Sabine Lisicki im Interview: "Wenn du plötzlich keine Kontrolle mehr über dein Bein hast, bekommst du Angst"

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Was ist das konkrete Ziel bis Jahresende?

Lisicki: Das behalte ich für mich, sorry. (lacht) Aber ich habe ein klares Ziel im Kopf, weil ich es auch wichtig finde, sich klare Ziele zu setzen und nicht planlos durch die Gegend zu laufen. Und wenn man seine Ziele im besten Fall schneller erreicht als gedacht, macht es umso mehr Spaß. Generell ist klar, dass das Jahr für mich ganz im Zeichen dessen steht, dass ich mich in der Rangliste wieder Stück für Stück nach oben arbeiten will. Vor nicht langer Zeit war ich komplett aus der Rangliste geflogen, jetzt habe ich schon wieder 600, 700 Plätze gut gemacht und stehe auf 407. Ich muss weiter Punkte sammeln und schauen, was dafür und für meinen Körper die besten Entscheidungen sind. Nicht in Wimbledon zu sein, tat zwar weh, aber ich habe keine Wildcard bekommen, das muss man dann akzeptieren. Ich muss für den Rest des Jahres sehr flexibel sein und schauen, in welche Turniere ich reinkomme und wo vielleicht auch eine Wildcard mal drin ist, wenn ich gut spiele. Was ich auf jeden Fall sagen kann, ist, dass ich gerne nochmal vor den deutschen Fans beim Turnier in Hamburg spielen würde.

Das wäre sicher nochmal ein emotionales Erlebnis nach den Events in Berlin und Bad Homburg.

Lisicki: Vor allem Berlin war natürlich unglaublich emotional für mich. Dieses Turnier wieder spielen zu können, in meinem Heimatclub, wo für mich alles losging und wo ich als Kind jeden Tag war, war so ein großes Ziel für mich. Ich wusste lange nicht, ob ich das schaffe, umso schöner war das Erlebnis jetzt, zumal so viele Freunde extra angereist sind, meine Familie war eh dabei - das war schon überwältigend. Auch zu sehen, wie viele Leute nach all den Jahren mich immer noch so unterstützen, das hat sehr gutgetan. Nächstes Jahr will ich wieder dabei sein, dann aber im Hauptfeld. (lacht)

Es war auffällig, wie vor allem auch die Kinder auf Sie reagiert haben. Thema: Inspiration.

Lisicki: Das war Wahnsinn. Kinder sind ja so ehrlich und sagen einem immer, was sie denken. Ich glaube, dass sie spüren, wie wichtig mir Werte wie Bodenständigkeit und Empathie sind. Es ist total schön, diese Verbindung zu haben. Aber nicht nur mit den Kindern. Es ist mir auch wichtig, andere Frauen zu ermutigen, für ihre Träume zu kämpfen. Gerade Frauen erleben es oft, dass ihnen gesagt wird, du kannst dies oder das eh nicht schaffen, lass es doch bleiben, aber nein, wir können das schaffen. Wir können uns durchboxen, wir müssen nur an uns glauben und für unsere Träume kämpfen. Das ist meine Botschaft.

Lisicki: "Solange das Feuer noch in mir brennt"

Wimbledon war ja vor allem wieder ein Fest für alle Traditionalisten, auch wenn jetzt am mittleren Sonntag gespielt wird. Wünschen Sie sich generell Veränderungen für den Tennissport?

Lisicki: Ich muss zugeben, dass ich in der Hinsicht altmodisch bin. Ich finde es großartig, dass in Wimbledon nach wie vor nur in weiß gespielt wird, das soll sich bitte nie ändern, es hat einfach so etwas Schönes und Elegantes. Auch an Formaten würde ich im Tennis nichts verändern. Das Einzige, was ich mir vorstellen kann, ist, dass wir etwas mehr Atmosphäre zulassen könnten. Ich erinnere mich noch gut an die Olympischen Spiele in London, als ich mit Christopher Kas im Mixed gegen Laura Robson und Andy Murray gespielt habe, dort herrschte eine Stimmung wie im Fußballstadion, das dürfte ruhig öfter so sein, wenn es nach mir geht.

Olympia 2024 in Paris könnte auch nochmal ein Ziel sein... wie lange wollen Sie noch weiterspielen?

Lisicki: Solange das Feuer in mir noch brennt. Ich setze mir kein Limit. Das Leben als Tennisprofi ist manchmal hart, man reist viel, man verzichtet viel, aber noch liebe ich jeden Tag, was ich tue. Wenn ich eines Tages aufwache und merke, dass es nicht mehr so ist, werde ich mir Gedanken machen, aber vorher nicht.

Und was kommt danach? Mit Ihren Erfahrungen müssen Sie eigentlich dem Tennis treu bleiben.

Lisicki: Ich kann mir auf jeden Fall gut vorstellen, nach der Karriere als Expertin fürs Fernsehen zu arbeiten. Ich habe das während der Reha ein paar Mal machen dürfen, es hat mir großen Spaß gemacht und die Resonanz der Zuschauer war vor allem auch sehr gut, was ja am Ende entscheidend ist und was mich besonders gefreut hat. Aus meinem Blickwinkel mit meinen Erfahrungen und mit meinem Wissen den Fans Tennis näher zu bringen, das ist sicher eine Option für mich.

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