Ligue 1 - Mit 22 noch Oberliga, plötzlich im Blickfeld von Atletico Madrid: Die irre Story des Jonathan Clauss

Von Chris Lugert
Von der Oberliga zum Aufstiegshelden von Arminia Bielefeld und nun in die französische Nationalmannschaft? Der irre Aufstieg von Jonathan Clauss.
© getty

Vom Aufstiegshelden von Arminia Bielefeld in die französische Nationalmannschaft und nun zu Atletico Madrid? Der irre Aufstieg von Jonathan Clauss.

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Wer etwas über die Qualitäten von Jonathan Clauss wissen möchte, der ist bei Fans von Arminia Bielefeld bestens aufgehoben.

Denn dass die Arminia in den vergangenen zwei Saisons wieder erstklassig spielte, hat viel mit dem inzwischen 29 Jahre alten Franzosen zu tun. Natürlich überstrahlte Fabian Klos als nimmersatte Tormaschine die meisten Mitspieler, aber was Clauss in der Aufstiegssaison 2019/20 spielte, war ebenso mehr als ansehnlich.

An 13 Toren war Clauss damals direkt beteiligt. Was ihn aber schon zu dieser Zeit noch stärker, als es die reinen Zahlen vermuten lassen, auszeichnete, war seine ungeheure Flexibilität.

Auf der rechten Seite kann Clauss alles spielen - vom Rechtsverteidiger bis zum Flügelspieler. Bei seinem aktuellen Klub RC Lens, zu dem er 2020 wechselte, machte er noch einmal einen Schritt nach vorne und schaffte es sogar in die Nationalmannschaft. Nun könnte auch auf Klubebene der Sprung ganz nach oben gelingen. Atletico Madrid zeigt Interesse, die Bühne Champions League ist zum Greifen nah.

Clauss pendelte durch den Amateurfußball

Es ist ein kometenhafter Aufstieg, den Clauss in den vergangenen Jahren hinlegte. Clauss wurde in Straßburg geboren, direkt hinter der deutschen Grenze. Seine Jugend verbrachte er beim dort beheimateten Traditionsklub Racing, doch der Durchbruch zum Profi gelang ihm dort nicht. Stattdessen wechselte Clauss als 17-Jähriger in die Niederungen des französischen Amateurfußballs. Bei Vauban Straßburg kickte er in der fünften und sechsten Liga, nach drei Jahren ging es jenseits der Grenze zum badischen Oberligisten SV Linx.

Nach zwei Jahren in Deutschland zog es Clauss, inzwischen 22 Jahre alt, dann wieder zurück nach Frankreich. Nichts deutete darauf hin, dass ihm jene Entwicklung gelingen könnte, die er später nehmen sollte. Immerhin schaffte er es nun in den Profibereich, erst in die dritte, dann in die zweite französische Liga. Bei Quevilly Rouen konnte er dem Aufsteiger zwar nicht zum Klassenerhalt verhelfen, aber mit guten Leistungen hatte er die Späher von Arminia Bielefeld auf sich aufmerksam gemacht.

Die sportliche Leitung um Samir Arabi zögerte nicht lange und nahm den ablösefreien Clauss unter Vertrag. Und für beide Seiten war es eine Entscheidung, die im Nachhinein wohl nicht besser hätte getroffen werden können. Clauss etablierte sich bereits in der ersten Saison schnell als Stammspieler, im zweiten Jahr ging es gemeinsam nach oben in die Bundesliga.

Clauss mischt mit Lens die Ligue 1 auf

Doch dem Lockruf der Heimat konnte Clauss nicht widerstehen, er schloss sich Ligue-1-Aufsteiger RC Lens an. Und Geschichte sollte sich wiederholen. Nicht nur für Clauss erwies sich der Wechsel als Glücksgriff, auch Lens profitierte in ungeahntem Ausmaß. Als Liganeuling belegte der Klub in der ersten Saison den starken siebten Tabellenplatz, diese Platzierung konnte in der abgelaufenen Spielzeit wiederholt werden. Einer der Eckpfeiler des Erfolges: Jonathan Clauss.

Im von Trainer Franck Haise praktizierten 3-4-1-2-System beackert Clauss die rechte Seite, seine Flexibilität in Defensive und Offensive kommt dort besonders gut zur Geltung. An insgesamt 16 Treffern war er in der vergangenen Ligue-1-Saison beteiligt. Längst hat auch Nationaltrainer Didier Deschamps Clauss' Qualitäten erkannt und ihn zu einem fixen Puzzleteil der Equipe Tricolore gemacht.

Denn im so starken Kader Frankreichs war die Position des Rechtsverteidigers eine kleine Schwachstelle. Benjamin Pavard vom FC Bayern fehlt nach Meinung vieler Beobachter die offensive Qualität, sein Vertreter war Olympique Lyons Leo Dubois, der ebenfalls keine Weltklasse verkörpert. Doch im neuen System von Deschamps, der jetzt auch vermehrt auf Dreierkette setzt, fühlt sich Clauss sichtlich wohl. Beim 5:0 im März gegen Südafrika spielte er erstmals von Anfang an und zeigte eine gute Leistung.

Jonathan Clauss: Geht es nun in die Champions League?

Nachdem er in der Nationalmannschaft also bereits den Sprung unter die Besten der Besten geschafft hat, könnte es nun auch auf Klubebene bald soweit sein. Mit fast 30 winkt Clauss sogar die Champions League, denn nach Informationen von Foot Mercato hat Atletico Madrid großes Interesse an ihm. Bei den Rojiblancos könnte er als Rechtsverteidiger die Vakanz ausfüllen, die durch den Abgang von Kieran Trippier im Winter entstanden war.

Sein Vertrag in Lens läuft 2023 aus, die Nordfranzosen könnten in diesem Sommer also noch einmal eine für den kleinen Klub gewaltige Summe einnehmen. Auch andere Mannschaften aus der Ligue 1 haben Interesse bekundet, etwa OGC Nizza, Olaympique Marseille oder Olympique Lyon. Doch ganz gleich, wohin Clauss im Sommer auch geht - seine außergewöhnliche Biografie wird um ein weiteres Kapitel reicher sein.

Die Tabelle der Ligue 1

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.PSG3890:365486
2.Olympique Marseille3863:382571
3.Monaco3865:402569
4.Rennes3882:404266
5.Nice3852:361666
6.Strasbourg3860:431763
7.Lens3862:481462
8.Olympique Lyonnais3866:511561
9.Nantes3855:48755
10.Lille3848:48055
11.Brest3849:57-848
12.Reims3843:44-146
13.Montpellier3849:61-1243
14.Angers SCO3844:55-1141
15.Troyes3837:53-1638
16.Lorient3835:63-2836
17.Clermont3838:69-3136
18.Saint-Étienne3842:77-3532
19.Metz3835:69-3431
20.Bordeaux3852:91-3931
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