FC Bayern zwischen CL-Aus und Titel-Matchball: Müller macht Werbung - aber nicht auf dem Spielfeld

Arminia Bielefeld, FC Bayern München
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Der 3:0-Sieg gegen Arminia Bielefeld ging beim FC Bayern München am Sonntag etwas unter, Thema waren im Anschluss vielmehr das vorangegangene Champions-League-Aus und der anstehende Titel-Matchball gegen Borussia Dortmund. Die Gewichtungen fielen unterschiedlich aus.

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"Die letzten Tage waren schon schwierig emotional", sprach Thomas Müller gerade in der Mixed Zone des Bielefelder Stadions, als Leroy Sane vorbeikam. Mit einem dazwischengerufenen "Mäh" wollte er die Ausführungen seines Kollegen offensichtlich stören. Doch der mähte einfach grinsend zurück und sprach weiter, während Sane Richtung Mannschaftsbus schlenderte.

Diese Szene stand durchaus exemplarisch für die aktuelle Situation beim FC Bayern: Nach dem souveränen 3:0 bei Arminia Bielefeld waren sich die Münchner nicht so ganz sicher, ob sie immer noch mit dem überraschenden Ausscheiden im Viertelfinale der Champions League gegen den FC Villarreal hadern, oder sich doch besser über den Sieg freuen sollten. Ob Spaßen oder Trauern angesagt war.

"In der Rückschau werden wir uns immer noch ärgern", führte Müller aus. "Aber du musst es irgendwann akzeptieren und deine Schlüsse daraus ziehen." Um genau diese Frage nach den richtigen Schlüssen ging es beim FC Bayern in den vergangenen Tagen und wird es auch in den kommenden Wochen gehen, intern und selbstverständlich auch öffentlich. Alles gilt es zu hinterfragen: die Klubführung, den Trainer, die Mannschaft.

FC Bayern: Reaktion von Klubführung, Trainer und Mannschaft

In Person von Oliver Kahn bezog die Klubführung am Sonntagmittag im Sport1-Doppelpass erstmals ausführlich Stellung. Statt wie gewohnt nüchtern-sachlich äußerte sich der Vorstandsvorsitzende beachtlich resolut zu den verschiedensten Brennpunkten: seine eher schweigsame Rolleninterpretation, Hasan Salihamidzics Transferpolitik, ausstehende Vertragsverlängerungen, Anfeindungen im Internet, die Qualität des Kaders und dessen Zukunft.

Am Nachmittag zeigten dann Trainer Julian Nagelsmann und seine Mannschaft ihre Reaktion, indem sie souverän mit 3:0 in Bielefeld gewannen. Auf eine starke Anfangsphase folgten wilde Minuten kurz vor dem Seitenwechsel, als Tanguy Nianzou beinahe ein Gegentor und einen Platzverweis verschuldete. Bei seinem Fehler gegen Masaya Okugawa half ihm dessen knappe Abseitsstellung, bei seinem Ellenbogenschlag gegen Fabian Kunze der Schiedsrichter, der es strittigerweise bei einer Gelben Karte beließ. Serge Gnabry markierte noch vor dem Seitenwechsel das 2:0, ehe der FC Bayern das Spiel ohne zu glänzen dank eines Tores des eingewechselten Jamal Musiala mit 3:0 gewann.

"Die ersten 20 Minuten waren gut. Da müssen wir 4:0 oder 5:0 führen. Danach war es der normale Spielverlauf, wenn der Gegner am Boden liegt. Es war in der zweiten Halbzeit kein Mega-Leckerbissen, aber das ist jetzt egal", sagte Nagelsmann. Tatsächlich interessierte das Spiel anschließend kaum jemanden, stattdessen ging es um das letzte Spiel und um das nächste und wie sie sich beim FC Bayern dazwischen eigentlich gerade so fühlen.

FC Bayern: Unterschiedlicher Umgang mit dem CL-Aus

Kapitän Manuel Neuer sprach mit fast schon stoischer Miene: "Wir sind immer noch enttäuscht, aber was willst du anderes machen? Du musst nach vorne schauen. Zurückblicken bringt nichts."

Sein möglicher Kapitäns-Nachfolger der Zukunft litt dagegen sichtlich mehr. "Ich habe mir schon sehr schwer getan, damit umzugehen. Es ist schwierig zu verarbeiten. Man hat es immer noch im Hinterkopf", sagte der chronische Ehrgeizling Joshua Kimmich, der nach zuletzt enttäuschenden Leistungen in Bielefeld zu den Besten zählte. "Wir sind früh aus dem Pokal rausgeflogen und zu früh aus der Champions League. Am Ende müssen wir die Meisterschaft holen, aber das ist vielleicht zu wenig."

Müller ließ sich die Enttäuschung deutlich weniger anmerken, ganz unabhängig von Sanes erheiterndem Gemähe. Statt dem Aus hinterherzutrauern, machte er lieber ausführlich Werbung für das anstehende Matchball-Spiel gegen Borussia Dortmund. Sollte der FC Bayern nächsten Samstag um 18.30 Uhr in der Allianz Arena nämlich gegen den BVB gewinnen, ist ihm der Meistertitel drei Spieltage vor dem Saisonende nicht mehr zu nehmen.

"Das kann jetzt nochmal ein emotionales Highlight werden. Die Situation hast du nicht so oft, dass du gegen den direkten Konkurrenten Dortmund im Heimspiel die Meisterschaft klarmachen kannst. Wir können etwas Historisches schaffen. Wir sind heiß darauf", sagte Müller. Für den FC Bayern wäre es der zehnte Meistertitel in Folge, das schaffte in den europäischen Top-5-Ligen noch kein Klub.

Thomas Müllers Formkrise verlängert sich

Ein erstaunlich gut gelaunter Nagelsmann sah es nach einigen Scherzereien in der Mixed Zone ähnlich wie Müller. Das Matchball-Spiel gegen Dortmund pries er an als "gute Fügung, die es nicht so oft gibt". Für einen Sieg müsse seine Mannschaft aber "schon noch ein bisschen besser spielen".

Auch und vor allem Müller, dessen eklatante Formkrise sich in Bielefeld verlängerte. In der Bundesliga blieb er zum sechsten Mal in Folge ohne Torbeteiligung, der für ihn eingewechselte Musiala machte es erneut besser. Zu einem erfolgreichen Abschluss kommt Müller aber womöglich immerhin bald auf dem Verhandlungstisch, zumindest kündigte er eine Einigung über eine Vertragsverlängerung über 2023 hinaus an.

All der Trubel um die Säbener Straße scheint dem 32-Jährige kaum zuzusetzen, wurde er doch in den 1990er-Jahren zu Zeiten des FC Hollywood mit dem FC Bayern sozialisiert. "Es macht mehr Spaß und mehr Auflage, wenn beim FC Bayern nicht alles rosarot ist", sagte Müller noch, lachte und folgte Sane kurz darauf Richtung Mannschaftsbus.

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