Italien vor Duell gegen Deutschland: Wird Willy Gnonto auch bei den Azzurris zum Superjoker?

Von Filippo Cataldo/Antonio Torrisi
Willy Gnonto könnte gegen Deutschland sein Debüt für die Squadra Azzurra feiern.
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Zum zweiten Mal in vier Jahren muss Italiens Nationaltrainer Roberto Mancini nach dem Verpassen der WM die Squadra Azzurra neu erfinden. Vor allem nach guten, jungen Stürmern sehnt sich der Trainer. Im Spiel gegen Deutschland in der Nations League könnte der 18 Jahre alte Willy Gnonto sein Debüt feiern.

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38 Spieler, darunter auch einige Talente, hatte Roberto Mancini vor dem brutalst deutlichen 0:3 gegen Argentinien in der Finalissima am Mittwoch in seinen Kader berufen.

Degnand Wilfried, genannt Willy, Gnonto, der jüngste und unbekannteste von ihnen, überzeugte den Commissario Tecnico in den Trainingseinheiten so sehr, dass der Offensivspieler des FC Zürich auch in den Kader für die ersten drei Spiele in der Nations League berufen wurde.

Gnonto ist temporeich und antrittsschnell, gilt als pressingresistent und dribbelstark. Er ist ein beweglicher Offensiv-Allrounder, der schon mit Bayern Münchens Legende Franck Ribery verglichen wurde, sich selbst aber eher in der Tradition von Manchester Citys Dribbler Raheem Sterling sieht.

Doch Gnontos vielleicht größter Vorteil aktuell ist, dass er etwas hat, was den meisten anderen italienischen Talenten fehlt: Er spielt und er spielt in der höchsten Spielklasse.

Allerdings nicht in der Serie A, wie es Mancini am liebsten wäre. "Wir haben gute junge Spieler, aber viele von ihnen spielen nicht in der Serie A", lamentierte Mancini vor dem Spiel gegen die DFB-Elf (20.45 Uhr im LIVETICKER), seinem 50. als Nationalcoach.

Willy Gnonto gewann mit dem FC Zürich die Meisterschaft.
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Willy Gnonto gewann mit dem FC Zürich die Meisterschaft.

Willy Gnonto: Zweitbester Joker Europas

Aber dafür wurde Gnonto gerade Meister. 8 Tore in 33 Spielen trug der 1,70 Meter kleine Stürmer zur Meisterschaft des FC Zürich unter Trainer Andre Breitenreiter bei. Für die italienische U19-Nationalmannschaft traf er als Kapitän zudem fünfmal in sechs Spielen.

In der Schweiz begeisterte Gnonto, dessen Eltern aus der Elfenbeinküste stammen und der am italienischen Ufer des Lago Maggiore geboren und aufgewachsen ist, die Fans mit seinen Dribblings und Torabschlüssen so sehr, dass er sogar schon ein eigenes Lied hat. Weil Gnonto nur zwei seiner Treffer als Startelfspieler erzielte, lag der Refrain des "Willy Gnonto Songs" nahe:

"'S isch der Willy Gnonto - dä Superjoker us Italie", heißt es in dem sehr simpel gestrickten und daher durchaus potenziell viralen Stück. Und später noch: "Dribbling, Schuss, Goal, Pronto".

Superjoker ist übrigens fast schon untertrieben: In der abgelaufenen Saison war Gnonto der zweitbeste Joker Europas. Nur dem Ex-Schalker Benito Raman gelangen bei RSC Anderlecht mehr Tore als Einwechselspieler (7) als dem Italiener beim FCZ.

Willy Gnonto: Beste Joker in Europas Ligen

PlatzNameVereinJoker-Tore
1Benito RamanRSC Anderlecht10
2Willy GnontoFC Zürich6
2Wissam Ben YedderAS Monaco6
4Ondrej LingrSparta Prag5
4Cyriel DessersFeyenoord Rotterdam5
4Kemar RoofeGlasgow Rangers5
4Denys GarmashDynamo Kiew5
4Karim AdeyemiRed Bull Salzburg5
4Ladislav AlmasiFC Banik Ostrau5

Willy Gnonto: Inter Mailand bot Profivertrag

Bis zu seinem Wechsel nach Zürich im Juli 2020 mit gerade mal 16 Jahren hatte Gnonto den typischen Weg vieler italienischer Nachwuchskicker hingelegt: Kicken auf den Fußballplätzen der Kirchengemeinde, dann in einen kleinen Verein, dann zu einem Kooperationsklub eines großen Klubs, in seinem Fall von Inter Mailand, dann in die Jugendabteilung Inters.

2019 bot Inter Mailand ihm einen Profivertrag an. In Italien heißt das für Talente natürlich wie überall anders auf der Welt auch, dass sie richtig gut sind. Doch speziell in Italien bedeutet der erste Profivertrag auch: Ab jetzt beginnen die Wanderjahre: Serie D, Serie C, Serie B, eventuell auch mal Serie A. Unter drei, vier Leihen zu unterklassigen Klubs machen es die Wenigsten.

Mittelstürmer Gianluca Scamacca von der US Sassuolo etwa, der gegen Deutschland beginnen dürfte und auch mangels Alternativen als Sturmhoffnung Nummer eins gilt, stand mit seinen 23 Jahren bereits bei fünf Profivereinen unter Vertrag - und Sassuolo gilt noch als Klub, der auf junge Spieler setzt! Nicht wenige Karrieren vielversprechender Nachwuchskicker sind auf diesen ganzen Leihstationen in Sackgassen gelandet.

Gnonto, der gerade nebenher sein Abitur gemacht hat, ging einen anderen Weg. Er lehnte Inters Profivertrag ab, spielte die Saison in der Primavera zu Ende und wechselte im Juli 2020 in die Schweiz zum FC Zürich. Seine Eltern begleiteten ihn in die Schweiz, arbeiten weiter in ihren Berufen als Fabrikarbeiter und Kellnerin.

Willy Gnonto: Borussia Mönchengladbach interessiert

"Ich wollte spielen", begründete er seine Entscheidung. "Bevor ich hierher kam, dachte ich, dass ich immer für Inter spielen wollte. Für mich gab es nur das Trikot der Nerazzurri. Aber das Management hier hat mir sofort zu verstehen gegeben, dass ich den richtigen Platz haben würde, um mich zu entwickeln. In meinem Alter kann man nicht nur auf der Bank sitzen."

200.000 Euro Ablöse zahlte der FCZ, schon in der ersten Saison kam Gnonto auf 26 Spiele (1 Tor), in der abgelaufenen Spielzeit dann die Leistungsexplosion und die Einladung in die Nationalmannschaft.

Schon vor Mancinis Nominierung galt Gnonto als Kandidat bei Borussia Mönchengladbach, laut niederländischen Medien soll er auch bei der PSV Eindhoven Interesse geweckt haben. Doch ein Superjoker mit Nationalmannschaftserfahrung könnte vielleicht bald auch für italienische Spitzenklubs interessant sein.