DFB-Pokal - Julian Nagelsmanns bitterster Abend: Die Gründe für Leipzigs Pleite gegen den BVB

Julian Nagelsmann erlebte mit RB Leipzig ein Pokalfinale zum Vergessen.
© getty

Julian Nagelsmann tritt seine neue Herausforderung beim FC Bayern ohne Titel an. Auch wenn er keineswegs der Alleinschuldige ist: Nach der deutlichen 1:4-Pleite im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund kommt der Noch-Coach von RB Leipzig nicht um Kritik herum.

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Als Matthias Opdenhövel in die Rolle des Vermittlers schlüpfte, war Julian Nagelsmann noch nach Lachen zumute. "Soll ich Ihnen seine Nummer organisieren?", fragte der Sportschau-Moderator den Trainer von RB Leipzig, während dieser vor dem Pokalfinale gegen den BVB einen Plausch mit Experte Bastian Schweinsteiger hielt. Schweinsteiger, der Ur-Bayer, könnte dem künftigen Münchner Coach immerhin den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg geben.

Nagelsmann nahm das Angebot dankend an. Den ersten Tipp erhielt er noch während der Live-Übertragung. "Ein paar Titel", merkte Schweinsteiger an, "musst du beim FC Bayern dann schon auch gewinnen - sonst's wird's a bissl schwieriger." Das sei ihm bewusst, entgegnete Nagelsmann grinsend, und verwies auf die Möglichkeit, mit dem Trophäensammeln nun einen Anfang machen zu können.

Knappe 45 Minuten später war klar: Daraus wird nichts. Nagelsmanns erstes Finale ging gehörig in die Hose, seine Mannschaft lag infolge einer völlig desolaten ersten Hälfte schon zur Pause mit 0:3 hinten. Selten war ein Endspiel im DFB-Pokal so schnell so früh entschieden, weil ein Finalist selten so viele krasse individuelle Fehler beging wie RB - und der BVB diese eiskalt bestrafte.

RB Leipzig: Nagelsmanns Plan mit Hwang und Sörloth scheitert

Fehler wie von Mittelfeldroutinier Kevin Kampl, der sich in der Vorwärtsbewegung den Ball von Marco Reus abluchsen ließ, der daraufhin die frühe Dortmunder Führung durch Jadon Sancho einleitete (5. Minute). Oder Fehler wie von Hee-chan Hwang, der Reus mit einem technisch alles andere als profifußballreifen Rückpass einlud, Erling Haaland in Szene zu setzen (28.). Wer so unkonzentriert agiert, kann kein Finale gewinnen.

Man würde es sich jedoch zu leicht machen, die Leipziger Niederlage einzig und allein mit menschlichem Versagen und fehlendem Fokus auf das Einmaleins des Fußballs zu begründen. Kritik an Nagelsmann ist ebenso berechtigt, denn er experimentierte im wichtigsten Spiel der Saison zu viel herum. Seine Elf hatte in dieser Konstellation zuvor noch nie so begonnen. Erprobte Akteure wie Yussuf Poulsen oder Emil Forsberg sowie Kreativposten Christopher Nkunku saßen auf der Bank, während mit Hwang und Alexander Sörloth zwei vor der Saison gekommene Angreifer begannen, die regelmäßig enttäuschen und zusammen auf ein knappes Viertel (9 Treffer) der Tore von BVB-Star Haaland (39) kommen.

Beide stellten in Berlin ein weiteres Mal unter Beweis, die von Timo Werner hinterlassene Lücke nicht ansatzweise schließen zu können. Hwang etwa war neben seinem fatalen Rückpass vor dem 0:2 nur 15 weitere Male am Ball, während Sörloth zwar einen Torschuss abgab (39.), als gelernter Neuner auf dem rechten Flügel insgesamt aber völlig verloren wirkte. Folgerichtig korrigierte Nagelsmann seine Fehler, brachte Poulsen und Nkunku mit dem Wiederanpfiff und später dann auch noch Forsberg (62.).

Nagelsmann: "Das bricht mir keinen Zacken aus der Krone"

Leipzig spielte mit den Neuen zielstrebiger und entwickelte mehr Zug zum Tor des lange völlig arbeitslosen Roman Bürki. Nur: Die Partie war zu diesem Zeitpunkt bereits verloren, das Traumtor von Dani Olmo (71.) letztlich Makulatur. "Wir haben versucht, Dortmund mit Sörloth und Hwang mit viel Tempo hinten weh zu tun", rechtfertigte Nagelsmann seinen gescheiterten Matchplan im Nachgang.

Taktische, aber "auch leistungsmäßige" Gründe seien für den Doppelwechsel zur Pause verantwortlich gewesen. Ein Eingeständnis des Trainers, sich ein Stück weit vercoacht zu haben. Was wohl passiert wäre, wenn er auf das Altbewährte gesetzt hätte? Wenn er mit Willi Orban vielleicht auch auf einen gelernten und obendrein körperlich robusteren Innenverteidiger als Lukas Klostermann gebaut hätte, um "Urgewalt" Haaland im Verbund mit Dayot Upamecano besser in den Griff zu kriegen? Oder wenn er Angelino, einen der wichtigsten und variabelsten Leipziger in dieser Saison, nicht aus sportlichen Gründen aus dem Kader gestrichen hätte?

Fragen über Fragen, die auf Nagelsmann einprasseln, mit denen er aber zurecht kommt. "Das bricht mir keinen Zacken aus der Krone", sagte er nach seinem bislang bittersten Abend als Trainer. In München dürfte sich ihm ja ohnehin noch die eine oder andere Möglichkeit auf Titel bieten. Sollte er die auch so auslassen wie am Donnerstagabend in Berlin, wird's - Zitat Bastian Schweinsteiger - "a bissl schwieriger".

Julian Nagelsmann: Die bisherigen Stationen des RB-Trainers

VereinZeitraumSpielePunkteschnitt
RB Leipzigseit 2019901,97
TSG Hoffenheim2016-20191361,53
TSG Hoffenheim U192013-2016732,27
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