Nicolò Zaniolo - "Ich habe eine Woche lang geweint": Der besondere Werdegang des Roma-Stars

Von Oliver Maywurm
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Zaniolo will wechseln, neben Tottenham sind auch der BVB und Leipzig im Gespräch. Wir schauen auf die bisherige Karriere des Roma-Stars.

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Es ist faszinierend, wie schnell sich die Dinge im Fußball manchmal entwickeln können. So wie bei Nicolò Zaniolo zum Beispiel. Seinerzeit gerade 17 Jahre alt, traute man ihm bei der AC Florenz den Sprung zum Profi offenbar nicht mehr zu - und schickte ihn weg. Nur gut ein halbes Jahr danach spielte er zweite Liga, rund zwei Jahre später sollte Zaniolo in der Champions League debütieren und ins Nationalteam berufen werden.

Aber von vorne. Zur U13 war der Linksfuß, dessen Vater Igor ebenfalls Profi war und unter anderem für Salernitana und Messina in der Serie B spielte, in die Nachwuchsakademie der Fiorentina gewechselt. Der absolute Überflieger war er dort nicht, vielmehr zweifelte er stets daran, ob er überhaupt das Zeug dazu hatte, mit Fußball sein Geld zu verdienen. "Während meiner Jugendzeit war ich mir nie sicher, denn es gab viele Enttäuschungen", sagte er vor einigen Jahren in einem Interview auf der Webseite der AS Rom.

Die wohl größte jener Enttäuschungen ereilte ihn im Sommer 2016. Zaniolo machte zwar die Sommervorbereitung bei der U19 der Fiorentina mit, doch "danach wurde mir mitgeteilt, dass es keinen Platz mehr für mich gab", erinnerte sich der heute 23-Jährige.

Zaniolo nach Aus bei Florenz am Boden: "Habe eine Woche lang geweint"

Mit 17 schien der Profitraum geplatzt, hinzu kam die Trennung von den Freunden, die er in den Jahren in Florenz gewonnen hatte. "Ich habe eine Woche lang geweint", gab Zaniolo zu. Statt aufzugeben suchte er sich dann jedoch eine neue Herausforderung, fand sie bei der U19 des damaligen italienischen Zweitligisten Virtus Entella: "Nahe an meinem Zuhause, nahe bei meiner Familie. Dort sollte dann alles so richtig beginnen."

Auch bei Entella, für Zaniolo zunächst ja ein Rückschritt, musste er sich in den ersten Monaten jedoch durchbeißen. Er spielte nur wenig, die Gewöhnung an die neue Umgebung brauchte Zeit. "Ich saß im Café meines Vaters in La Spezia und weinte", blickt der Roma-Star zurück. "Ich sagte zu ihm: 'Wenn ich es hier nicht schaffe, muss ich vielleicht etwas anderes mit meinem Leben anstellen'. Er antwortete: 'Probiere es für eine letzte Woche mit Vollgas. Probiere es einfach, ohne nachzudenken'." Er probierte es - und hatte Erfolg.

Der Techniker erarbeitete sich einen Stammplatz in Entellas U19, führte sie ins Finale der Coppa Italia der Junioren. Inklusive Halbfinal-Triumph ausgerechnet gegen Florenz, als Zaniolo im Hinspiel ein Tor und im Rückspiel eine Vorlage beisteuerte.

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Nicolò Zaniolo: Und plötzlich Profi

In jener Zeit wurde Zaniolo erstmals in eine italienische Jugend-Nationalmannschaft berufen, debütierte für die U18 und im Frühjahr 2017 mit 17 für Entellas Profis in der zweiten Liga. "Es war einen Tag vor dem Geburtstag meines Vaters", sagt Zaniolo. "Es war ein unglaubliches Gefühl, ich konnte es nicht glauben. Nicht einmal ein Jahr war vergangen, seit die Fiorentina mich vor die Tür gesetzt hatte. Und plötzlich gab ich mein Profi-Debüt", so der Mittelfeldmann.

Rasanz blieb daraufhin ein Teil von Zaniolos Aufstieg. Nach nur wenigen Serie-B-Einsätzen legte Inter Mailand im Sommer 2017 rund 1,8 Millionen Euro für den damals 18-Jährigen auf den Tisch, nun winkte also doch noch die ganz große Bühne.

Bei Inter sollte er jedoch nur ein Jahr lang bleiben. In der U19 lief es zwar gut, als überragender Spielmacher führte er sie - mit Finalsieg gegen Florenz natürlich - zum Gewinn der italienischen Junioren-Meisterschaft. Für einen Einsatz in der ersten Mannschaft reichte es jedoch nicht, lediglich im Kader stand er einmal. Für Zaniolo offensichtlich nicht rasant genug, im Sommer 2018 zog er für 4,5 Millionen Euro Ablöse weiter zur Roma.

Dort setzte man große Hoffnungen in den feinen Fußballer, dessen Vorbild stets der Brasilianer Kaká war. "Ich liebte seinen Spielstil. Es war schön anzuschauen, wie er mit dem Ball umging", betonte Zaniolo. Ein bisschen etwas von Kaká findet man in seiner Dynamik mit Ball am Fuß tatsächlich wieder. Und in seiner Spielintelligenz. Zaniolo ist einer der Typen, die sich ihren Gegenspieler zurecht legen können. Die in ihren Aktionen nicht festgefahren sind, sondern ihnen intuitiv neue Richtungen verleihen, wenn es nötig ist.

