1. FC Köln - Borussia Dortmund 2:2: Was wäre der BVB ohne Haaland?

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© getty

Erling Haaland hat den BVB mit seinem Tor kurz vor Schluss vor einer Blamage beim 1. FC Köln bewahrt. Durch das 2:2 (1:1) am 26. Spieltag der Bundesliga beträgt der Rückstand des BVB auf den Tabellenvierten Eintracht Frankfurt vier Punkte. Köln liegt mit 23 Punkten auf Platz 14. Die Kölner Duda per Elfmeter (35.) und Ismail Jakobs (65.) hatten Haalands frühe Führung (3.) zwischenzeitlich gedreht. Hier geht es zu den Höhepunkten.

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Das Unentschieden war für den BVB schmeichelhaft. Der CL-Aspirant war zwar beim Abstiegskandidaten früh in Führung gegangen, ließ sich aber danach vom FC zeitweise an die Wand spielen. Vor allem das Zweikampfverhalten der Dortmunder war enttäuschend. Dem BVB reichten so unterm Strich drei gute Minuten zu Beginn des Spiels und drei gute am Ende für den glücklichen Punkt. Der BVB hat somit nur vier der vergangenen elf Bundesligaspiele gewonnen, der FC Köln gewann gar nur eines seiner 18 Heimspiele seit dem Restart im Mai 2020.

Erling Haaland scheint die Leistung seiner Mitspieler aufs Gemüt zu schlagen. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff zog er sein Trikot aus, schmiss es dem Kölner Mere, der um einen Trikottausch gebeten hatte, hin und verschwand in der Kabine. Schon nach dem Pausenpfiff soll Haaland mit viel Wut im Bauch in die Kabine gegangen sein. "I fuc... hate this. Fuc... bullshit", soll der Torjäger laut Bild, die sich auf Ohrenzeugen berief, gerufen haben.

"Erling hatte fünf Abschlüsse und macht wieder zwei Tore. Trotzdem sieht man seine Enttäuschung heute, weil er den Platz mit drei Punkten verlassen wollte. Dieser Siegeswille zeichnet ihn aus. Das zeigt er uns jeden Tag und euch ein oder zwei Mal die Woche", sagte Trainer Edin Terzic dazu.

Haaland selbst gab kein Interview, meldete sich aber auf Twitter: "Kein tolles Resultat. Wir werden das als Motivation nehmen, um noch stärker zurückzukommen. Danke an alle BVB-Fans für die Unterstützung."

Schon vor dem Spiel hatte die spanische Tageszeitung ABC mit der Meldung, wonach Haaland sich für einen Wechsel zu Real Madrid entschieden hätte, für gewisses Aufsehen gesorgt.

Hitz: "Waren nicht so da"

Das Spiel in Köln dürfte die Gerüchte um Dortmunds Lebensversicherung weiter anheizen. "In der zweiten Halbzeit waren wir nicht so da, wie wir das wollten. Das ist unerklärlich", meinte BVB-Keeper Marwin Hitz. Nico Schulz ergänzte bei Sky: "Wir haben es nicht ganz so gut gemacht, wir haben nicht unseren besten Fußball gezeigt."

Die Kölner zeigten sich indes enttäuscht. "Das ist absolut ärgerlich. Wenn du so ein Spiel 2:1 führst am Schluss, musst du es dreckig nach Hause bringen", sagte Marius Wolf, die für Köln spielende Leihgabe vom BVB. Und weiter: "So, wie wir uns heute reingeworfen haben, müssten wir es immer machen".

Der vor der Partie schwer unter Druck gestandene Köln-Coach Markus Gisdol dürfte jedoch nach der engagierten und kämpferisch äußerst wertvollen Leistung seiner Spieler vorerst alle etwaigen Job-Sorgen los sein.

1. FC Köln - BVB: Die Analyse

In den ersten Spielminuten sah es so aus, als ob der BVB von Trainer Edin Terzic richtig auf Krawall gebürstet worden war. Die Dortmunder waren vom Anpfiff an dominant, rannten die Kölner sehr aggressiv an und suchten sofort das Tor. Terzic' Matchplan schien auch richtig aufzugehen, als nach noch nicht einmal drei Minuten Emre Can fast vom eigenen Sechzehner einen wunderschönen, gleichzeitig wuchtigen und butterzarten Pass genau auf die Vorderkappe von Erling Haalands Schuhkappe spielte, Haaland diesen Traumpass ebenso butterzart aufnahm, sich dabei von seinen Gegenspielern löste und den Ball durch die Beine von Keeper Timo Horn hindurch ins Tor schoss.

