"Ich bin nicht imstande, das zu leisten"

Philipp Lahm gab nach dem Spiel sein Karriereende bekannt
© imago

Philipp Lahm beendet nach der Saison seine Karriere! Nach dem 1:0-Sieg über den VfL Wolfsburg im Achtelfinale des DFB-Pokals bestätigte der FCB-Kapitän eine Meldung der Sport Bild und erklärte dabei seine Beweggründe und die chaotische Bekanntgabe der Entscheidung. Das komplette Lahm-Interview aus der Mixed Zone.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Frage: Philipp, haben Sie den Blumenstrauß vor dem Spiel aufgrund des Weiterkommens oder aus einem anderen Grund bekommen?

Philipp Lahm: Das wissen Sie doch ganz genau: für 500 Pflichtspiele für den FC Bayern.

Frage: Uns geht es um Ihr Karriereende. Warum gibt es vom Verein und Ihnen keine gemeinsame Bekanntgabe? Können Sie uns etwas informierter ins Bett schicken?

Lahm: Ich wollte die Aufsichtsratssitzung noch abwarten, sodass wirklich alle Bescheid wissen. Ich habe den Verantwortlichen Bescheid gegeben, dass ich am Ende der Saison aufhöre, Fußball zu spielen. Ich habe die Gründe auch schon häufiger genannt: Ich sehe meinen Führungsstil so, dass ich jeden Tag das Beste und immer alles gebe. Ich glaube, dass ich dazu fähig bin, das in dieser Saison bis zum Ende abzuliefern, aber nicht darüber hinaus. Deswegen ist für mich klar, dass ich im Sommer aufhören werde.

Reaktionen zum Lahm-Karriereende - Hoeneß: "Es gibt keinen Plan A, B oder C"

Frage: Wann ist die Entscheidung gereift und gefallen?

Lahm: Ich habe ja schon vor über einem Jahr angestoßen, dass man sich selbst immer wieder prüfen und hinterfragen muss: wie es auf dem Trainingsplatz ist, wie das Gefühl ist, das man hat. Und da bin ich mir eben sicher, dass ich bis zum Saisonende noch meine Top-Leistung abliefern kann, für die jungen Spieler und alle anderen ein Vorbild sein kann. Das, denke ich, bekomme ich hin bis zum Saisonende, aber nicht darüber hinaus.

Frage: Es steht außerdem fest, dass Sie nicht Sportdirektor werden. Warum?

Lahm: Es ist so, dass es Gespräche gab, an deren Ende ich beschlossen habe, dass es für mich nicht der richtige Zeitpunkt ist, beim FC Bayern nach der aktiven Karriere einzusteigen.

Frage: Ist es zu gefährlich, gerade noch selbst mitzuspielen und drei Wochen später Anweisungen zu geben?

Lahm: Ich will keine Details von unseren Gesprächen preisgeben, aber eines war klar: Ich hätte nicht sofort angefangen, es hätte eine kleine Pause gegeben. Und die hätte ich auch gebraucht, ich hätte mich vorbereiten müssen. Aber wie gesagt: Die Gespräche waren absolut in Ordnung.

Frage: Sie haben gesagt, sich als 33-Jähriger auf der Außenbahn mit 18-jährigen Sprintern zu duellieren, macht keinen Spaß. Im Mittelfeld sehen viele Sie dagegen noch lange auf Weltklasse-Niveau. War es bei Ihrer Entscheidung, aufzuhören, ein Mitgrund, dass der Verein sich nicht darum bemüht hat, einen neuen rechten Verteidiger zu holen?

Lahm: Überhaupt nicht. Für mich geht es um das Gefühl, tagtäglich auf dem Platz zu stehen. Ich habe keine Sorge, dass ich das in den nächsten Monaten noch hinbekomme. Wir reden aber von über einem Jahr. Ich glaube nicht, dass ich das auf dem Niveau, das ich von mir gewohnt bin, noch so lange schaffe. Ich bin nicht imstande, das zu leisten.

Frage: Wäre Ihre Entscheidung anders ausgefallen, wenn man Ihnen die Position des Sportvorstands schon für diesen Sommer angeboten hätte, anstelle "nur" des Sportdirektors?

Lahm: Es wurde viel geschrieben. Man vermutete, ich höre als Spieler auf. Damit, dass ich komplett aufhöre und nichts mache, hat ja keiner gerechnet. Ich habe vom Start weg gesagt, dass es meine Entscheidung ist, was auf dem Spielfeld passiert. Das Andere ist eine andere Entscheidung. Ich habe das unabhängig voneinander betrachtet.

Frage: Wie schwer ist es, nach so einer langen Karriere zu so einer Entscheidung zu kommen?

Lahm: Ich liebe den Fußball, er hat mir sehr viel gegeben. Trotzdem bin ich jetzt noch nicht am Ende. Es geht noch ein paar Monate und ich hoffe, dass die sehr erfolgreich werden. Irgendwann ist es aber einfach zu Ende - und das Ende will ich selbst bestimmen.

Frage: Wie haben denn die Bosse auf Ihre Entscheidung reagiert?

Lahm: Das können die besser beantworten als ich.

Frage: Sie sprechen heute aber sehr wenig.

Lahm: Dafür kann ich nichts. Es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu sprechen, wie Uli Hoeneß reagiert hat! Da muss man ihn fragen, wie er es aufgenommen hat. Das waren einfach Gespräche, die wir hatten. Die werde ich nicht preisgeben. Wenn das jemand anderes machen will, kann er es gerne tun.

Frage: Und wie haben Ihre Mannschaftskameraden reagiert?

Lahm: Weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob alle das wissen.

Frage: Arjen Robben sagte eben, er wisse von nichts. Haben Sie es innerhalb der Mannschaft offiziell bekanntgegeben?

Lahm: Nein. Ich wollte es ja sozusagen jetzt gerade bekanntgeben.

Frage: Wie geht es für Sie weiter beim FC Bayern?

Lahm: Am Wochenende spielen wir in Ingolstadt.

Frage: Und wenn Sie im Sommer aufhören? Gibt es schon Pläne, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder eine Funktion im Verein einnehmen?

Lahm: Da gibt es gar keine Planung. Für mich steht fest, dass ich ab Sommer Privatier bin und mich noch mehr um andere Dinge kümmern kann. Ich kann mich selbst ein bisschen umschauen, umhören, mich mit anderen Leuten treffen. Das ist es, was ich auch machen will. Und dann wird man weitersehen. Ich bin so lange in dem Verein - wir werden sehen, was in Zukunft kommt.

Frage: Ein Wort noch zu Bayerns aktueller Spielweise: Wie sehr vermissen Sie Pep Guardiola?

Lahm: Gar nicht. So ist der Fußball: Dinge ändern sich. Es kommen neue Trainer, es gehen Trainer. Es kommen Spieler, es gehen Spieler. Heute haben wir eine Reaktion auf die letzten Spiele gezeigt. Wir hatten die Partie absolut unter Kontrolle. Wir haben einige zu leichte Fehler gemacht, ansonsten war die Mannschaft viel aggressiver und hat die Zweikämpfe viel besser angenommen. Nach dem heutigen Spiel habe ich ein sehr, sehr gutes Gefühl für die Zukunft.