Bachs triumphale Tokio-Bilanz - keine Fragen zu Peking erlaubt

SID
IOC-Präsident Thomas Bach hat die Sommerspiele von Tokio bereits vor der Schlussfeier am Sonntag als "großen Erfolg eingeordnet.
© getty

Große Erleichterung bei IOC-Präsident Bach: Die umstrittenen Spiele von Tokio sind für ihn bereits vor der Schlussfeier "ein großer Erfolg". Über die nahe olympische Zukunft im viel kritisierten China will Bach lieber nicht reden.

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Thomas Bach steigerte sich gerade in eine Lobeshymne auf die ach so glanzvolle olympische Gegenwart, als er mit den Schrecken der nahen Zukunft konfrontiert wurde. "Herr Bach, würden Sie die Internierung von Uiguren in chinesischen Lagern verurteilen?", wollte ein Reporter mit Blick auf die Winterspiele 2022 in Peking wissen. Eine Antwort bekam die Sportwelt nicht. Das hier sei Tokio, sagte Sprecher Mark Adams, der seinem Chef zur Hilfe eilte - außerdem warte ein Flug nach Sapporo auf den IOC-Präsidenten.

Unangenehme Fragen zu Menschenrechten im kommenden Gastgeberland passten nicht ins Programm der Olympia-Macher, nicht zu Bachs triumphaler Tokio-Bilanz. Angesichts der greifbar nahen Schlussfeier war der Herr der Ringe dermaßen euphorisiert, dass er sich ein Fazit nicht verkneifen konnte. Für den 67-Jährigen sind die global kritisierten und milliardenschweren Corona-Spiele 2021 "ein großer Erfolg für Japan, das IOC und die gesamte Sportwelt". Eine "Botschaft der Hoffnung" für die pandemiegeplagte Menschheit.

Ausdruck menschlicher Resilienz?

Weil Bach weiß, dass der Mensch aber jederzeit auf der Hut vor dem Virus sein muss, fügte er noch schnell hinzu: "Es sind noch zweieinhalb Tage, wir sind in Alarmbereitschaft und aufmerksam." Wenn der "am besten getesteten Gemeinschaft der Welt" aber bis Sonntag nichts passiert, wird Bach seine Worte wiederholen, ehe Olympia aus Tokio verschwindet und dabei die Frage hinterlässt, wie diese bizarren Spiele tatsächlich einzuordnen sind. Als ein trauriges Sportfest mit leeren Sitzen und ohne Stimmung? Oder als Ausdruck menschlicher Resilienz?

Für Bach ist die Antwort klar - und er gibt sie gerne. Nach der Entscheidung gegen Zuschauer in den Stadien sei er besorgt gewesen, "diese Spiele könnten Spiele ohne Seele werden", sagte Bach: "Aber was wir hier gesehen haben, ist ganz anders. Die Athleten haben Tokio die olympische Seele gegeben." In einem Anflug von Übermut verstieg er sich sogar zu der Aussage, ihm sei manchmal gar nicht aufgefallen, dass die Fans gefehlt haben. Das wird den Sportlerinnen und Sportlern in den meisten Fällen anders ergangen sein.

Alles "Behauptungen. Ohne Substanz"

Dennoch waren sie glücklich, dass die Spiele überhaupt stattfinden konnten, was fürwahr eine organisatorische Meisterleistung bedeutete, "ein Beispiel der Effizienz", wie Bach sagte, und ein Vorbild, dass ein solches Mega-Event auch in Pandemiezeiten möglich sei. Den indirekten Zusammenhang zwischen der Austragung der Sommerspiele und den steigenden Coronainfektionen in Japan, den einige Fachleute ausgemacht haben wollen, wies Bach wie bei seiner Bilanz zur Halbzeit scharf zurück. Alles "Behauptungen. Ohne Substanz". Thema erledigt.

Es galt ohnehin, das sportliche Niveau zu preisen, das zu seiner Überraschung trotz aller Widrigkeiten in der Vorbereitung "sehr hoch" gewesen sei, sagte Bach. Bei all den Weltrekorden in der Leichtathletik oder im Gewichtheben, die manchen Beobachter am eigenen Sportverstand oder der Fairness des Wettkampfes zweifeln ließen, sieht Bach nur Ausnahmeleistungen und sagt: "Chapeau!" Auch in dieser Hinsicht haben die um ein Jahr verlegten Spiele seine "Erwartungen bei weitem übertroffen". Soweit die Lobeshymne.

Wie Thomas Bach über die zukünftigen Herausforderungen denkt, die vor und in Peking auf die olympische Familie warten, erfährt die Welt in Tokio nicht mehr. Fragen nach der Corona-Situation bei den Winterspielen, die bereits 180 Tage nach der Schlussfeier beginnen, oder gar nach den Menschenrechten in China werden erst wieder zu Hause in Lausanne beantwortet. Sagte Mark Adams.

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