Es war Haalands 13. Auswärtstor in dieser Saison - der gesamten Kölner Mannschaft waren bis dahin gerade mal zwölf Tore gelungen.

Dass es am Ende zwei mehr waren, lag aber auch an den Dortmundern, die den Abstiegskandidaten ins Spiel kommen ließen. Der BVB hielt den Druck zwar zunächst auch nach dem frühen 1:0 hoch, hatte in den ersten 12 Minuten einen Ballbesitzanteil von mehr als 70 Prozent. Thorgan Hazard vergab in dieser Phase noch das 2:0. Doch dann nahmen die Spieler deutlich Zug raus. Die Kölner durften sich immer wieder relativ unbedrängt in Strafraumnähe kombinieren, sortierten sich bald in einem klassischen 4-4-2 und nutzten die sich öffnenden Räume im Zentrum recht geschickt. BVB-Coach Edin Terzic wurde nervös, forderte ein resoluteres Spiel gegen den Ball. Die Konsequenz: Der BVB verlor noch öfter den Ball, vor allem ihre Zweikampfführung wirkte schlafmützig und nicht bundesligareif.

Sicher, die Harmlosigkeit und fehlende Wucht der Kölner im Angriff hat sich in der Liga herumgesprochen. Dennoch war es nur sehr schwer zu verstehen, wie die Dortmunder den Gegner nach starkem Beginn und in Führung liegend ohne Not ins Spiel kommen ließen. Teilweise wirkte das BVB-Spiel in dieser Phase arg überheblich.

Und die Kölner mögen nicht das torgefährlichste Team der Liga sein, doch sie sind tüchtig - und bedankten sich irgendwann auf die einzig richtige Art für die Aufbauhilfe. Bellingham bekam den Ball bei Katterbachs Schuss an den Oberarm, Schiedsrichter Siebert entschied nach Ansicht der Videobilder auf Elfmeter, Duda verwandelte sicher. Das verdiente 1:1.

Und wer gedacht hatte, das Gegentor würde die Borussen endlich wieder wecken, sah sich getäuscht. Bis zum Pausenpfiff präsentierten sich die Dortmunder weiter unkonzentriert und schlafmützig. Nico Schulz trat hier mal ein Luftloch, Thomas Meunier passte im Aufbauspiel immer wieder zum Gegner, Thorgan Hazard verlor da mal leichtfertig am Sechzehner den Ball und Bellingham ließ sich von Jakobs tunneln. Spätestens jetzt war Köln die bessere Mannschaft.

BVB-Taktik wird von Köln schnell durchschaut

Trainer Terzic sprach in der Pause lange mit Youssoufa Moukoko, der dann auch für Brandt auf den Platz kam. Der BVB war nun um Schadensbegrenzung bemüht, verlor den Ball jetzt zumindest nicht mehr ganz so leichtfertig. Doch die Oberhoheit im Mittelfeld konnte Dortmund nicht wiedergewinnen. Im Gegenteil. Also versuchte der CL-Aspirant, den Ball schnell auf Haaland oder Moukoko zu spielen und hoffte darauf, dass die schon was damit anfangen könnten.

Eine sehr billige und verzweifelte Taktik, die von den kampfstarken Kölnern schnell durchschaut wurde. Sie zwangen die Dortmunder also im Zentrum vermehrt in Zweikämpfe, die sie oft gewannen, und erarbeiteten sich so nach und nach eine optische Überlegenheit - die dann in einem sehenswerten Führungstreffer mündete: Drexler passte auf Jakobs, Meunier kam mit dem Schienbein an den Ball, legte ihn so aber nur noch besser in den Lauf des linken Mittelfeldspielers, der keine Mühe mehr hatte, dem Belgier davonzurennen und aus vollem Lauf das 2:1 zu erzielen. Völlig verdient.

Nichts deutete in der Folge darauf hin, dass hier für den BVB noch was drin sein könnte. Erst kurz vor der 90. Minute erinnerten die Dortmunder zumindest entfernt wieder an eine Spitzenmannschaft. Und am Ende machte Haaland auf Vorlage des zehn Minuten zuvor eingewechselten Ansgar Knauffs doch wieder Haaland-Dinge.

1. FC Köln - Borussia Dortmund: Die Stimmen zum Spiel

Markus Gisdol (Trainer 1. FC Köln): "Wir hatten keinen guten Start, aber danach haben wir nicht den Kopf verloren und kontrolliert Fußball gespielt: Defensiv stabil und mit gutem Umschaltspiel nach vorne. Zum Zeitpunkt der Führung war das Spiel eher auf unserer Seite, aber Haaland kannst du nicht über 90 Minuten verteidigen, das schafft momentan keine Mannschaft der Welt. Weil der Ausgleich so spät fällt, ist es schade für uns. Aber insgesamt können wir mit einem Punkt gegen Dortmund leben."

