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Ex-Eintracht-Boss Heribert Bruchhagen im Interview: "Historisches Spiel mit großen wirtschaftlichen und sportlichen Folgen"

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Der langjährige Eintracht-Boss Heribert Bruchhagen spricht bei SPOX und GOAL über das Finale der Europa League gegen die Glasgow Rangers, die historische Bedeutung der Partie für den deutschen Fußball und die Luxusprobleme bei einem Frankfurter Erfolg.

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Ohne Heribert Bruchhagen wäre der aktuelle Erfolg von Eintracht Frankfurt kaum denkbar. Der heute 73-Jährige etablierte den damaligen Chaos-Klub in seinen 13 Jahren als Vorstandsvorsitzender wieder in der Bundesliga.

Bruchhagen legte somit nach Ansicht aller Experten die Basis für die sportlichen Erfolge nach seinem Abschied 2016 mit dem DFB-Pokal-Triumph 2018, dem Einzug ins Halbfinale der Europa League 2019 und dem Erfolgszug in der aktuellen Saison bis ins Finale gegen die Glasgow Rangers.

Vor dem zweiten Endspiel um den früheren UEFA-Cup nach dem Sieg 1980 äußert sich der einstige DFL-Chef im Interview mit SPOX und GOAL über die Chancen der Eintracht und die Gründe für den internationalen Höhenflug.

Herr Bruchhagen, wo schauen Sie das Endspiel?

Heribert Bruchhagen: Ich bin eingeladen von der Eintracht nach Sevilla, was beileibe nicht bei jedem Klub eine Selbstverständlichkeit ist. Und natürlich sympathisiere ich mit der Eintracht und drücke ihr die Daumen. Es ist ein historisches Spiel mit großen wirtschaftlichen und sportlichen Folgen.

Inwiefern?

Bruchhagen: Wenn die Frankfurter das Finale gewinnen, spielen sie nächstes Jahr in der Champions League und haben 35 Millionen Euro zusätzlich auf einen Schlag sicher. Das hat aber nicht nur Vorteile, denn dadurch gerät man in andere Abhängigkeiten, etwa dass die Gehälter steigen. Da sehe ich schon Probleme auf die Eintracht zukommen - aber das sind natürlich Luxusprobleme, die ich zu meiner Zeit im Klub gerne gehabt hätte.

Als Sie die Eintracht als Vorstandsvorsitzender übernahmen, ging es dem Verein in der Tat sportlich und finanziell schlecht. Viele loben jetzt im Rückblick, dass ohne Ihre Aufbauarbeit der jetzige Erfolg nicht möglich gewesen wäre. Was sagen Sie dazu?

Bruchhagen: Da ist sicher was dran, aber ich habe auch 13 Jahre ein ordentliches Gehalt bekommen, da darf man dann auch ein bisschen was dafür tun. Eintracht hatte damals ständig wechselnde Vorstände und Aufsichtsräte und viele Probleme. Deshalb waren 2003 alle bereit, den Verein grundlegend zu verändern und das hat es einfacher für mich gemacht.

Bruchhagen: "Zig Bundesligisten haben sich blamiert"

Hat die Eintracht mit ihrer Tradition und der großen Anhängerschaft das Potenzial, perspektivisch wieder zu den Top-Teams in Deutschland aufzuschließen?

Bruchhagen: Das weiß ich nicht. Die Bundesliga-Tabelle lügt ja auch nicht und da ist die Eintracht diese Saison Elfter geworden. Mit Bayern, Dortmund oder Leipzig kann sich der Verein nicht vergleichen, allein was die Einnahmen und die regelmäßigen Teilnahmen an der Champions League betrifft. Aber die Eintracht hat sich sicherlich sehr weiterentwickelt, ist bei den Mitgliedern stark gewachsen und hat Erfolge wie den DFB-Pokal-Sieg gefeiert.

War vom 1. Dezember 2003 bis zum 31. Mai 2016 Vorstandschef bei Eintracht Frankfurt.
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War vom 1. Dezember 2003 bis zum 31. Mai 2016 Vorstandschef bei Eintracht Frankfurt.

Und hat jetzt die Chance auf den Sieg in der Europa League, den keine deutsche Mannschaft seit Schalkes Erfolg im Vorgängerwettbewerb, dem UEFA-Cup vor 25 Jahren, mehr gewinnen konnte ...

Bruchhagen: Vor allem haben sich zig Bundesligisten in den vergangenen Jahren fürchterlich in diesem Wettbewerb blamiert. Und ich weiß, dass Christian Seifert als DFL-Geschäftsführer über dieses schlechte Abschneiden fast empört war. Deshalb war es allerhöchste Zeit für einen Erfolg in der Europa League. Dass Leipzig das Halbfinale und Frankfurt das Finale erreicht haben, tut dem deutschen Fußball richtig gut. Und der Eintracht sowieso.

Im Gegensatz zu den Liga-Rivalen haben die Frankfurter die Europa League auch nie als "Cup der Verlierer" angesehen und wären bereits vor drei Jahren fast ins Endspiel eingezogen. Woran liegt das?

Bruchhagen: Schon als wir mit Friedhelm Funkel 2006/07 und danach mit Armin Veh 2013/14 international gespielt haben, waren die Auswärtsreisen immer wie Wallfahrten für die Fans. International zu spielen, war immer etwas Besonderes für die Eintracht und hat eine Eigendynamik bekommen. Das Vereinslied heißt ja nicht ohne Grund "Im Herzen von Europa" und auch die Stadt ist ein multikultureller Schmelztiegel. Der europäische Gedanke ist in Frankfurt wirklich sehr verwurzelt, deshalb passt der Wettbewerb offenbar zur Eintracht.

Bruchhagen: "Es wird auch auf die Fans ankommen"

Das Duell gegen die Rangers ist auch ein Spiel für Fußball-Romantiker: 1960 stand die Eintracht zum einzigen Mal im Europacup-Finale der Landesmeister und unterlag in Glasgow gegen Real Madrid, nachdem man die Rangers zuvor im Halbfinale rausgeworfen hatte.

Bruchhagen: Es wird in jedem Fall ein Spiel für die Geschichtsbücher, ganz klar. Ich habe mich im Flugzeug nach Sevilla mit Dieter Stinka und Istvan Sztani unterhalten, die vor 62 Jahren im Endspiel für die Eintracht gespielt haben und jetzt wie einige andere von damals in der Frankfurter Delegation dabei sind. Gleiches gilt für die Helden des UEFA-Cup-Sieges 1980 wie Bernd Hölzenbein oder Charly Körbel. Dass sie alle eingeladen wurden, zeigt, wie traditionsbewusst die Eintracht ist.

Wie sehen Sie die Chancen der Frankfurter, 42 Jahre später erneut den Cup zu gewinnen?

Bruchhagen: Das ist ganz schwer einzuschätzen. Eigentlich traue ich der Eintracht zu, gegen eine schottische Fußballmannschaft zu gewinnen. Aber leider haben die Rangers schon Dortmund und Leipzig ausgeschaltet, das darf man nicht vergessen. Ich glaube, dass man ein bisschen Spielglück brauchen wird, um so ein Endspiel in seine Richtung zu lenken. Und es wird auch auf die Fans ankommen, wobei ich bei meiner Fahrt vom Flughafen ins Hotel eine klare Dominanz der schottischen Anhänger gesehen habe. Aber das muss ja nicht so bleiben.

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