NFL

NFL - San Francisco 49ers vs. Miami Dolphins Preview - Ist Mike McDaniel das neue Wunderkind?

Von Marko Markovic
nfl-1200
© getty

Am Sonntag stehen sich mit Mike McDaniel und Kyle Shanahan ein Schüler und sein Meister gegenüber - und beide steuern auf die NFL-Playoffs zu. Aber wie kommen die entsprechenden Offenses zu ihrer Effizienz? Und was können wir vom kommenden Duell am Sonntag erwarten?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Als die Dolphins im Januar 2022 nach ihrem 14. Head Coach suchten, war die aktuelle Blaupause in der Liga klar: Auf der offensiven Seite des Balls liegen die Vorteile und die innovativen Ideen, und wenn du jemanden aus den beiden verwandten und dominanten Coaching-Dynastien rund um Sean McVay und Kyle Shanahan holen kannst, dann solltest du nicht zögern.

Das passte auch gut in das mittelfristige Ziel, das sich die Organisation gegeben hat - nämlich 2022 zum All-In-Tua-Jahr zu machen. Die Weichen dafür wurden bereits beim Draft-Trade für Jaylen Waddle gestellt, aber nichts sprach deutlichere Bände dafür, dass die Organization nach zwei durchwachsenen Jahren endlich genau wissen wollte, was sie an ihrem Quarterback Tua Tagovailoa hat, als die Entscheidung. Mike McDaniel aus San Francisco nach Miami zu holen.

Shanahan, dessen Offenses die Liga regelmäßig und bei unterschiedlichen Stationen eroberten, verdiente sich auch dank seiner jungen Jahre immer wieder das Image des NFL-Wunderkinds. Aber nach Sean McVay, Matt LaFleur und Robert Saleh konnte man schwer von einem Kind sprechen, so sehr beeinflusste Shanahan (jetzt auch schon 42) auch als Mentor und Vorbild die Liga. War McDaniel der nächste erfolgreiche Wurf aus dem Shanahan-Haus?

NFL, San Francisco 49ers
© getty

Mike McDaniel: 11 Jahre unter Kyle Shanahan gelernt

Das Risiko war nicht unerheblich, schließlich hat McDaniel unter seinem Mentor Kyle Shanahan nie die Plays gecalled - das blieb in San Francisco immer Chefsache - und beim Andy-Reid-Coaching-Tree konnte man mehrfach beobachten, wie ein grundlegend innovatives Verständnis von offensivem Football noch nicht bedeuten muss, dass man als Play Caller (und/oder Head Coach) die nötigen Skills mitgenommen hat.

Auch muss bei Rookie-Head-Coaches auch immer erst geklärt werden, worin sie ihre eigene Identität - jenseits des klaren Stammbaums - festigen wollen. Bei McDaniel war recht schnell deutlich, dass die Offense in Miami nicht wie jene in San Francisco aussehen wird, als er im März Wide Receiver Tyreek Hill holte. Aber einige Elemente sind deutlich wiedererkennbar ähnlich geblieben.

Das Shotgun-Laufspiel ist ein Beispiel dafür. Als Shanahan letztes Jahr auffiel, dass Jimmy Garoppolo entschiedener seine Würfe anbrachte, wenn er den Snap in Shotgun entgegennahm, gab er seinem Offensive Coordinator McDaniel, der davor auch Run Game Coordinator war, die Aufgabe, das Shotgun-Laufspiel der 49ers zu erweitern und diverser zu gestalten. Das Ziel war, nicht auf Play Action verzichten zu müssen, wenn mehr und mehr Under-Center-Snaps durch Shotgun ersetzt werden.

NFL, Deebo Samuel
© getty

Gemeinsamkeiten: Viel Motion, viele Shifts und viele Anspielstationen

McDaniel nahm diese Elemente der Offense mit nach Miami, da Tua nie ein großer Fan des Under-Center-Spiels war und ebenso bevorzugte, den Rücken nicht der Defense zuzuwenden. Dabei entstehen für Linebacker gegen Miami ähnliche Probleme wie gegen San Francisco.

Ein Shotgun-Run-Fake sieht bei beiden Offenses selten aus wie ein angetäuschter normaler Offset-Handoff zu einem Running Back, der Richtung Draw up the Middle läuft. Sowohl Shanahan (mit Deebo Samuel) als auch McDaniel (mit Hill und Waddle) setzen andere Matchup-Probleme in Bewegung, und beide Offenses führen die Liga in Pre-Snap-Shift- und -Motion-Rate an.

NFL, Miami Dolphins
© getty

Und selbst wenn einmal ein Running Back den Handoff aus der Gun angetäuscht bekommt, zielt die Bewegung meistens auf eine horizontalen Raumgewinn ab, der zu offenen Fenstern für Tua führt.

Shanahan und McDaniel: Zwei Meister auf Augenhöhe?

Auch setzt McDaniel Alec Ingold, den Fullback der Dolphins, auf einem breiten Spektrum an Motions, Fakes und tatsächlichen Routes ein, die die eines normalen Fullbacks bei weitem übersteigen - sowohl was Komplexität, als auch was Tiefe angeht. Das ist recht wiedererkennbar der Blueprint, den Shanahan in Atlanta mit Patrick DiMarco und in San Francisco mit Kyle Juszczyk etabliert hat. Damit können beide Offenses mit 21-Personnel die gegnerische Defense immer wieder zu Base-Looks mit mehr langsamen Linebackern und weniger schnellen Defensive Backs zwingen - nur um dann vor dem Snap trotzdem zum Beispiel zu einer Empty-Formation in der Shotgun zu switchen, und die Defense horizontal völlig auseinanderzuziehen.

