Premier League - Newcastle United und die Saudis: Bester Deal aller Zeiten oder die endgültige Eskalation?

Von Stefan Rommel
Newcastle United hat neue Besitzer.
© imago images

Die Übernahme von Newcastle United durch einen saudi-arabischen Investment-Fonds schlägt hohe Wellen. Aber was genau passiert da im Nordosten Englands? Wie profitiert das Königreich, wie der Klub? Und ist Newcastle bald schon der reichste Verein der Welt?

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Einem Hund, so sagt man, ist es egal, ob sein Herrchen ein guter oder ein böser Mensch ist. Den Hund interessiert nur, wie er behandelt wird. Im Profifußball ist das mittlerweile an ganz vielen Punkten ähnlich: Am Ende geht es in erster Linie darum, wohl situiert zu sein - woher das viele Geld kommt, darf gerne eine Randnotiz bleiben.

Es verwundert also nicht, dass Fans von Newcastle United am Donnerstagabend vor dem St. James' Park jubelten, als hätte Mittelstürmer Joelinton - bisher genau null Saisontore stark - eben den FC Liverpool mit einem Dreierpack höchstselbst erledigt. Stattdessen feierten die Anhänger des Newcastle United Football Club von 1881 die Übernahme ihres Vereins durch ein saudi-arabisches Konsortium. Quasi ein Geschenk zum 140. Geburtstag des Klubs.

Einen völlig normalen Vorgang im Fußball der Neuzeit sehen die einen, von einer neuen, vielleicht der endgültigen Eskalationsstufe eines kranken Geschäftsmodells sprechen andere. Aber was genau passiert da derzeit in Newcastle, bei einem der ältesten Fußballklubs der Welt? Eine Bestandsaufnahme.

1. Newcastle und Saudi-Arabien: Worum geht es?

Newcastle United gehört seit einigen Jahren dem britischen Milliardär Mike Ashley. Die Fans hassen Ashley und Ashley hatte unter anderem deshalb schon länger keine große Lust mehr an seinem Spiel- und Spekulationsobjekt und wollte Newcastle wieder los werden.

Saudi-Arabiens Königshaus wiederum will unbedingt zurück in den englischen Fußball. Bereits in den 70er Jahren forcierten die Saudis Kontakte und Geschäftsbeziehungen zu englischen Klubs, Spielern und Trainern, unter anderem waren Bill McGary, Danny Allison und David Wallit nacheinander zwischen 1976 und 1979 Nationaltrainer der Nationalmannschaft des Königreichs am Persischen Golf.

Die Kontakte zwischen Newcastle und Saudi-Arabien bestehen schon länger, nun wird der so genannte Public Investment Fund (PIF) in Zusammenarbeit mit der Kapitalgesellschaft PCP Capital Partners und der RB Sports & Media, einer Tochter des Immobilienriesen Reuben Brothers, kolportierte 80 Prozent der Anteile des Klubs übernehmen.

Der PIF ist ein ebenfalls in den 70er Jahren eingeführtes Instrument, das sich um das Vermögen des vermutlich reichsten Staats der Welt kümmert und entsprechende Investments tätigt. Angeblich soll der Fonds an die 400 Milliarden Euro schwer sein. Der PIF ist eine der größten Kapitalgesellschaft der Welt, mit Investitionen allein in den USA über rund 50 Milliarden Euro, unter anderem fließen Gelder in die Citigroup, Boeing oder Facebook. Newcastles Kaufpreis von rund 350 Millionen Euro erscheint da eher eine Marginalie.

Neuer Vorsitzender der Magpies soll PFI-Chef Yasir Al-Rumayyan werden, dazu kommen noch Amanda Staveley von PCP Capital Partners und Jamie Reuben von RB Sports & Media, die jeweils einen Sitz in den Gremien bekommen.

Die Premier League hatte sich zuletzt gegen das Engagement der Saudis gewehrt, weil unter anderem Vorwürfe im Raum standen, die Saudis hätten mit einer Art "Piratensender" den Rechtehalter der Premier League beIN Sports torpediert. Nun hat der konkurrierende und angeblich von den Saudis unterhaltene Sender BeoutQ seine Arbeit eingestellt. Dazu gab es die verbindliche Zusage, dass das "Königreich von Saudi-Arabien den Fußballklub Newcastle United FC nicht kontrollieren wird". Offiziell gelten der Staat und der PFI also als getrennt.

2. Welche Ziele verfolgt Saudi-Arabien mit dem Deal?

Der Königsfamilie geht es nicht um Geld, davon haben die Saudis genug. Es geht um das so genannte Sportwashing. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat den Begriff geprägt.

Vereinfacht formuliert ist das die Absicht, sich über Investitionen in Sportveranstaltungen, -klubs, oder -verbände ein saubereres Image zu verpassen. Wie andere Golfstaaten weiß auch Saudi-Arabien um die Endlichkeit seiner Rohstoffe und bereitet sich deshalb seit Jahrzehnten schon auf einen gewissen (wirtschaftlichen) Strukturwandel vor. Allein im letzten Jahr fanden in Saudi-Arabien unter anderem die Rallye Dakar sowie der spanische und italienische Supercup statt.

Saudi-Arabien eifert in diesem Bereich seinem Erzrivalen Katar nach, das in der Transformation seiner Infrastruktur und der wirtschaftlichen Einnahmequellen schon deutlich weiter ist. Das Champions-League-Finale 2020 zwischen dem FC Bayern und Paris St.-Germain war das bisher letzte Highlight im Sportswashing-Plan Katars, das es damals gleich doppelt ins Endspiel geschafft hatte: Als Besitzer von PSG und Sponsor der Bayern.

3. Was bringt Newcastle der Deal mit den Saudis?

United ist einer der ältesten Klubs der Welt mit einer unglaublich großen, treuen und leidensfähigen Fan-Basis. In den letzten Jahren verweigerte Noch-Besitzer Ashley, rund vier Milliarden Euro schwer, aber größere Investitionen in den Kader, weshalb die Magpies meilenweit entfernt sind von früheren Glanztagen und vor einigen Jahren sogar in die Premiership abstiegen. Derzeit firmiert der stolze Klub allenfalls als graue Maus und steckt - mal wieder - im Abstiegskampf.

Deshalb dürsten die Fans auch nach einer grundlegenden Veränderung - und dem nötigen Kleingeld, um ihren Klub wieder nach oben zu führen. Davon dürfte nun auf einen Schlag reichlich vorhanden sein, immerhin gilt Saudi-Arabien als reichstes Land der Welt. Die massive Zahl an Fans, der Kultfaktor des Klubs, die immer noch ordentliche Marke "Newcastle United" und das viele Geld aus dem Nahen Osten sollen der Nährboden sein für eine Rückkehr der Magpies unter die Big Five der Premier League.

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