Olympia kompakt: Bloß nicht wieder im Flieger saufen, Jungs!

Von Stefan Petri
Australien hat das Hockey-Finale der Männer gegen Belgien verloren. Danach schlugen einige Spieler über die Stränge.
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Über zweimal Silber durfte sich Team Deutschland am Freitag bei den Olympischen Spielen in Tokio freuen. Schlagzeilen fabrizierte aber vor allem die unsägliche Szene beim Modernen Fünfkampf. Hält sich deshalb heute auch vornehm zurück: das Olympia kompakt.

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"Listicles sind, noch bevor sie so genannt wurden, in der Boulevardpresse seit langem beliebt, weil sie dem Leser suggerieren, er müsse sich nur durch eine prägnant geschriebene Aufzählung lesen, um ein komplexes Thema ohne Anstrengung zu erschließen", sagt Wikipedia.

Prägnant ist Olympia kompakt hoffentlich immer, komplex sind die Themen immerhin manchmal. Die Anstrengung vermeidet in diesem Fall aber vor allem der Autor dieses Artikels. Der hat nämlich schon ein bisschen Zeit in einen Fünfkampf-Kommentar gesteckt. Deshalb heute nur die Top 10 und Flop 10 des Tages.

Olympia, Tag 14: Die wichtigsten Ergebnisse und News

Flop 10 des Olympia-Tages

  • Kim Raisner: Wenn wir schon beim Thema sind. "Ich hab gesagt, hau drauf. Aber sie hat das Pferd nicht gequält, in keinster Weise", erklärte die Bundestrainerin ihre guten Ratschläge für Annika Schleu: "Dass man mal mit der Gerte hinten draufhaut, ist jetzt keine Quälerei. Sie hat dem Pferd nicht im Maul gerissen. Sie hatte keine scharfen Sporen dran. Pferde quälen sieht anders aus." Och. Spaß gemacht hat es wahrscheinlich auch nicht.
  • Thomas Bach: "Herr Bach, würden Sie die Internierung von Uiguren in chinesischen Lagern verurteilen", wurde der IOC-Großmufti auf einer Pressekonferenz am Freitag gefragt. Leider durfte er nicht antworten, sein Pressesprecher grätschte dazwischen. Hier sei man doch in Tokio, und überhaupt: Der Flieger wartet. Echt jetzt? Immer noch keine eingeübte Antwort zu China parat? Dann wird es aber langsam Zeit.
  • Deutsche Frauen-Staffel über die 4x-100m: Platz fünf in einem Olympischen Finale ist nichts, wofür man sich schämen muss. Wenn die Zeit aber schlechter ist als im Vorlauf und der letzte Wechsel verpatzt wird, kann man schlecht in den Top 10 landen. "Es ist scheiße", sagte Schlussläuferin Gina Lückenkemper. Dann ist das wohl so.
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  • Christin Hussong: Hey, wenn wir schon beim Thema sind! "Ich habe es technisch leider überhaupt nicht hinbekommen. Es war der schlechteste Wettkampf im ganzen Jahr", sagte die Speerwerferin, nachdem sie in drei Versuchen nicht die 60 Meter knacken konnte: "Das ist natürlich sehr beschissen, wenn das im Olympia-Finale passiert. Wenn man technisch so schlecht wirft, hat man es auch nicht verdient."
  • NBC: Der amerikanische Sender zahlt den Löwenanteil der Fernsehgelder, um die Spiele daheim zur Primetime auszustrahlen. Das aber oft zeitversetzt, zudem landet ein beträchtlicher Teil auf dem eigenen Streaming-Dienst Peacock. Die Quoten sind auf jeden Fall abgestürzt: bis zu 51 Prozent schlechter als in Rio. Heißt das, wir müssen endlich nicht mehr alles nach den Amis richten? Schwimm-Finals am frühen Vormittag und so? Dann hätte es ja doch noch etwas Gutes.
  • Karate-Betrug: Der Deutsche Noah Bitsch hätte vielleicht um eine Medaille kämpfen können, doch im Kumite mauschelten sich Rafael Aghajew (Aserbaidschan) und der Italiener Luigi Busa weiter. Aghajew ließ Busa nämlich gewinnen - und so schied Bitsch mit zwei Siegen und zwei Niederlagen aus. "Wer die beiden kennt, weiß, dass dieser Kampf fingiert war. Er hat ihn gewinnen lassen, damit beide weiterkommen", sagte Bundestrainer Thomas Nitschmann. Bitsch sprach von einer "nicht olympiareifen" Vorstellung. Im Finale gewann Busa übrigens Gold gegen Aghajew.
  • IOC: Genau 76 Jahre war der Atombomben-Angriff auf Hiroshima am Freitag her: Am 6. August 1945 waren 140.000 Menschen gestorben. Eine Schweigeminute für die Opfer lehnte das IOC ab. Keine Pointe.
  • Australien-Quartett: Fünf Hockey-Spieler aus Down Under hatten offenbar nicht genug Bölkstoff im Olympischen Dorf. Deshalb schlichen sie sich unerlaubt in einen Supermarkt - und wurden natürlich erwischt. Zur Strafe gab es Quarantäne bis zur Abreise aus Tokio. Jetzt bloß nicht wieder im Flieger saufen, Jungs!
  • Schwedische Nerven: Zwei von sechs Versuchen verwandelten die Schwedinnen im Elfmeterschießen gegen Kanada. Die letzten drei wurden allesamt verballert. So gab es dann wie 2016 doch wieder nur Silber im olympischen Fußball-Turnier.
  • Deutschlands Platz im Medaillenspiegel: Achter Rang? Hinter Italien jetzt und nur hauchdünn vor den Niederlanden? Da kann man nicht zufrieden sein.

