Benjamin Pavard beim FC Bayern München: Noch sexy genug?

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© getty

Weltmeister, unumstrittener Stammspieler - und nun der wohl größte Verlierer unter dem neuen Trainer Julian Nagelsmann: Benjamin Pavards (25) schwierige Situation beim FC Bayern München und in der französischen Nationalmannschaft.

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Es war im Sommer 2020, als Benjamin Pavards verletzungsbedingter Ausfall den FC Bayern München zutiefst schockte. Nach seiner Verpflichtung vom VfB Stuttgart hatte sich der französische Weltmeister in München rechts hinten sofort einen unumstrittenen Stammplatz erobert, ein Jahr lang fast jede Partie durchgespielt. Doch dann zog sich Pavard vor dem sommerlichen Champions-League-Finalturnier im Training eine Bänderverletzung zu.

Was nun? Einen nominellen Ersatzmann gab es für Pavard nicht, Trainer Hansi Flick beorderte stattdessen Joshua Kimmich auf dessen ungeliebte Ex-Position. Erstmals wieder ausgefüllt hat er diese Rolle bei einem Testspiel gegen Olympique Marseille Ende Juli. Kimmich überzeugte Flick dabei - genauso übrigens wie der gegnerische Rechtsverteidiger: Marseilles Bouna Sarr.

"Bayerns Trainer gefiel meine Leistung. Er hat mir gesagt, dass er mich holen will", erzählte Sarr später bei RMC Sport. Tatsächlich wechselte Sarr nach München, zuvor holte der FC Bayern aber mit Kimmich als Rechtsverteidiger die Champions League und machte damit das Triple perfekt.

Benjamin Pavard ist seit Monaten auf Formsuche

Pavards Abwesenheit rückte mit jedem Sieg beim Finalturnier in Lissabon weiter in den Hintergrund. Er sollte nie mehr so überzeugend spielen, nie mehr so wichtig sein wie vor seinem Ausfall. Mit dem neu verpflichteten Sarr hat das unterdessen wenig zu tun: Er kam weder unter Fürsprecher Flick zum Zug, noch tut er das unter dessen Nachfolger Julian Nagelsmann.

Nein, tatsächlich hat Pavards rapide zurückgegangene Wichtigkeit in erster Linie mit Pavard selbst zu tun. In der Post-Triple-Saison war er zwar meist Stammspieler, glänzte dabei aber kaum. In der aktuellen schrumpften seine Einsatzzeiten bedenklich - obwohl es eigentlich immer noch keinen bewährten Ersatzmann von internationalem Niveau gibt. Dem Vernehmen nach sucht der FC Bayern deshalb nach einem neuen Rechtsverteidiger.

Pavard ist mit kleinen Ausnahmen seit Monaten auf Formsuche und unter den renommierten Kaderspielern bisher der wohl größte Verlierer unter Nagelsmann. Zu tun hat das auch mit Unpässlichkeiten: Auf eine Sprunggelenksverletzung zu Saisonbeginn folgte eine Rotsperre. "Nicht notwendig", nannte Nagelsmann Pavards zu hartes Einsteigen beim Spiel gegen Greuther Fürth.

Von bisher möglichen 1620 Pflichtspielminuten absolvierte er in dieser Saison lediglich 568, beim zurückliegenden Bundesligaspiel gegen den SC Freiburg kam er gar nicht zum Einsatz. Statt Verkaufskandidat Sarr durften sich rechts hinten in der Dreieinhalberkette Eigengewächs Josip Stanisic und der eigentliche Innenverteidiger Niklas Süle zeigen. Bei eigenem Ballbesitz agieren sie oft als verkappte Innenverteidiger, weil auf links Alphonso Davies gerne zum Außenstürmer mutiert und so Absicherungsbedarf besteht.

Benjamin Pavard strebt eine Zukunft als Innenverteidiger an

Pavard würde am liebsten als waschechter Innenverteidiger spielen, die Konkurrenz mit eben jenem Süle sowie seinen französischen Landsmännern Lucas Hernandez, Dayot Upamecano und Tanguy Nianzou ist dort aber groß. "Meine Position ist schon immer die Innenverteidigung. Da fühle ich mich am wohlsten, da habe ich am meisten Spaß. Ich denke, auf dieser Position sieht man meine Qualitäten besser", sagte Pavard vor rund einem Monat.

Nagelsmann findet solch offenen Meinungsäußerungen seiner Spieler zwar "grundsätzlich immer gut", das schon. "Entscheidend ist aber, an welche Adresse sie es schicken." Geht es nach Nagelsmann, wäre die richtige Adresse also eher Nagelsmann gewesen und nicht der TV-Sender Canal+. Das Interview nutzte Pavard auch gleich, um seine eigene Spielweise zu verteidigen. Der Hauptvorwurf an ihn ist ja bekanntlich der fehlende Zug nach vorne. Seit Sommer 2020 gelangen Pavard für den FC Bayern lediglich vier Scorerpunkte, in der Triple-Saison alleine waren es noch elf.

"Auf dem Papier ist Pavards Stil vielleicht weniger sexy als Hakimis oder Arnolds, aber defensiv bin ich glaube ich kompletter", sagte er und zog den Vergleich zu den vielgelobten Achraf Hakimi von Paris Saint-Germain und Trent Alexander-Arnold vom FC Liverpool, die die Außenverteidigerrolle ähnlich wie Bayerns Linksverteidiger Davies offensiver interpretieren. Aber: "Wenn ich nicht gut genug wäre, wäre ich kein Stammspieler und würde nicht für Frankreich spielen."

Benjamin Pavard und die Auseinandersetzung mit Paul Pogba

Seinen unumstrittenen Stammplatz beim FC Bayern hat Pavard längst verloren und auch für die französische Nationalmannschaft kam er immer weniger zum Einsatz. Übrigens nicht nur wegen fehlenden offensiven Elans, sondern auch wegen wiederholter defensiver Unachtsamkeiten.

Bei den beiden abschließenden WM-Qualifikationsspielen gegen Kasachstan (8:0) und Finnland (2:0) saß Pavard zunächst jeweils nur auf der Bank. Gegen Kasachstan spielte als rechter Schienenspieler im 3-4-3-System sein Klubkollege Kingsley Coman, der von seinen Teamkollegen anschließend für die Leistung auf ungewohnter Position gelobt wurde.

Das Verhältnis zwischen Pavard und einigen anderen französischen Nationalspielern soll unterdessen schlecht sein. Im Zuge der verkorksten EM im Sommer sei er übereinstimmenden französischen Medienberichten zufolge mit Paul Pogba und Raphael Varane aneinandergeraten. Beim Nations-League-Finalsieg gegen Spanien im Oktober attackierte ihn Pogba sogar vor den Augen der Öffentlichkeit auf dem Platz.

Kritik bekam Pavard zuletzt aber nicht nur von Mitspielern, sondern auch von den Fans. In der Allianz Arena hing ein Banner mit der Aufschrift "Pavard = Kreisliga".

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