Cem Özdemir im Interview über den VfB: "Auf dem Sterbebett werde ich mich an diesen Moment erinnern"

Cem Özdemir ist VfB-Fan mit Leib und Seele.
© getty
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Würde aus Ihrer Sicht Jürgen Klinsmann als Vorstandsvorsitzender Thomas Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat perfekt ergänzen?

Özdemir: Ich habe immer gesagt, dass der VfB dringend mehr fußballerischen Sachverstand braucht. Dieser hat in den vergangenen Jahren am meisten gefehlt und muss stärker wertgeschätzt werden. Natürlich ist der VfB auch ein Wirtschaftsunternehmen, aber der Kern dieses Unternehmens ist die Fußball-Mannschaft. Jürgen Klinsmann ist zweifelsohne eine schwäbische Legende. Er genießt sowohl national als auch beispielsweise in Großbritannien ein extrem hohes Ansehen. Er gehört zu den beliebtesten Deutschen im Ausland und hat viel für das Ansehen unseres Landes getan.

Und er ist in der Region verwurzelt.

Özdemir: Seine Eltern besitzen bis heute ihre Bäckerei. Die Familie Klinsmann verkörpert genau diese Bescheidenheit und diese Schaffe-schaffe-Häusle-baue-Mentalität, die es jetzt braucht. Jürgen Klinsmann ist ein sehr schöner Name für diesen Posten, er muss aber nicht der einzige Name sein. Aber die Richtung ist definitiv die richtige. Eigentlich müsste ja erst einmal ein neuer Präsident oder eine Präsidentin gewählt werden und dann würde der Vorstandsvorsitzende dran kommen.

Sollte der VfB jemanden wie Jürgen Klinsmann als Vorstandsvorsitzenden installieren, könnte das Präsidentenamt repräsentativer angelegt sein. Wie berührt waren Sie von der kleinen "YesweCem"-Bewegung, die zuletzt aufgekommen ist?

Özdemir: Es war natürlich eine große Ehre für mich als VfB-Fan, dass andere VfB-Fans sich diese Rolle für mich vorstellen können. Es geht aber nicht um mich. Der VfB ist größer als jede einzelne Person. Es geht darum, dass die Struktur als Gesamtkunstwerk richtig aufgestellt wird. Es muss gewährleistet sein, dass nicht die eine Abteilung die andere blockiert, es muss insgesamt passen. Die neue Aufstellung muss zukunftsfähig sein und sicherstellen, dass der VfB mittelfristig wieder eine gute Rolle in der Bundesliga spielen kann. Wie gesagt, fußballerischer Sachverstand wäre nötig. Und davon besitzt die eine oder der andere sicherlich noch mehr als ich. Außerdem habe ich ja gerade einen Job, den ich sehr gerne mache und vielleicht kann ich den Verein ja auch auf andere Weise unterstützen.

Özdemir: "Ich habe eine Hommage an Cacau geschrieben"

Gab es denn eine Kontaktaufnahme seitens des VfB?

Özdemir: Nein, von Vereinsseite nicht. Aber wenn ich durch Stuttgart laufe, werde ich oft von Fans darauf angesprochen. Das freut und ehrt mich.

Aber Ihre Lebensplanung würde ein Amt beim VfB jetzt nicht ausschließen?

Özdemir: Man sollte sehr vorsichtig sein, Dinge im Leben kategorisch auszuschließen. Ich zitiere da gerne aus dem Neuen Testament, dort sagt Jesus: So seid nun nicht besorgt um den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen.

Herr Özdemir, vielen Dank für das Gespräch.

Özdemir: Ich danke. Wissen Sie eigentlich, dass ich auch mal einen Artikel im Sportbereich geschrieben habe?

Nein, wann war das?

Özdemir: Es war für eine Jubiläumsausgabe der Financial Times Deutschland. Politiker aus allen Parteien wurden eingeladen, ein Ressort zu übernehmen. Alle haben sich um den Politikteil geprügelt und ich konnte mir den Sport krallen. Wann habe ich als Politiker schon einmal die Chance, den Sportteil einer Tageszeitung zu gestalten? Es war ein Geschenk. Dafür habe ich eine Hommage an Cacau geschrieben. Auch da musste es ein VfB-Thema sein. Der VfB begleitet mich täglich, und wenn ich nur mit der VfB-Tasse im Verkehrsausschuss sitze. Verkehrsminister Scheuer meinte schon zu mir, ob ich ihn damit provozieren wolle. (lacht)

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