Ex-Arsenal-Trainer hatte sich zuletzt dafür stark gemacht, dass das Sommer-Transferfenster noch vor dem Start aller Top-Ligen schließen sollte. Dem widersprach Barnett vehement: "Arsene liegt falsch. Ich bin mit diesen Fenstern nicht einverstanden. Ich finde, Transfers sollten das ganze Jahr über ununterbrochen möglich sein."
In England habe sich der frühere Transferschluss nicht bewährt und "jede Menge Probleme gemacht. Es sollte nicht nur zwei Fenster geben, in denen alles in Eile abgewickelt wird und die Klubs keine Zeit haben, um sich zu organisieren. Und das Wichtigste: 365 Tage Transfermarkt würden den Fußball für die Fans spannender machen."
Die aktuellen Entwicklungen auf dem Transfermarkt findet Barnett nicht besorgniserregend. "Vielleicht war es gegen Ende hin der spannendste, den ich erlebt habe. Verrückt aber überhaupt nicht", sagte er. Nach den Wechseln von Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und den hohen Ablösesummen bei Romelu Lukaku (115 Millionen Euro) sowie Barnett-Klient Grealish (117,5 Millionen Euro) hatte es auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie zahlreiche kritische Stimmen gegeben.
Für Barnett sei es hingegen "ein vorsichtigeres Transfer-Fenster" gewesen. "Es gab nicht so viele Deals. Die, die abgeschlossen wurden, waren aber besser geplant und professioneller. Das hat sich darin geäußert, dass die Spieler mit Top-Beratern ihre Wechsel über die Bühne gebracht bekommen haben, die Spieler, die sich von ihrer Mama oder anderen Familienmitgliedern beraten lassen, dagegen oft nicht", erklärte er.
Barnett: PL-Transfers? "Was ist daran verrückt?"
Die Coronakrise hätte allerdings dafür gesorgt, dass keine "Mittelklasse-Spieler" verpflichtet wurden. "Sie wollten nur die Besten. Es war der Transfer-Sommer der Top-Transfers wie Grealish oder Ronaldo. Qualität über Quantität", sagte der 71-Jährige und führte aus: "Natürlich war der Markt in jedem Land anders. Die Premier League hatte einiges Geld, Italien und Deutschland eher nicht. Die Vereine mussten viel berücksichtigen, wegen ihrer schwierigen finanziellen Situation sehr vorsichtig sein. Und ich denke, sie haben das sehr gut gemacht."
Besonders der englische Markt wurde kritisiert, nachdem die Premier-League-Klubs 1,34 Milliarden Euro für neue Spieler ausgegeben hatten. Barnett stellte klar: "Was ist daran verrückt? Die Premier League hat dieses Geld, weil dort die besten Teams spielen, was wiederum große TV-Gelder bringt. Wenn man keine Stars und somit auch nicht den besten Fußball aufm Platz hat, bekommt man solche Gelder eben nicht."
Deshalb gelte der englische Fußball auch als attraktiv. Der "Erfolg für die Investoren ist offensichtlich und bewiesen", sagte Barnett und schob nach: "Fußball ist der größte Sport der Welt, wird mehr geguckt als alles andere rund um den Globus. Die Fans wollen die Besten sehen und die Sponsoren wollen die Besten sponsern. Wer das bieten kann, kann das entsprechende Geld generieren. Das ist nur natürlich."
Barnett: Bundesliga sollte 50+1-Regel kippen
Deshalb sollte die Bundesliga auch die 50+1-Regel aufheben, merkte Barnett an. "Sie sollten an einem wetteifernden Markt teilnehmen, um auf dem Feld konkurrenzfähig zu bleiben. Diese Regel ist alt und wirkt sich auf den Standard des deutschen Fußballs aus", sagte er. So sei auch die Dominanz des FC Bayern München zu erklären.
"Glauben Sie, die Fans wollen so etwas sehen? Oder meinen Sie, sie würden gerne sehen, wie andere Teams Bayern herausfordern? Die Bundesliga würde so mehr Fans und Sponsoren und damit auch mehr TV-Gelder bekommen. Der Beweis: Wo auch immer man auf der Welt über Fußball spricht - es wird aktuell nur über die Premier League gesprochen. Dort haben sie sechs Teams, die möglicherweise in jedem anderen Land die Liga gewinnen würden", führte Barnett aus.
Er glaubt, dass die spanische Liga die Schwierigkeiten der Pandemie überwinden wird. "Bei der Bundesliga bin ich mir da wegen ihrer Regeln nicht sicher. Das ist und wird für den deutschen Fußball ein Problem sein. Vor ein paar Jahren, insbesondere als die deutsche Nationalelf stark war, wollten viele Spieler in die Bundesliga. Heute dagegen wollen die meisten Deutschen in der Premier League spielen", sagte er.
Barnett: Leih-Transfers "eine Chance"
Dass sich einige Top-Vereine mit Leih-Deals, wie zum Beispiel Atletico Madrid mit Antoine Griezmann, verstärkt haben, sei indes "kein Trick, sondern eine Chance", denn: "Viele große Klubs konnten es sich nicht leisten, die Spieler, die sie wollten, zu kaufen. Aber sie konnten sie eben per Leihe holen. Das war dieses Jahr ein großer Unterschied", erklärte Barnett.
Große Transfers wie von Grealish (zu Manchester City) seien zudem "bei weitem härter". Wechsel in dieser Größenordnung würden viel Vorbereitung benötigen. "Und es ist wichtig, nicht die Zeit der wichtigsten Männer dieser Branche zu verschwenden. Leider kann ich nicht weiter ins Detail gehen, was solche Transfers angeht", sagte Barnett.
Transfers am Deadline Day seien kein Zufall. "So etwas passiert oft, weil Plan A nicht funktioniert und es eben Zeit braucht, einen guten Plan B auszuarbeiten", erklärte er.
Der Wechsel von Eduardo Camavinga, den Barnett ebenfalls vertritt, sei allerdings kein Plan B gewesen: "Ganz und gar nicht! Es mag so scheinen, als wäre es für Real eine Last-Second-Option gewesen, aber so war es nicht. Eduardo hatte noch ein Jahr Vertrag in Rennes und daher keine Eile. Als Real um die Ecke kam, war das jedoch eine Chance, die er nicht ablehnen konnte."
Der 18-Jährige war kurz vor Ende des Transferfensters für 31 Millionen Euro von Stade Rennes zu Real Madrid gewechselt.
Transfermarkt: Die Top-Transfers des Sommers
Spieler | Aufnehmender Verein | Kolportierte Ablösesumme |
Jack Grealish | Manchester City | 117,5 Millionen Euro |
Romelu Lukaku | FC Chelsea | 115 Millionen Euro |
Jadon Sancho | Manchester United | 85 Millionen Euro |
Achraf Hakimi | Paris Saint-Germain | 60 Millionen Euro |
Ben White | FC Arsenal | 58,5 Millionen Euro |