Wayne Bridge im Interview: "Abramovich witzelte, dass ich wegen des Geldes zu City gewechselt bin"

Wayne Bridge bejubelt sein entscheidendes Tor im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Arsenal.
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Wayne Bridge (40) spielte einst für den FC Chelsea und Manchester City. Im Interview mit SPOX und Goal erinnert sich der ehemalige Linksverteidiger an Kabinenbesuche des Chelsea-Besitzers Roman Abramovich, Tränen beim Abschied von Trainer Jose Mourinho und den erstaunlich gelassenen Jerome Boateng.

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Herr Bridge, Sie wechselten im Sommer 2003 als einer der ersten Spieler nach der Übernahme des Klubs durch Roman Abramovich zum FC Chelsea. Was wussten Sie von seinen Plänen?

Wayne Bridge: Es war klar, dass er viel Geld in den Klub pumpen würde. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er Chelsea in so kurzer Zeit so groß machen würde. Ich fand es spannend, diese Entwicklung aus nächster Nähe mitzuverfolgen.

Wie nah war Abramovich an der Mannschaft?

Bridge: Roman liebt Chelsea. Er hat es genossen, bei uns Spielern in der Kabine zu sein. Am liebsten wäre er einer der Jungs gewesen. Wenn er wegen irgendwelcher Verpflichtungen keine Zeit hatte und wir ihn länger nicht gesehen haben, haben wir uns immer Sorgen gemacht.

Haben Sie einen speziellen Kabinen-Moment mit Abramovich im Kopf?

Bridge: 2004 habe ich im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League das entscheidende Tor gegen Arsenal geschossen. Ich kann mich genau an seinen Gesichtsausdruck erinnern, als er danach in die Kabine gekommen ist. Er war so unfassbar glücklich.

Was für ein Typ ist Abramovich?

Bridge: Er ist sehr nett und trotz seines ganzen Geldes bodenständig. In der Öffentlichkeit tut Roman gerne so, als würde er nicht englisch sprechen, aber tatsächlich kann man sich mit ihm gut unterhalten. Wenn wir Spieler damals im Urlaub waren und er zufälligerweise auch in der Gegend war, dann hat er uns immer kontaktiert. Einmal war ich gleichzeitig mit ihm im Süden Frankreichs. Da hat er mich zum Essen und Trinken eingeladen.

Wayne Bridge bejubelt sein entscheidendes Tor im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Arsenal.
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Wayne Bridge bejubelt sein entscheidendes Tor im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Arsenal.

Bridge: Nicht Tuchel hielt Chelsea-Ansprache vor dem CL-Finale

Ein Jahr nach Ihrer Ankunft übernahm Jose Mourinho das Traineramt. Was waren Ihre ersten Eindrücke von ihm?

Bridge: An Mourinhos erste Trainingseinheiten kann ich mich noch gut erinnern. Wir sollten uns nie entspannen und jedes Training wie ein Match angehen. Alles war viel intensiver und schneller als davor und hat außerdem mehr Spaß gemacht. Während viele Trainer in der Vorbereitung den Fokus auf reine Konditions- und Kraftarbeit legen, war bei Mourinho immer der Ball involviert. Mourinho hat jedem noch so kleinen Detail Beachtung geschenkt und sich um alle taktischen Inhalte selbst gekümmert. Er hatte direkt einen großen Einfluss auf die Mannschaft.

Können Sie sich an seine Ansprachen erinnern?

Bridge: Er konnte sehr motivierende Ansprachen halten, hat das aber nicht so oft getan. Stattdessen implementierte Mourinho bei Chelsea ein neues System: Er nominierte Spieler für Ansprachen. Das ist in meinen Augen eine großartige Idee. Ich war vor einem Spiel gegen Manchester United dran, kurz nachdem ich mir das Bein gebrochen hatte. Da stand ich auf Krücken und habe versucht, die Mannschaft zu pushen. Mittlerweile haben dieses System übrigens auch andere Trainer übernommen. Ich habe gehört, dass vor Chelseas Champions-League-Finalsieg gegen City nicht Thomas Tuchel, sondern der Masseur Bill "Blood" Billy McCulloch die letzte Ansprache gehalten hat.

Bei seinen letzten Stationen Manchester United und Tottenham Hotspur scheiterte Mourinho auch an einem zerrütteten Verhältnis zur eigenen Mannschaft. Wie haben Sie Mourinhos zwischenmenschlichen Umgang erlebt?

