Als Thomas Tuchel beim VfB Stuttgart eine Stilikone war: Die Anfänge des Trainers, der PSG zum Titel in der Königsklasse führen möchte

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Mit Paris Saint-Germain will sich Thomas Tuchel im Champions-League-Finale gegen den FC Bayern München die Krone aufsetzen. Seine Trainerkarriere begann vor 20 Jahren beim VfB Stuttgart. Bei SPOX und Goal erinnert sich ein ehemaliger Chef an seine Anfänge.

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Am Ende bewahrte auch der erste große Titel seiner Karriere Thomas Tuchel nicht vor dem erzwungenen Ende seiner ersten Trainerstation.

Nach fünf Jahren verlängerte der VfB Stuttgart nach der Saison 2004/2005 den Vertrag mit seinem damals 31-jährigen Jugendtrainer Tuchel nicht mehr. An der Seite des langjährigen Stuttgarter A-Juniorentrainers Hans-Martin Kleitsch hatte Tuchel als Co-Trainer eine Mannschaft mit Spielern wie Sven Ulreich, Serdar Tasci, Sami Khedira, Andreas Beck und Adam Szalai dank eines 1:0 gegen den VfL Bochum zu Deutschen A-Juniorenmeistern geformt.

So gut der VfB Stuttgart traditionell im Entdecken und Ausbilden von Top-Talenten ist, so sehr sind die strategischen Fehleinschätzungen der Jugendabteilung der Württemberger berüchtigt. Diese begannen nicht 2005 mit der Nicht-Verlängerung von Tuchels Vertrag durch den damaligen Jugendleiter Thomas Albeck und endeten auch nicht 2013 mit der Ausleihe von Joshua Kimmich nach Leipzig und dem anschließenden Verkauf an den FC Bayern.

Wobei freilich auch weniger Fehleinschätzungen selbst in einem Paralleluniversum eher nicht dazu geführt hätten, dass sich im Finale der Champions League 2020 der VfB Stuttgart mit Trainer Thomas Tuchel und seinem jungen Leader Joshua Kimmich gemessen hätte (in unserem Universum überträgt DAZN die Partie zwischen PSG und Bayern um 21 Uhr live, außerdem gibt es das Spiel im Liveticker)

Thomas Tuchels "Pläne für die Spiele funktionierten immer"

Wie auch immer: Obwohl Kleitsch noch versuchte, beim damaligen VfB-Präsidenten Erwin Staudt zu intervenieren, verlor der spätere Scout des FC Bayern (2009 bis 2013) und heutige Chefscout der TSG Hoffenheim seinen "Mann mit dem Röntgenblick", wie Kleitsch im Gespräch mit SPOX und Goal Tuchels Fähigkeiten in der Gegneranalyse beschreibt: "Seine Pläne für die Spiele funktionierten immer, er hat den Gegner sezieren können, fand bei seiner Analyse immer Lösungen. Das war phänomenal".

Der VfB verlor wegen dieser Fehleinschätzung damals nicht nur einen in der Mannschaft beliebten Jugendtrainer, sondern auch eine Stilikone. "Thomas trug damals oft einen alten Militärparka, der vielen Spielern gefiel. Und ein paar sind auch mal zu einem Friseur gegangen, zu dem Thomas immer ging. Der war den Spielern dann aber doch zu teuer", erinnert sich Kleitsch.

Tuchel wiederum verließ wegen dieser Fehleinschätzung den Verein, der mehr als nur eine Ausbildungsstätte für ihn war. "Die Jahre in der VfB-Jugend sind für mich unauslöschlich und die absolute Basis dessen, was ich heute tue. Meine ganze Ansicht über Fußball, alles, was ich als Trainer weiß, hatte seinen Ursprung beim VfB", sagte Tuchel einmal in einem Interview der Stuttgarter Zeitung.

Um das richtig zu verstehen, hilft es, sich etwas näher mit der Biographie von Hans-Martin Kleitsch zu beschäftigen, den bis vor wenigen Jahren die meisten noch Hansi nannten. Der heute 68-Jährige war Co-Trainer von Helmut Groß, als der 1986 beim VfL Kirchheim die ballorientierte Raumdeckung einführte. Mitten in der württembergischen Provinz brachte Groß so die fußballerische Moderne nach Deutschland.

Der VfL Kirchheim spielte ohne Libero und Vorstopper, dafür aber mit Innen- und Außenverteidigern auf einer Linie. Die deckten im Raum, statt ihrem vorher festgelegten Gegenspieler zur Not auch aufs Klo zu folgen. Bald ließen Groß und Kleitsch ihre Spieler auch aggressiv pressen. Noch bevor Arrigo Sacchi zum AC Milan ging - der Godfather des 4-4-2 lehrte damals noch beim AC Parma Forechecking - spielte ein deutscher Viertligist schon ein bisschen wie bald schon der AC Milan.

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