Trotz dieser klaren Gemeinsamkeiten, die sich auch im Weigern der Gegner äußern, Man-Coverage gegen diese beiden Teams zu spielen, hat sich McDaniel aber bereits im ersten Jahr auch als ein eigenständiger Play-Caller etabliert, und dabei wird auch der Schlüssel zum Duell am Sonntag liegen.

hill-1200
© getty

Matchup-Preview: Dolphins-Offense versus 49ers-Defense

Für das Spiel am Sonntag wird Left Tackle Terron Armstead fehlen. Right Tackle Austin Jackson ist auch angeschlagen und hat Mittwoch nicht trainiert. Miami hat außerdem bisher gegen wenige gute Defenses und Defensive Lines gespielt. In Woche 3 kam man gegen die Bills in einem kuriosen Spiel auf 21 Punkte in 39 Snaps, aber seit Tuas Rückkehr sah die Offense einfach wenig Gegenwehr mit Qualität.

Die 49ers Defense ist der erste Test seit langem. Sie haben auf dem Papier den Pass Rush, der die Dolphin in Bedrängnis bringen könnte, allerdings ist Charles Omenihu, der zweiter hinter Nick Bosa in Pressures ist, angeschlagen und fraglich für Sonntag. Dafür trainierte Arik Armstead wieder und könnte zurückkommen.

Früher Pressure ist aber bei den schnellen Würfen, die McDaniel für Tua designed, nicht alles. Die 49ers sind eine der wenigen Defenses, die sich trauen könnte, den Dolphins mehr Man als gewohnt entgegenzustellen. An der Line of Scrimmage lässt sich die Route der schnellen Wide Receiver noch am ehesten aus dem Rhythmus bringen, hier wäre eine frühe Störung möglich, die das Timing durcheinanderbringt und dem Pass Rush die nötigen Sekunden verschafft.

Die 49ers Defense hat vor allem in der Mitte mit Linebacker Fred Warner und Safety Talanoa Hufanga gute Coverage-Spieler, die auch die Misdirections zum Teil erkennen. Entschieden wird diese Seite des Balles aber vermutlich außen, wo die 49ers-Cornerbacks mit Hill und Waddle mithalten müssen, um eine Chance zu haben. 49ers Defensive Coordinator Demeco Ryans könnte Tua dazu einladen, die 49ers mit seiner relativen Schwäche zu schlagen, den immer wieder unterworfenen tiefen Bällen. Aber selbst in so einem Plan muss er auf wenige Pass-Interference-Strafen hoffen.

Die Dolphins-Offense ist immens schwer zu stoppen und Ryans könnte sich mit einem guten Gameplan auch für kommende Head-Coach-Interviews positionieren. Diese Seite des Balles wird auf jeden Fall Must-See-Football werden.


NFL, Miami Dolphins
© getty

Matchup-Preview: 49ers Offense versus Dolphins Defense

Umgekehrt ist das Matchup nur deshalb nicht ganz so spannend, weil die Dolphins Defense bisher wenig berauscht hat. Der In-Season-Trade für Edge Bradley Chubb zeugte zwar von guter Selbstanalyse, aber im Tackling und in Coverage gibt es immer wieder Probleme, die gegnerische Offenses ausnutzen können.

Die 49ers-Offense präsentiert dabei ein Arsenal an Anspielstationen, mit dem die wenigsten Defenses klar kommen würden. Die Dolphins können vielleicht mit Cornerback Xavien Howard auf ein ausgewogenes Duell mit 49ers--Receiver Brandon Aiyuk hoffen, und der als Undrafted Rookie überraschend gut spielende Slot-Corner Kader Kohou könnte Jauan Jennings einen fairen Fight geben. Aber für Tight End Greg Kittle, Receiver Deebo Samuel und Running Back Christian McCaffrey wird es im Passspiel vermutlich immer wieder Lücken geben.

Running Back Elijah Mitchell fällt bei den 49ers aus, spannend wird also sein, ob Shanahan McCaffrey eher im Laufspiel einsetzen will, wo er bisher weniger effizient war, oder ob er ihn als Matchup-Problem in Motion schickt und einem mittlerweile recht dünnem Backup-Feld das Laufen überlässt. Jordan Mason könnte in so einem Fall eine größere Rolle bekommen.

Da die 49ers dank sehr solider (Right Tackle Mike McGlinchey) bis ausgezeichneter (Left Tackle Trent Williams) Pass Protection auch die potentielle Stärke der Dolphins-Defense rund um ihren Pass Rush neutralisieren können, wird es an der Dolphins-Offense hängen, Miami hier im Spiel zu halten.

NFL, San Francisco 49ers, George Kittle
© getty

Fazit: Es wird ein Fest des offensiven Footballs

Die Dolphins sind auswärts Außenseiter und haben was zu beweisen. McDaniel könnte mit einem Sieg gegen die gute Defense seines Lehrmeisters endgültig auf Augenhöhe aufschließen - und ein gewaltiges Zeichen Richtung AFC Playoffs setzen. Aber Shanahan hat schon bei anderen Abkömmlingen seines Stammbaums bewiesen, dass er im direkten Duell einen Tick mehr Erfahrung mitbringt und sich nicht einschüchtern lässt. Auch, dass er Tua mit Matt Schaub vergleicht, gehört vermutlich zu den subtileren Mind Games, die ein Head Coach bringen kann.

Im Vergleich dazu ist McDaniels recht direkter Zugang, wie zum Beispiel Justin Fields zu sagen, er solle mit dem Scramblen aufhören, bisher weniger erfolgreich gewesen.

Der Sonntag verspricht aber auf jeden Fall ein brisantes Duell zweier wegweisender Offensiv-Coaches zu werden, das uns einiges über die laufende NFL-Saison - und vielleicht auch darüber hinaus - verraten wird.

Artikel und Videos zum Thema