Zaniolo: Italien-Berufung noch vor Serie-A-Debüt

Roberto Mancini war unter anderem davon wohl auch schon seit jeher beeindruckt. Noch bevor Zaniolo bei der Roma auch nur eine einzige Serie-A-Minute absolviert hatte, nominierte Italiens seinerzeit gerade neu installierter Nationaltrainer ihn im September 2018 für die Squadra Azzurra. Plötzlich galt Zaniolo als möglicher Retter des italienischen Fußballs, dessen Aushängeschild ja gerade die WM 2018 verpasst hatte.

Und bei der Roma erkoren die Fans ihn wenig später und nach seinen ersten Einsätzen schon zum Nachfolger des legendären Francesco Totti aus. "Ich glaube das geht zu weit", sagte Zaniolo bescheiden. "Es ist eine Ehre, im gleichen Atemzug wie er genannt zu werden - aber ich habe noch gar nichts erreicht."

Im September 2018 gab er in der Champions League gegen Real Madrid seine Pflichtspielpremiere für die Roma. Zwar ging die Partie im Bernabeu 0:3 verloren, für Zaniolo muss es dennoch ein ganz besonderer Tag gewesen sein. Nur zwei Jahre, nachdem Florenz ihn praktisch aufgegeben hatte, war er nicht nur erstmals in die Squadra Azzurra berufen worden, sondern spielte nun auch noch Königsklasse gegen Toni Kroos, Luka Modric oder Sergio Ramos. Rasant eben.

In den folgenden Monaten entwickelte sich Zaniolo kontinuierlich weiter, verzeichnete erste Torbeteiligungen in der Serie A, wurde Stammspieler, schnürte im Champions-League-Achtelfinale gegen Porto einen Doppelpack und durfte schließlich auch erstmals für Italien auflaufen. Internationale Topklubs klopften reihenweise an, auch der FC Bayern soll ihn im Blick gehabt haben. Und die Erwartungen an den damals 19-Jährigen schnellten weiter in die Höhe - bis ihn im Januar 2020 der erste große Rückschlag als Profi ereilte.

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Zaniolo und das unglaubliche Verletzungspech

Im Ligaspiel gegen Juventus zog sich Zaniolo einen Kreuzbandriss zu, musste knapp ein halbes Jahr pausieren. Er kämpfte sich zurück, feierte im Juli 2020 sein Comeback. Nur, um sich im September 2020 beim Nations-League-Spiel mit Italien gegen die Niederlande erneut das Kreuzband zu reißen.

Zwei derart schwere Verletzungen so kurz hintereinander schon in so jungen Jahren - man muss kein Fachmann sein, um zu wissen, dass einer Karriere dadurch der Wind aus den Segeln genommen werden kann. Die Saison 2020/21 verpasste Zaniolo komplett, die für Italien bekanntlich so erfolgreiche EM 2021 selbstredend auch.

Erst zu Beginn der Spielzeit 2021/22 stand er wieder in einem Pflichtspiel auf dem Platz, etablierte sich unter dem gerade angekommenen José Mourinho wieder neu. Und wenngleich die Glanzmomente rar gesät waren, gab es sie doch: Einen Dreierpack im Viertelfinalrückspiel der Conference League gegen Bodö/Glimt zum Beispiel. Und natürlich das 1:0-Siegtor später im Finale gegen Feyenoord, womit er der Roma den ersten Pokal seit 14 Jahren und den zweiten internationalen Titel überhaupt sicherte.

Zaniolo und die Roma: Die Zeichen stehen auf Trennung

Dennoch stehen die Zeichen zwischen Zaniolo und der Roma nun, im Januar 2023, auf Trennung. Wie Mourinho bestätigte, hat der mittlerweile elfmalige Nationalspieler seinen Wechselwunsch hinterlegt, an Interessenten würde es offenbar nicht mangeln: Tottenham soll in der Pole Position sein, aber auch Milan und zuletzt die beiden Bundesligisten Borussia Dortmund und RB Leipzig werden mit Zaniolo in Verbindung gebracht.

Die Ablöseforderung der Roma in Höhe von 35 bis 40 Millionen Euro dürfte jedoch zu einer komplizierten Hürde werden. Das betonte auch Mourinho, der an einen Verbleib glaubt, bei DAZN: "Ich habe dieses Gefühl, weil Nicolò ein wichtiger Spieler ist, mit einem wichtigen Marktwert, einem Wert, der meiner Meinung nach bei einem Angebot zwischen jetzt und dem ersten Februar nicht anerkannt wird. Deshalb denke ich, dass er immer noch bei uns sein wird."

Da Zaniolos Vertrag 2024 ausläuft, dürfte er die Römer nach aktuellem Stand aber spätestens kommenden Sommer verlassen und ein neues Kapitel aufschlagen. Eines - so viel ist sicher - das er damals, als Florenz nicht mehr an ihn glaubte, gewiss für utopisch gehalten hätte.

Nicolò Zaniolo: Statistiken der Saison 2022/23

PflichtspieleEinsatzminutenToreAssists
17119323
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