DFB - Team - Schon vor dem "letzten Schuss": Bernd Neuendorfs "Glorreiche Sieben" in der Kritik

SID
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Der Expertenrat für eine bessere deutsche Fußball-Zukunft nimmt seine Arbeit auf - und steht sofort massiv in der Kritik.

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WM-Tourist Karl-Heinz Rummenigge bestaunte in der goldenen "Badewanne" von Lusail die Kunststückchen von Magier Lionel Messi, doch die große Schar der Kritiker hätte ihn und seine Gruppe "alter, weißer Männer" am liebsten weggezaubert. Noch bevor die Taskforce für eine bessere deutsche Fußball-Zukunft mit Rummenigge am Donnerstag erstmals per Video-Schalte zusammenkommt, tobt ein Sturm der Entrüstung. Zu alt, zu männlich, nicht divers - der Rat gilt für viele als gescheitert, noch ehe das abschließende Urteil bei der Heim-EM 2024 gefällt werden kann.

"Diversity at it's [sic] best", stänkerte die frühere Nationalspielern Tabea Kemme, Nationaltorhüterin Almuth Schult hat "null Verständnis" für die Personalauswahl. Ex-Funktionär und TV-Experte Thomas Hitzlsperger unkte bezüglich der Nachfolgesuche für Oliver Bierhoff: Sollte die Runde am Ende Fredi Bobic empfehlen, dessen Interesse ohnehin öffentlich bekannt sei, "und er kriegt den Job - da würde ich lachen. Es muss schon mehr rauskommen." Von wegen die "Glorreichen Sieben"!

DFB-Präsident Bernd Neuendorf nahm das Gremium vehement in Schutz. "Die Expertise ist unbestritten", sagte er über die Runde mit seinem Vize Hans-Joachim Watzke sowie den externen Fachleuten Rummenigge, Oliver Kahn, Rudi Völler, Matthias Sammer und Oliver Mintzlaff. "Vielfalt und Diversität", betonte er, "war nicht unser erstes Kriterium, das machen wir an anderer Stelle im Verband."

Dass in einem ARD-Interview die Unbestechlichkeit des Katar-nahen Rummenigge infrage gestellt wurde, schien Neuendorf zu empören. "Ich halte ihn für einen absolut integren Menschen", hielt er dagegen, der frühere Bayern-Boss sei "eine ausgezeichnete Besetzung".

Rummenigge über DFB-Expertenrat: "Bayern München nicht wichtigste Mannschaft"

Um Einzelne, betonte Rummenigge in mehreren Interviews, dürfe es ohnehin nicht gehen. "Wir brauchen niemanden, der sich als Retter aufspielt." Vielmehr müsse ein "loyales Team" die Gunst der Fans zurückgewinnen und die Voraussetzungen für ein Sommermärchen 2.0 schaffen. Sein Grundsatz, so der 67-Jährige, laute: "Die wichtigste Mannschaft des Landes ist nicht Bayern München, sondern die Nationalelf!"

Der langjährige Vorstandschef von Bayern München erinnerte an die Taskforce nach dem EM-Desaster 2000, in der er den Vorsitz geführt hatte. "Das war damals der Schulterschluss zwischen Bundesliga und DFB - und die Basis für viele erfolgreiche Turniere." Vor der WM 2006 kam eine weitere Expertengruppe zusammen, die von Uli Hoeneß geleitet wurde. Sind aller guten Dinge drei? "Wir haben für die EM den einen Schuss, der sitzen muss", mahnte Neuendorf.

Beim Bierhoff-Erbe geht die Tendenz dahin, dessen einstige Aufgabenbereiche aufzuspalten und einen Sportdirektor nur für die Nationalmannschaft zu bestellen. Für diese Personalie habe die Runde durchaus Expertise, sagte Toni Kroos in seinem Podcast. "Da sind Leute drin, die haben über Jahre bewiesen, dass ihre Vereine Erfolg hatten." Und Sami Khedira, an Kroos' Seite 2014 Weltmeister, ergänzte: "Das sind jetzt nicht irgendwelche Heinis."

Rummenigge will auch Hansi Flick "unterstützen". Der Bundestrainer soll aus der gescheiterten "Generation nix" um den traurigen Joshua Kimmich in Rekordzeit einen Titelkandidaten machen. Er muss unangenehme Entscheidungen treffen.

Doch Chefkritikerin Kemme bleibt skeptisch, sieht ein "grobes Foul". In der misslichen Lage, in die sich Fußball-Deutschland gebracht habe, "werden wir die Zukunft nicht mit der Vergangenheit retten", sagte sie.

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