BVB gewinnt in Unterzahl bei Hertha BSC: Es bleibt kompliziert

Der BVB hat am Samstag mit 2:1 bei Hertha BSC gewonnen.
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Borussia Dortmund hat bei Hertha BSC kein spätes 2:2 kassiert, sondern nach zuletzt drei sieglosen Spielen den Dreier nach Hause gebracht - sogar in Unterzahl. Dennoch stellen sich altbekannte Fragen mit ungewissen Antworten.

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Und dann, tatsächlich: nichts. Dabei wäre es einem so bekannt vorgekommen, hätte Borussia Dortmund am Samstagnachmittag im Berliner Olympiastadion doch noch ein spätes 2:2 kassiert. Das war dem BVB nämlich schon bei den Partien in Frankfurt und Freiburg passiert. Doch diesmal brachten die Westfalen den Vorsprung über die Zeit - sogar in Unterzahl.

2:0 hatte Dortmund gegen Hertha BSC geführt, ehe die Hausherren zum Anschlusstor kamen und durch die Gelb-Rote-Karte gegen Mats Hummels eine ganze Halbzeit mit einem Mann mehr spielten. Die Hauptstädter zeigten sich letztlich aber zu verunsichert und schwach. Auch Interimstrainer Jürgen Klinsmann konnte in den wenigen Tagen, die er nun im Amt ist, keine prompte Trendwende einleiten.

Diese hinzukriegen, war auf der Gegenseite der deutlich formulierte Auftrag an den deutlich unter Beschuss stehenden BVB-Trainer Lucien Favre. Dessen vermeintliche Schicksalswoche begann mit dem verlorenen Spiel beim FC Barcelona, vor dem Auftritt in Berlin sagte Sportdirektor Michael Zorc dann unmissverständlich: "Jetzt sind genug Worte gewechselt, wir wollen jetzt Leistung auf dem Platz, aber natürlich auch das Ergebnis mit nach Hause nehmen."

Große Erleichterung beim BVB

Das gelang Favre und der Borussia nun in einer Art und Weise, die von den Verantwortlichen im Nachgang unisono als "Schritt in die richtige Richtung" gedeutet wurde. Ob nun die Diskussion um Favre beendet sei, wurde Zorc daher im Anschluss gefragt. "Die ist weg", lachte er, ehe erst ernsthaft insistierte: "Das sagen wir die ganze Zeit, dass die Arbeit zwischen Trainer und Mannschaft sehr gut ist. Das hat man heute auch auf dem Platz gesehen, sonst bringst du hier nicht so eine Leistung, sonst bringt sich nicht jeder so ein für die Mannschaft."

An dieser Einschätzung ist in der Tat etwas dran. Zu zehnt legte Dortmund 45 Minuten lang eine mannschaftlich geschlossene Leistung hin, kompakt und diszipliniert arbeiteten alle Spieler gegen den Ball. Nach zuletzt fünf sieglosen Auswärtsspielen in Serie gewann der BVB somit mal wieder in Fremde, erstmals seit dem 3:1 in Köln am 2. Spieltag.

Das sorgte selbstredend für große Erleichterung auf Seiten der Schwarzgelben. Allen voran bei Favre, der einen "fantastischen Sieg" gesehen hatte und ähnlich wie Zorc die Geschlossenheit seiner Truppe hervorhob. "Wir haben alles gegeben. Mit zehn Mann eine Halbzeit zu verteidigen, ist nicht einfach. Wir haben in der Halbzeit gesagt, wir müssen Charakter zeigen, dass wir eine Mannschaft sind. Sie haben gekämpft und sind viel gelaufen. Wir haben immer eine gute Stimmung. Wir müssen weiter mit Freude auf den Platz gehen, aber alles geben", so der Schweizer.

BVB: Trendwende oder Wundertüte?

Die entscheidende Frage - und die ist nicht neu, weil man sie in dieser Saison beinahe nach jedem erfolgreichen BVB-Spiel stellen muss - ist jedoch: War dieser Auftritt nun der Brustlöser und die beschworene Trendwende oder bleibt die Borussia die Wundertüte, die sie schon das ganze Jahr 2019 über ist?

Schließlich zeigten sich auch in Berlin altbekannte Muster, die Zorc vor dem Anpfiff noch einmal thematisierte: "Wir haben zu große Leistungsschwankungen, teilweise von einem Spiel zum anderen oder teilweise in einem Spiel. Wir brauchen Kontinuität auf hohem Niveau."

Auch gegen die Hertha wechselten sich diversen Phasen ab: Stark rund um die geschossenen Tore kam später wie häufig nach Führungen eine Selbstsicherheit auf, bei der sich die Dortmunder weiter zurückzogen und die offensive Zielstrebigkeit nach und nach flöten ging - bis sie nach dem Anschlusstor zu einer Unsicherheit zu werden drohte. "Ich dachte nach dem Gegentor und dem Platzverweis auch schon: Jetzt kommt wieder Pech dazu", sagte Julian Brandt.

Reus: "Wir wissen, dass jetzt nicht wieder alles gut ist"

Dass es trotz der erfolgreichen Anstrengungen in Halbzeit zwei auch weiter an der Defensivarbeit hakt, belegte das Herthaner 1:2 beispielhaft: Gleich drei Spieler waren nicht in der Lage, Dodi Lukebakios letztlich abgefälschten Schuss zu verhindern, obwohl dieser zuvor quer über den Platz lief.

Es bleibt also kompliziert beim BVB, obwohl das Tabellenbild weiterhin halbwegs erträglich daherkommt und man lediglich einen Punkt hinter dem FC Bayern rangiert. Doch die Krux ist eben, die von Zorc propagierte Kontinuität zu erreichen. Das gelang bereits vor vier Wochen nicht, als nach dem umjubelten 3:2 gegen Inter drei Siege innerhalb von sechs Tagen standen, anschließend jedoch drei sieglose Partien folgten.

Einen echten Erkenntnisgewinn in fußballerischer Hinsicht brachte somit auch die Partie in Berlin nicht. Moral und Engagement in der Defensive stimmten am Samstag, doch ob dies etwas für das kommende Heimspiel gegen unbequeme Düsseldorfer heißen wird, steht bei diesem wankelmütigen Team in den Sternen.

"In der jetzigen Situation ist es egal, wie wir spielen. Hauptsache wir holen die drei Punkte", sagte Marco Reus. Dann ließ der Kapitän noch einen Satz fallen, der ähnlich wichtig ist wie der Sieg in der Hauptstadt und auch die Stoßrichtung für die letzten fünf Pflichtspiele dieses Jahres vorgeben sollte: "Wir wissen, dass jetzt nicht wieder alles gut ist."

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