Top 10 des Olympia-Tages

  • Jonathan Hilbert: Silber über die 50 km Gehen - im wahrscheinlich letzten Olympia-Wettkampf über diese Disziplin. Was geht hier eigentlich ab! "Ich bin heute früh aufgewacht und habe sofort gemerkt, das wird ein spezieller Tag, ich bin richtig gut drauf", sagte der Glückspilz nach seinem Coup. Die Medaille geht natürlich runter wie Öl: "Ich werde die Medaille in der Hand halten und denken: Das ist doch nicht meine? Die hat mir jemand gegeben, damit ich mal schauen darf." Und die wichtigsten Grüße nach dem ... hm ... Rennen? ... gingen raus an Freundin Anna in der Heimat: "Sie hat jede Sekunde an mich geglaubt. Deshalb ist das hier auch für dich, Anna!" Es geht doch nichts über die große Liebe - nicht einmal Silber!
  • Allyson Felix: Ihre zehnte olympische Medaille gewann die Grande Dame der Leichtathletik am Freitag über die 400 Meter. Sechsmal Gold hatte sie schon, dreimal Bronze auch - und jetzt ist die Sammlung mit einer Bronze perfekt. Und das mit 35. Zehn Leichtathletik-Medaillen sind übrigens einmaliger Rekord, sie zog in dieser Hinsicht an Carl Lewis und Merlene Ottey (je neun) vorbei. Respekt!
  • Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll und Patrick Franziska: Ja, es war am Ende doch ein klares, erwartetes 0-3 gegen China geworden. Scheißegal, Jungs! Die Drachen schmettern sowieso außer Konkurrenz, irgendwo seit ihr also doch die Besten (vom Rest) der Welt! Dementsprechend gab es auch Freudentränen auf dem Podest. "Die Zeremonie war sehr emotional, da musste ich ein paar Tränchen wegdrücken", sagte Franziska. Lass laufen, Junge!
  • Dream Team: Nein, nicht die Basketballer aus den USA - die sind schließlich längst schlagbar, auch wenn es wahrscheinlich wieder zu Gold reichen wird. Ihre weiblichen Pendants, die sind unschlagbar! Das Halbfinale gegen Serbien war der 54. Sieg bei Olympischen Spielen in Folge. Im Endspiel darf sich Japan dann mal versuchen.
  • Korda-Gene: Papa Petr Korda gewann anno 1998 die Australian Open - und lässt mittlerweile seinen Nachwuchs auf die Sport-Welt los. Töchterchen Nelly golft und führt das Feld vor der letzten Runde mit drei Schlägen Vorsprung an. Söhnchen Sebastian ist das vielleicht größte Talent im US-Tennis. Und wir fragen uns, wo Steffi Grafs Nachwuchs steckt - und ob er im Zweifelsfall für Team D antreten würde ...
  • Cleopatre Darleux: Erstmal natürlich einfach nur für den sensationellen Namen. Und dann noch für die sportliche Leistung: Die französische Handball-Torfrau steht mit ihrem Team nämlich im olympischen Finale.
  • Florian Wellbrock und Malaika Mihambo: 20.000 Euro gibt es als Prämie für eine Olympia-Goldmedaille - besser als nichts, wenn auch nicht so viel wie bei vielen anderen. Dafür könnte es daheim aber noch ein bisschen obendrauf geben, schließlich sind die beiden gut zu vermarkten. "Beide Sportler sind in der Weltspitze mit außergewöhnlichen Leistungen angekommen und gehören somit zu den Größten in ihrer Sportart", jubelt Claudia Lindner von der Agentur Albus im SID: "Mit Olympia-Gold steigt ihre Popularität." Die sei bei Mihambo ohnehin hoch, aber auch Flo "werde in die Liga der Topverdiener kommen". Also wir gönnen ihnen jeden Euro.
  • Sifan Hassan: Die Niederländerin wollte über 1.500, 5.000 und 10.000 Meter Gold gewinnen. Nach einer Goldenen über die Mitteldistanz ist der Traum heute geplatzt, über ihre Kurzstrecke wurde sie am Ende Dritte. Hassan war aber nicht unzufrieden: "Ich habe mein Bestes gegeben und es zu einem schnellen Rennen gemacht. Ich hätte nichts anders machen können." Sie sei "sehr glücklich". Na das ist doch die richtige Einstellung!
  • Filippo Tortu: Okay, eigentlich die ganze italienische 100m-Staffel, die seit heute die schnellste der Welt ist!!!EinsElf! Aber wie Schlussläufer Tortu auf der Zielgeraden am Briten Nathaneel Mitchell-Blake vorbeischoss, mit einer Hundertstel Vorsprung Gold holte und dann einfach nur ungläubig aus der Wäsche guckte, das war ganz groß. Lieber Filippo, so hab ich übrigens auch geguckt. Italien die schnellste Staffel der Welt ... Andererseits: Wenn die das können, können wir das auch! 2024 in Paris, Baby!
  • Jesus Angel Garcia: Beendete die letzten 50 km und die achten - und wahrscheinlich letzten - olympischen Spiele seiner Karriere auf dem 35. Platz. Jesus Angel Garcia ist fast 52 Jahre alt.
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