Der ewige Joaquin: Geboren, die Beticos glücklich zu machen

Betis-Legende Joaquin.
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Die Primera Division beginnt nach der Coronapause mit dem Derbi sevillano (22 Uhr, DAZN überträgt live auf Youtube) zwischen dem FC Sevilla mit Kapitän Jesus Navas und Real Betis Sevilla mit Kapitän Joaquin wieder. Wie der einstige Golden Boy des spanischen Fußballs und leidenschaftliche Witzeerzähler zum wichtigsten Spieler der Vereinsgeschichte wurde.

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Die Sätze, mit denen Joaquin Sanchez Rodriguez für den LaLiga-Re-Start nach der Corona-Unterbrechung wirbt, sind dem ewigen Kapitän von Real Betis wie auf den Leib geschrieben. "Meine Tore sind nicht wichtig. Wichtig ist, dass Lachen das einzige Ansteckende ist", sagt Joaquin in einem Videoschnipsel in den sozialen Netzwerken.

Joaquins ansteckendes Lachen, mit dem er seine ständigen Scherze garniert, ist in seiner Heimat fast ebenso bekannt wie die Fähigkeiten des mittlerweile 38-jährigen Flügelstürmers auf dem Fußballplatz. Während des Corona-Lockdowns unterhielt er seine 2,7 Millionen Abonnenten auf Instagram etwa mit einem Video, in dem er im rosa Morgenmantel, mit Lippenstift und Blume im Haar voller Hingabe zum alten Gipsy-Kings-Gassenhauer 'Bamboleo' tanzte - natürlich erst, nachdem er sich die Hände vorschriftsgemäß desinfiziert hatte. "#alegriapaelcuerpo", schrieb er dazu, Freude für den Körper.

Die spanischen Fußballfunktionäre hatten sicher schon mal schlechtere Ideen, als die Liga an diesem Donnerstag mit dem Derbi sevillano zwischen dem FC Sevilla und Real Betis wieder aufzunehmen. Viel sympathischere und beliebtere Repräsentanten in kurzen Hosen als Joaquin hat LaLiga nicht. Und sein Gegenüber steht ihm kaum nach.

Joaquin gehören zwei Prozent von Real Betis

Wenn schon keine Zuschauer im Estadio Ramon Sanchez-Pizjuan des FC Sevilla sein dürfen, so werden sich auf dem Platz wenigstens zwei absolute Vereinslegenden gegenüberstehen: Kapitän des FC Sevilla, als Tabellendritter wie so oft in der Geschichte weit besser platziert als der Lokalrivale, ist Jesus Navas: 34 Jahre alt, ein immer noch sehr schneller, dribbelstarker Rechtsverteidiger, ausgebildet beim FC Sevilla, zwischendurch mal bei Manchester City erfolgreich und seit 2017 wieder im Verein.

Auch Joaquin, 38 Jahre alt, ein immer noch schneller, dribbelstarker und torgefährlicher rechter Außenstürmer, hatte seinen Heimatklub zwischenzeitlich verlassen. Sogar für fast ein Jahrzehnt, als er zwischen 2006 und 2015 für Valencia, Malaga und Florenz spielte, doch der alte Spruch, Spieler xy sei quasi der Verein - bei Joaquin stimmt er wirklich: Seit Dezember 2017 gehören ihm zwei Prozent seines Herzensklubs. Nur fünf Menschen, darunter Klub-Präsident Angel Haro (10 Prozent) gehören mehr Anteile als Joaquin. 1,1 Millionen Euro zahlte er damals, um seine Bindung zu seinem Klub weiter zu vertiefen.

Joaquin: Hattrick mit 38 Jahren

Als Joaquin wenig später seinen Vertrag um zwei Jahre verlängerte, sagte er: "Ich habe so viel in Aktien investiert, dass das zweite Vertragsjahr den Klub nichts kostet." Und dazu dieses laute Joaquin-Lachen. Als der Kneipierssohn, der mit acht Geschwistern in einem Dorf südlich von Sevilla aufwuchs, am vorletzten Tag des Jahres 2019 seinen Vertrag bis 2021 verlängerte, kamen mehr als zehntausend Zuschauer ins Betis-Stadion Benito Villamarin. Mit Joaquin auf der Bühne waren auch fünf Spieler der Betis-Mannschaft von 2005, der letzten Pokalgewinnermannschaft dieses an Trophäen eher armen Klubs. "Joaquin war der Star, aber wir prophezeiten ihm, dass er als Erster aufhören würde, weil er nicht auf sich aufpasste", erinnerte sich Juanito, damals Kapitän.

So kann man sich täuschen.