Bridge: Ich bin öfter mit Mourinho aneinandergeraten, beispielsweise als er mich einmal zur Halbzeit auswechselte. Zeitweise hatte ich das Gefühl, dass er es auf mich persönlich abgesehen hat. Ich wusste aber auch, dass er alles Erdenkliche für uns Spieler tut. Die Mannschaft hielt zusammen und folgte ihm. Damals schaffte es Mourinho mit seiner Mannschaftsführung, die richtigen Reaktionen aus seinen Spielern herauszukitzeln. Bei seinen letzten Stationen ist ihm das offenbar nicht gelungen.

Wie war das Verhältnis zwischen Mourinho und der Mannschaft, als er im September 2007 entlassen wurde?

Bridge: Das Verhältnis war nicht zerbrochen, aber einige Spieler sind mit seiner Art nicht mehr zurechtgekommen. Der Tag seiner Entlassung war trotzdem sehr emotional und einige Spieler haben geheult. Wir hatten das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben.

Ihr größter Erfolg mit Mourinho war der Gewinn der Premier League in der Saison 2004/05.

Bridge: Ich habe zwar eine Medaille bekommen, fühle mich aber nicht wirklich als Meister, weil ich die halbe Saison verletzt war. Zum Zeitpunkt der Feierlichkeiten habe ich mich nur darauf konzentriert, wieder fit zu werden. Gefreut habe ich mich in erster Linie für die Fans und für Roman. Wie alle anderen im Klub hat auch er sich während meiner Verletzungspause großartig um mich gekümmert.

Wayne Bridge und Jose Mourinho gewannen 2005 gemeinsam die Premier League.
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Wayne Bridge und Jose Mourinho gewannen 2005 gemeinsam die Premier League.

"Jerome Boateng war schon damals unfassbar gelassen"

Im Januar 2009 verließen Sie Chelsea und wechselten zu Manchester City. Hatten Sie danach noch Kontakt mit Abramovich?

Bridge: Ja, wir haben uns kurz nach dem Wechsel getroffen. Da witzelte er, dass ich nur wegen des Geldes zu City gewechselt bin.

Warum haben Sie Chelsea verlassen?

Bridge: Ich war bei Chelsea eigentlich glücklich und hatte erst kurz davor einen neuen Vertrag unterschrieben, war aber gleichzeitig nur Ergänzungsspieler und wollte insgeheim in den wichtigen Spielen öfter zum Einsatz kommen. Dann kam das Angebot von City und der damalige Chelsea-Trainer Luiz Felipe Scolari fragte mich: "Würden sie dir ein besseres Gehalt zahlen?" Ich habe bejaht und dann meinte er: "Okay, dann darfst du wechseln, wenn du willst." Chelsea hat sich ganz nach mir gerichtet: Sie hätten mich gerne behalten, waren aber auch mit dem Wechsel einverstanden. Wir sind im Guten auseinandergegangen.

Genau wie Chelsea 2003 war City 2009 ebenfalls ein neureicher Klub mit großen Plänen. Herrschte eine ähnliche Atmosphäre?

Bridge: Ja, schon. Wobei die Anfangszeit bei City schwierig war. Trainer Mark Hughes wurde bald entlassen, worüber ich und einige andere Spieler sehr traurig waren. Ich kannte Mark gut, weil ich ganz am Anfang meiner Karriere beim FC Southampton mit ihm zusammengespielt hatte.

War Scheich Mansour bei City ähnlich nah an der Mannschaft wie Abramovich bei Chelsea?

Bridge: Nein, ich habe ihn nicht so oft gesehen wie Roman. Wenn man sich aber mit ihm unterhalten hat, war es immer sehr nett.

In der Saison 2010/11 spielten Sie bei City mit dem damals 21-jährigen Jerome Boateng zusammen. Wie haben Sie ihn erlebt?

Bridge: Es ist verrückt, dass er erst 21 war. Auf dem Platz war Jerome schon damals unfassbar gelassen und führungsstark. Er hat viel älter gewirkt als er war. Er hat sich sehr schnell ins Mannschaftsgefüge integriert und ich hatte nicht den Eindruck, dass er Heimweh hat.

Wayne Bridge im Steckbrief

geboren5. August 1980 in Southampton
Größe1,78 m
Positionlinker Verteidiger
starker Fußlinks
StationenSouthampton, Chelsea, Fulham, Manchester City, West Ham, Sunderland, Brighton & Hove, Reading
PL-Spiele/Tore316/4
Länderspiele/-tore36/1
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