Edin Terzic (Trainer Borussia Dortmund): "Am Ende ist das ein gerechtes Unentschieden, auch wenn wir deutlich bessere Torchancen hatten. Aber die Leistung war einfach nicht gut. Wir haben die Kontrolle aus der Hand gegeben, hatten Unsauberkeiten im Aufbau, zwischendurch wurde gefühlt Basketball gespielt: Es ging ohne Kontrolle hin und her. Das ist ein kleiner Rückschlag für uns, der sich in der Trainingswoche nicht angedeutet hatte. Die Zukunft muss zeigen, wie wir damit umgehen."

1. FC Köln - BVB: Die Aufstellungen:

1. FC Köln: T. Horn - Ehizibue (ab 82. Schmitz), Jorge Mere, Czichos, Katterbach - M. Wolf (ab 87. Thielmann), Hector (ab 82. Rexhbecaj), Skhiri, Jakobs - Duda (ab 93. Özcan), Drexler.

BVB: Hitz - Meunier (ab 80. Knauff), Can, Hummels, N. Schulz - Dahoud (ab 88. Akanji) - Reyna (ab 66. Reinier), Bellingham Brandt (ab 46. Moukoko), T. Hazard - Haaland.

1. FC Köln - BVB: Die Daten des Spiels

Tore: 0:1 Haaland (3.), 1:1 Duda (35.), 2:1 Jakobs (65.), 2:2 Haaland (90.).

  • Bes. Vorkommnis: Duda trifft Handelfmeter nach VAR.
  • Haaland erzielte 13 seiner letzten 14 BL-Tore in Auswärtsspielen.
  • Mit 20 Jahren, 7 Monaten und 27 Tagen ist Haaland jüngster BL-Spieler mit 33 BL-Toren - nur Uwe Seeler (33 Spiele) brauchte weniger Begegnungen als Haaland (36) für die ersten 33 Tore.
  • Köln traf in jedem der letzten 9 BL-Heimspiele gegen den BVB - nur gegen Schalke haben die Domstädter eine längere Serie (10 Spiele).
  • 4 Punkte Rückstand hat der BVB nun auf den letzten Champions-League-Platz. Ein solcher Rückstand auf die Top 4 nach 26 Spieltagen wurde in der BL erst 2-mal noch aufgeholt, von Hoffenheim 2017/18 und Leverkusen 2018/19.
  • Dortmund hat jetzt im Jahr 2021 schon 10 Punkte nach Führung verspielt - mehr als jedes andere Team.
  • In den letzten 11 BL-Spielen gab es für Dortmund nur 4 Siege, bei 3 Remis und 4 Niederlagen.
  • Köln gewann nur 1 seiner 18 Heimspiele seit dem Restart im Mai 2020 (8 Remis, 9 Niederlagen), in dieser Saison holte nur Schalke (6) zu Hause weniger Punkte als der Effzeh (8).

Der Star des Spiels: Erling Haaland

Ein Tor in der Anfangsphase, ein Tor kurz vor Schluss - was wäre der BVB nur ohne seinen Torjäger? Als niemand mehr mit Dortmund gerechnet hatte, rettete er dem BVB zumindest einen Zähler. Obwohl sich einige Kölner durch ihr mutiges und engagiertes Spiel diese Auszeichnung verdient hätten: Haaland wurde so wieder mal zum Mann des Spiels.

Der Flop des Spiels: Thomas Meunier

Wirkte sein Spiel in der ersten Halbzeit teils noch (unfreiwillig) überheblich, als er leichtfertigen und unkonzentrierten Ballverlust an Ballverlust reihte, wurde er in der zweiten Halbzeit beim Gegentor (noch unfreiwilliger) zum Flop des Spiels. Wie der Ball von seinem Schienbein in Jakobs Lauf kam und er dem Kölner nur schwerfällig hinterherrennen konnte, sah mehr als unglücklich aus.

Der Schiedsrichter: Daniel Siebert

Hatte Bellinghams Handspielszene vor dem Kölner 1:1 erst falsch bewertet, nahm seine Entscheidung nach dem Sichten der Videobilder unaufgeregt wieder zurück. Ansonsten: Sichere Spielführung des 36-Jährigen in seinem 118. Bundesligaspiel.

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