, "um sein Modell des autoritären Denkens zu promoten", wie es der China-Korrespondent des ZDF, Ulf Röller, formuliert hat. Können Sie da einfach so drüber hinweg sehen?

Weikert: Nein, das kann ich nicht. Das wäre ja gelogen, wenn ich sagen würde, dass mich diese Fragen nicht auch beschäftigen. Das geht ja an keinem spurlos vorbei, der sich mit diesen Winterspielen beschäftigt. Dennoch: Wir haben das getan, was wir aus unserer Sicht vor allem tun mussten. Nämlich unsere Athletinnen und Athleten gut auf die Spiele vorbereiten, auch was die Situation der Menschenrechte angeht. Es gab zum Beispiel Calls mit dem ganzen Team Deutschland mit Experten von Human Rights Watch und dem Auswärtigen Amt. Ich habe den Eindruck, dass es die Athleten natürlich auch beschäftigt, dass sie sich aber in erster Linie auf den Sport fokussieren wollen und darauf, in Peking ihre beste Leistung abzurufen. Wir respektieren aber beides, offene Worte oder Zurückhaltung, und wir stellen uns in beiden Fällen vor das Team.

Würden Sie als Athlet lieber schweigen in China? Die Athleten dürfen sich ja äußern, sie müssen aber die Olympische Charta einhalten. Sprich: Auf dem Podium sind keine politischen Statements erlaubt, sonst aber schon. Also theoretisch ...

Weikert: Wäre ich als Athlet in Peking dabei, hätte ich keine Angst, in einem Interview meine Meinung zu sagen. Ich fliege mit Respekt vor der Lage nach China, das würde ich schon sagen. Aber ich würde mich als Athlet bei Olympischen Spielen grundsätzlich erstmal immer auf den Sport konzentrieren - das gilt auch, wenn die Spiele in Frankreich wären.

"Eine solche Kursänderung kann man ruhig schon mal loben"

Als Nächstes sind ja die Sommerspiele in Frankreich. Paris 2024, Cortina d'Ampezzo 2026, Los Angeles 2028. Ist es zynisch, wenn man sagt, man sitzt Peking einfach gewissermaßen aus und schlängelt sich irgendwie durch, danach werden die Austragungsorte ja wieder "besser"?

Weikert: Eine solche Kursänderung kann man ruhig schon mal loben. Es ist ja Fakt, dass nach Peking die Austragungsorte wie erwähnt durchaus andere werden. 2032 mit Brisbane in Australien gehört ja auch noch dazu. Auch das zeigt, dass es im IOC einen Wandel gegeben hat. In Zukunft werden Themen wie Nachhaltigkeit und sicher auch die Menschenrechte eine größere Rolle bei der Vergabe spielen, ich sehe da eine positiven Trend. Für 2022 hatte wir das IOC am Ende die Wahl zwischen China und Kasachstan, weil alle anderen Bewerbungen gescheitert sind.

Es ist ja nicht nur das Thema Menschenrechte. Alleine, dass es Thema ist, dass es manipulierte Tests geben könnte oder dass die Zustände im Quarantänehotel wie vor einiger Zeit von den Rodlern bei einem Testevent geschildert, katastrophal sein sollen, ist doch erschütternd.

Weikert: Was die Rodler geschildert haben, war nicht akzeptabel. Solche Missstände gehen nicht. Das haben wir in Gesprächen mit dem chinesischen Sportminister und dem IOC, auch mit Thomas Bach persönlich, auch ganz klar gemacht. Das Ergebnis stimmt uns zuversichtlich. Wir hatten jetzt leider einen positiven Fall im Betreuerstab und Dirk Schimmelpfennig als Chef de Mission hat uns berichtet und versichert, dass mit den Tests alles vernünftig abgelaufen ist. Unser Mannschaftsarzt war auch eingebunden. Zumal auch ein internationales Gremium die Tests extra überwacht. Und auch das Quarantäne-Hotel soll in Ordnung sein. Da hat sich also zum Glück schon einiges verbessert und ich gehe davon aus, dass diese Probleme abgestellt sind, zumal die ganze Welt jetzt darauf schauen wird. Es ist übrigens auch nicht das erste Mal, wenn in Olympiastädten zu Beginn nicht alles reibungslos abläuft, auch wenn es zugegeben andere Themen waren vor der Pandemie.

In der Vergangenheit musste man seinen Athleten auch nicht vor dem Abflug raten, die persönlichen Handys zuhause zu lassen.

Weikert: Wir haben uns vom Bundesamt für Sicherheit der Informationstechnik zum sicheren Umgang beraten lassen und sind dann zu dem Entschluss gekommen, den Athleten zu raten, ihre persönlichen Handys nicht mitzunehmen. Das stimmt. Ich bin ganz ehrlich: Wenn man so einen Rat gibt, hat man kein gutes Gefühl dabei, sonst würde man diesen Rat ja gar nicht erst geben.