Wenige Wochen vor seiner bislang letzten Vertragsverlängerung war Joaquin im Spiel gegen Athletic Club im zarten Alter von 38 Jahren sein erster Karriere-Hattrick gelungen. "Jetzt werde ich für Real Madrid noch teurer, klar", hatte er danach gesagt - wobei man den letzten Teil des Satzes in den Tiefen des Lachens erahnen musste.

Seit dem Hattrick darf sich Joaquin zusätzlich noch als ältester Spieler bezeichnen, dem in der Primera Division jemals drei Tore in einem Spiel gelungen sind. Einer von vielen Rekorden, die er gesammelt hat. Seine bislang 544 Einsätze in der Primera Division bedeuten Platz drei in der ewigen Tabelle, die 550 Spiele Rauls wird er wohl noch erreichen, die 622 Einsätze von Andoni Zubizarreta sind aber womöglich doch etwas zu ambitioniert. Joaquins 219 Siege sind dafür der absolute Rekord für einen Spieler, der nie für die großen drei spanischen Klubs FC Barcelona, Real Madrid und Atletico Madrid gespielt hat.

Joaquin wollte 2006 zu Real Madrid wechseln

Dass es nie dazu kam, hat weniger mit der Liebe Joaquins zu Außenseitervereinen zu tun als mit dem damaligen Betis-Präsidenten Manuel Ruiz de Lopera, der sich schlicht verzockte und so lange pokerte, bis Florentino Perez das Angebot von Real Madrid wieder zurückzog. Joaquin war sauer. "Jedes Mal, wenn wir mit Florentino sprachen, sagte er, dass Lopera sich in den Verhandlungen querstellen würde, zu viel Geld verlange und Dinge fordere, die nicht in seiner Macht lägen", erinnerte sich Joaquin bei Onda Cero. Und weiter: "Der Präsident wusste vom ersten Tag an um meine Absichten, eines Tages für einen Verein wie Real zu spielen. Das habe ich immer so kundgetan. Es wäre eine wunderbare Chance für mich gewesen".

Denn Joaquin wollte zwar immer schon seine Beticos glücklich machen, doch er war eben zu Beginn des Jahrtausends auch einer der Golden Boys des spanischen Fußballs. Sein erstes von 52 Länderspielen (vier Tore) machte der WM-Teilnehmer von 2002 und 2006, da war er gerade mal 20 Jahre alt. Als der unglaublich schnelle und dribbelstarke Außenstürmer sein Profidebüt gab, war das Jahrtausend erst neun Monate alt und Betis spielte in der zweiten Liga.

Auch dank Joaquin erlebte der Klub in der Folge die erfolgreichste Zeit seiner Geschichte, 2005 qualifizierte man sich als Vierter sogar erstmals für die Champions League. Und doch: Joaquin war längst zu groß geworden für Betis. Nachdem der Wechsel zu Real gescheitert war, ging er für 25 Millionen Euro zum FC Valencia. Dort spielte er regelmäßig, auch in der Champions League, doch an die ganz großen Erfolge der Vorjahre konnte Valencia nicht mehr anknüpfen. Als Joaquin sich 2011 dem damals hochambitionierten und durch Scheich Abdullah al Thani hochsubventionierten FC Malaga anschloss, waren andere Spieler Europa- und Weltmeister geworden, Joaquins Länderspielkarriere endete 2007.

Joaquins Interviews sind in Italien und Spanien Kult

Aus dem Golden Boy war zwar kein Trophäensammler geworden, aus dem leidenschaftlichen Witze-Erzähler aber auch alles andere als eine Witzfigur. Zwei Jahren in Malaga folgten zwei bei der Fiorentina. Als er nach sieben Toren in 71 Spielen und unzähligen Nachweisen, dass er in diesem Leben keine andere Sprache mehr lernen wird - seine Interviewversuche in dadaistisch anmutendem Joaquin-Italienisch sind in Spanien und Italien Kult - zurück zu Betis ging, mutete dies zunächst wie eine nostalgische Geste an.

Betis war während Joaquins Abwesenheit zweimal abgestiegen. Gerade war dem Klub zwar wieder der Aufstieg gelungen und doch fragten sich auch Teile der Fans, ob der damals 33-Jährige noch zum Hoffnungsträger taugen würde. Die Zweifel waren unberechtigt - der Freudemacher legte erst richtig los.

Betis stieg nicht mehr ab. Joaquin blieb, auch wenn er immer öfter auch von der Bank kommt, unter jedem Trainer eine tragende Säule der Mannschaft. In dieser Saison hat er bereits acht Tore erzielt, nur ein Treffer fehlt ihm noch zu seiner Bestmarke aus der Saison 2002/03.