Drei Thesen nach Debakel gegen Ajax Amsterdam: Der BVB braucht einen Spieler wie Antony

Von Stanislav Schupp
Ajax-Star Antony erzielte gegen den BVB das 3:0.
© imago images

Der BVB erlebte gegen Ajax eine historische Abreibung. Die Borussia offenbarte bekannte Schwächen, während die Niederländer Erinnerungen wach werden lassen. Vor allem ein Spieler stach heraus. Drei Thesen zum Dortmunder Debakel.

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"Scheiße." So lautete das kurze, aber aussagekräftige Resümee von BVB-Coach Marco Rose nach der historischen 0:4-Demütigung bei Ajax Amsterdam.

Bei der höchsten Königsklassen-Niederlage der Vereinshistorie offenbarten die Schwarz-Gelben altbekannte Schwächen. Ajax hingegen lässt von alten Zeiten träumen - und hat einen Spieler in den eigenen Reihen, der Dortmund gut zu Gesicht stehen würde. Drei Thesen.

Ajax spielte so, wie der BVB eigentlich spielen wollte

Ganze 9 Minuten behielt der BVB im anfänglichen Bengalo-Nebel den Durchblick, versuchte, Ajax früh in deren Hälfte zu attackieren und schnell nachzuschieben.

Doch der niederländische Rekordmeister wusste sich stets spielerisch zu befreien und drehte den Spieß einfach um. Die Folge: Der BVB hatte über die gesamte Spieldauer enorme Probleme mit dem frühen aggressiven Pressing des Gegners - erneut.

Ein ähnliches Bild war in dieser Saison bereits bei der 0:1-Niederlage in Gladbach sowie in Leverkusen (4:3) zu sehen. Auch dort schafften es die Schwarz-Gelben nicht aus der eigenen Defensive spielerisch ins letzte Drittel zu kommen und ihre Konterstärke auszunutzen.

Dortmund konnte in Amsterdam seinen eigenen Spielaufbau zu keiner Zeit aufziehen und wurde stattdessen zu vielen hohen und langen Bällen gezwungen. Die verteidigte Ajax gegen den allein gelassenen Erling Haaland ohne Probleme, ehe sich das Geschehen bereits nach wenigen Stationen wieder vor dem Dortmunder Tor abspielte.

Ajax erteilte dem BVB sowohl mit als auch gegen den Ball eine "Lehrstunde" (Brandt). Sie pressten Dortmund bereits nah am eigenen Sechzehner zu, doppelten zum Teil ihre Gegenspieler und konterten nach Ballgewinn überfallartig. Die Borussia offenbarte im Zentrum gegen das enorme Tempo und Pressing ihrer Gegenspieler große Schwierigkeiten.

Und während Dortmunds Körpersprache bereits nach dem 0:2 so war, "als ob es schon 0:4 gestanden hätte" (Rose), drückte Ajax unermüdlich weiter aufs Gaspedal. Im Grunde genommen spielte Ajax genauso, wie es der BVB eigentlich wollte.

Der BVB braucht einen Spielertyp wie Antony

Einer, der sinnbildlich für Ajax' starke Arbeit mit und gegen den Ball stand, war Antony.

Mit seinem temporeichen und technisch versierten Spielstil erinnerte der 21-Jährige stark an Jadon Sancho. Und überhaupt wäre er der ideale Ersatz für den zu Manchester United abgewanderten Engländer gewesen, denn er ist genau der Spielertyp, den der BVB bräuchte. Einer, der durch seinen risikoreichen, aber auch effektiven Stil den Unterschied ausmachen kann. Vor seinem Wechsel zu Ajax im Sommer 2020 bemühte sich der BVB jedenfalls um Antony.

Der Brasilianer bestritt gegen Dortmund die meisten Zweikämpfe im Team von Erik ten Hag (13) - und das als Offensivspieler. Antony wirkte auf Rechtsaußen spielfreudig, spritzig, agierte sowohl mit als auch ohne Ball aktiv und spielte den überforderten Nico Schulz mit seinen flinken Bewegungen schwindelig. Zudem ließ er sich oft ins Zentrum fallen, gab die meisten Torschüsse bei Ajax ab (4) und krönte seine Leistung mit einem sehenswerten Schlenzer zum zwischenzeitlichen 3:0.

Dass der FC Bayern nach Informationen von SPOX und Goal Antony (Vertrag bis 2025) als möglichen Ersatz für Kingsley Coman ins Visier genommen hat, kommt also nicht von ungefähr.

Der für Sancho verpflichtete Donyell Malen kann zwar ebenfalls mehrere Offensivpositionen bekleiden, ist aber bei weitem nicht so konsequent und zielgerichtet in seinen Aktionen. Zudem hat der Neuzugang im Rose-System und im Spiel gegen den Ball weiterhin Luft nach oben, wie der Dortmunder Cheftrainer in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach anmerkte und was auch gegen Ajax erneut deutlich wurde.

Ajax erinnert an sensationelle CL-Saison 2018/19

Während Antony und Co. die Dortmunder getragen vom Amsterdamer Hexenkessel vorführten, fühlte sich der ein oder andere Ajax-Anhänger womöglich um knapp drei Jahre zurückversetzt.

In der Saison 2018/19 erreichten die Niederländer sensationell das Halbfinale der Champions League und verpassten den Finaleinzug nur denkbar knapp. Auf dem Weg in die Runde der letzten Vier hatte die ten-Hag-Elf den Bayern in der Gruppe zwei Unentschieden abgetrotzt sowie Real Madrid und Juventus Turin aus dem Wettbewerb gekegelt.

Seinerzeit imponierte Ajax ebenfalls durch mutiges und aggressives Offensivspiel, verteidigte dabei aber stets konzentriert und im Kollektiv.

Seitdem krempelte Ajax das Team gehörig um, verlor Leistungsträger wie Frenkie de Jong, Matthijs de Ligt, Hakim Ziyech und Donny van de Beek.

Trotz dieser namhaften Abgänge schaffte es ten Hag mit neuen Impulsen durch Antony, Sebastien Haller, Steven Berghuis oder Nachwuchsspielern wie Ryan Gravenberch oder Jurrien Timber der Mannschaft wieder die gleiche Philosophie einzuimpfen.

Mit solchen Leistungen muss sich Ajax vor keinem großen Namen Europas verstecken.

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