Fußball-Kolumne: Warum nur die Impfpflicht die Bundesliga sichert

Beim 1. FC Köln sind bereits alle Profis geimpft.
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Die Bundesliga startet in ihre dritte Corona-Saison und nach den jüngsten Infektionen bei mehreren Teams wachsen die Zweifel, ob diesmal ein regulärer Spielbetrieb möglich sein wird. Was auch an der fehlenden Konsequenz der Vereine beim Impfen liegt. Die Fußball-Kolumne.

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Ausgerechnet an einem Freitag, den 13., startet die Bundesliga in ihre nunmehr dritte Corona-Saison.

Ob es besser wird, die Auswirkungen der Pandemie vielleicht sogar am Ende gar keine große Rolle mehr spielen? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Aber auch vor einem Jahr war der Optimismus nach abgeflachter Welle im Sommer und angesichts des angekündigten Impfstoffs groß. Exemplarisch seien die damaligen Annahmen des 1. FC Köln genannt: Bis März wurde mit 10.000 Zuschauer kalkuliert, danach bis Saisonende mit ausverkauftem Haus und 50.000 Fans.

Bundesliga-Negativrekord: Schnitt von 2900 Zuschauern

Die Realität sah bekanntlich ganz anders aus: An den ersten sechs Spieltagen gab es trotz ansteigender Zahlen zumindest in einigen Stadien Teilzulassungen, der Schnitt lag aber am Ende nur bei mickrigen 2900 Besuchern pro Spiel. Danach folgte der bundesweite Shutdown, auch für die Bundesliga, sodass erst am letzten Spieltag wieder ein paar hundert Anhänger zugelassen wurden.

So kam der 1. FC Köln schließlich in der gesamten Saison auf eine Gesamtzahl (!) von 600 Zuschauern, das ist ein Anteil am maximal möglichen Fassungsvermögen in allen Heimspielen von 0,0007 Prozent. Schlechter schnitten nur Schalke 04 (300 Zuschauer insgesamt) und der FC Bayern ab, der nach 16 Spielen vor leeren Rängen bei der Meisterehrung 250 Personen einlassen durfte.

Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann über die Auswirkungen der leeren Ränge.
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Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann über die Auswirkungen der leeren Ränge.

Fast alle Vereine machen zweistellige Millionenverluste

Entsprechend mies sehen die Bilanzen aller Vereine aus: 73 Millionen Euro Minus bei Borussia Dortmund etwa, 37 Millionen Minus bei Eintracht Frankfurt, 28 Millionen Minus beim VfB Stuttgart. Und das sind nur die Zahlen des Jahresabschlusses 2020, die pandemische Schleifspur der Rückrunde wird die Verluste also noch weiter in die Höhe treiben.

Zum Auftakt der neuen Spielzeit haben die Klubs nun nach der Ministerpräsidentenkonferenz in dieser Woche wenigstens etwas Planungssicherheit, weil immerhin maximal 25.000 Fans pro Spiel vorerst wieder erlaubt sind. Allerdings auch nur, solange die Sieben-Tage-Inzidenz nicht über 100 steigt.

"Pro 10.000 Fans zehn bis zwölf Millionen Euro Verlust"

"Das ist ein positiver Fingerzeig", sagte Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann. Auf Dauer sei das aber zum Überleben zu wenig: "Pro 10.000 Fans, die wir nicht haben, müssen wir etwa zehn bis zwölf Millionen Euro Verlust einkalkulieren." Ein leeres Stadion kostet die Vereine im Schnitt zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro pro Partie.

Umso unverständlicher ist es angesichts dieser alarmierenden Fakten, dass sich Hellmann bislang gegen eine konsequentere Zugangsbeschränkung in die Stadien ausspricht. Um den "Riss durch die Gesellschaft" nicht weiter zu vergrößern, will Hellmann neben Geimpften und Genesenen auch weiterhin Getesteten Zutritt gewähren.

Köln, Leverkusen, Dortmund: Nur Geimpfte und Genesene

Der besagte Riss geht allerdings auch quer durch die Liga. Auf der einen Seite Verantwortliche wie Hoffenheims Geschäftsführer Jan Mayer, die sich gegen die viel zitierte "Impfpflicht durch die Hintertür" aussprechen.

Auf der anderen Seite Klubs wie Borussia Dortmund, der 1. FC Köln oder Bayer Leverkusen, die nur noch Geimpfte und Genesene ins Stadion lassen wollen. Getestet bekommen dann nur Menschen Zutritt, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Nach aktuellem Stand könnte sich die sogenannte "2G-Strategie" bundesweit durchsetzen, weil vermutlich nur sie dauerhaft die Rückkehr zu vollen Stadien ermöglicht. Denn einerseits gehen Experten davon aus, dass sich die vierte Welle in den kommenden Wochen und Monaten unvermeidlich ausbreiten wird. Das würde sicher auch einen Ausschluss von öffentlichen Veranstaltungen wie eben Fußballspielen nach sich ziehen - soll aber laut Politik auf keinen Fall für Geimpfte und Genesene gelten.

Andererseits zeigen nahezu alle bekannten Experimente bisher die große Unsicherheit von Schnelltests, gerade wenn diese nicht von ausgebildetem Fachpersonal genommen werden. Dies führte zu Corona-Ausbrüchen während der EM-Spiele im Sommer oder bei Musikfestivals, zum Beispiel in den Niederlanden. Lediglich getestete, aber ungeimpfte Zuschauer eng an eng in den Stadien sind also ein erhebliches Ansteckungsrisiko.

"2G-Strategie" in der Liga juristisch wasserdicht

So lange die Impfquote also niedrig und die Infektionszahl deshalb hoch bleibt, werden sich ziemlich sicher mehr und mehr Erst- und Zweitligisten mit Blick auf die leeren Kassen für die "2G-Strategie" entscheiden. Juristisch ist eine solche Entscheidung für die Klubs als Veranstalter und Hausherr wasserdicht. Gleichzeitig versuchen zahlreiche Vereine mit Impfaktionen vor Ort sowie Freikarten und anderen Geschenken ihre Fans zur Impfung zu überreden.

"Für den Fußball gilt, wie für unsere Gesellschaft im Allgemeinen, dass es erst dann wieder eine gewisse Form von Normalität geben kann, wenn man möglichst viele Menschen von einer Impfung überzeugt", sagte Leverkusens Geschäftsführer Rudi Völler dazu. "Wer zu dieser Form der gesellschaftlichen Solidarität nicht bereit ist, der muss auch mit möglichen Konsequenzen klarkommen."

Corona-Impfung: Bei den Profis fehlt die Konsequenz

Umso mehr verwundert es allerdings, dass Völler und seine Kollegen diese Konsequenz im Umgang mit den eigenen Profis vermissen lassen. Statt ihre Kader schnellstmöglich zu immunisieren und damit für die größtmögliche Sicherheit sowohl für die Gesundheit des gesamten Teams als auch für den Spielbetrieb und die damit verbundenen Einnahmen zu sorgen, darf mit Verweis auf die individuelle Entscheidungsfreiheit jeder machen, was er will.

Dafür gibt es in einer freiheitlichen Gesellschaft sicher gute Argumente, aber es ist angesichts der Gefahren der Pandemie inkonsequent und potenziell geschäftsschädigend. Vor einem Jahr stand ein Drittel der 36 DFL-Teams kurz vor der Pleite, wenn der Spielbetrieb nur ein wenig länger ausgesetzt gewesen wäre. Daher müsste man jetzt doch zwingend jede Chance nutzen, dem Spuk so gut es geht ein Ende zu setzen.

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